Kindliche Schatzsucher
Angebot richtet sich an den Nachwuchs von Sucht- und psychisch Kranken
Für viele Kinder ist ein Ausflug in den Wildpark selbstverständlich. Die Wildschweine füttern, an der Wasserstelle planschen und während der Brotzeit auf der Wiese die Sonne genießen. Doch es gibt Kinder, die noch nie im Wildpark waren. Ihre Eltern sind mit ihrer eigenen Lebenssituation viel zu sehr belastet, sind abhängig oder psychisch krank. Ihre Kinder machen sich deswegen Sorgen und wissen nicht, wie sie mit der Erkrankung ihrer Eltern umgehen sollen. Für diese Mädchen und Buben gibt es die „Schatzsucher“.
Das Gruppenangebot der Caritas Suchtberatungs- und Behandlungsstelle Landsberg sowie der SOS-Sozialpädagogischen Familien- und Jugendhilfe Landsberg richtet sich an Kinder, die ihre eigenen Fähigkeiten, ihren Wert und ihre Schätze aufspüren wollen. Sie sollen in der Gruppe ihren Horizont erweitern, Lebensfreude erleben und gestärkt werden, sagt die Leiterin, die Sozialpädagogin und Erzieherin Claudia Mühlendyck von der Caritas. Zwischen fünf und sieben Kinder im Alter von acht bis 13 Jahren treffen sich alle zwei Wochen in der Kontakt- und Begegnungsstätte „Kathi 38“ in der Katharinenstraße.
Auf der Fahrt im Auto öffnet er sein Herz
Unter ihnen ist auch ein 13-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis. Als er erstmals zur Gruppe kam, lebte er noch in Landsberg. Seine Mutter ist alkohol- und drogenabhängig, weswegen der Bub bei einer Pflegefamilie lebt. Die zog um, für den 13-Jährigen ein Einschnitt. Neue Heimat, neue Schule. Dort werde er oft gehänselt und ausgegrenzt, weil er übergewichtig ist, sagt Claudia Mühlendyck. Daher freue er sich auch so auf die vierzehntägigen Treffen. Er werde abgeholt und wieder nach Hause gefahren. Gerade während der Autofahrten öffne er den Betreuern sein Herz.
Der Fall des 13-Jährigen zeige, dass sich der große Aufwand lohne. Dazu gehöre auch die Organisation von Ausflügen – in den Wildpark, in den Kletterpark oder einfach nur auf den Christkindlmarkt. Vieles sei für die Kinder Neuland. Das Geld für die Fahrten oder die Ausflüge komme über Spenden und vom Landkreis über das Projekt Halt. Die Kosten für Mühlendyck und ihren Kollegen Andreas Seiler vom SOS-Kinderdorf übernehmen Caritas und SOS-Familienhilfe.
Denn für die Betroffenen gibt es laut Mühlendyck keine staatlichen Geldtöpfe. Dabei gebe es Studien, die zeigen würden, wie sehr Kinder von der Krankheit ihrer Eltern betroffen sind. Ein Drittel werde selbst suchtkrank oder habe eine psychische Erkrankung. Ein weiteres Drittel zeige zumindest Auffälligkeiten. „Die Eltern realisieren oft nicht, dass ihr Verhalten den Kindern schadet“, sagt Mühlendyck. Ihr Ziel sei es, die Mädchen und Buben „nachreifen“ zu lassen. Denn die Kinder würden keine normale Kindheit führen, hätten häufig auch Scheidung oder Trennung der Eltern zu verkraften. Sie müssten oft Aufgaben übernehmen, die andere Kinder nicht übernehmen. Sie laden Freunde ungern zu sich nach Hause ein und hätten teils heftige Gefühle, über die sie mit niemandem reden können oder wollen.
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