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Stadttheater: Was Frauen in Russland bewegt

Stadttheater

Was Frauen in Russland bewegt

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    Das „Chelyabinsk Contemporary Dance Theatre Olga Pona“ brachte im Landsberger Stadttheater Frauenthemen auf die Bühne.
    Das „Chelyabinsk Contemporary Dance Theatre Olga Pona“ brachte im Landsberger Stadttheater Frauenthemen auf die Bühne. Foto: Julian Leitenstorfer

    Eine Tänzerin ist eine Frau, die sich in allen Aspekten extrem mit ihrem Körper auseinandersetzt. Kein Wunder, ist der Körper doch ihr Kapital, ihr Arbeitsgerät, ihr Ausdrucksmittel. Nach der Vorstellung, beim Schlussapplaus, kommt es vor, so sagt eine der Tänzerinnen des „Chelyabinsk Contemporary Dance Theatre Olga Pona“, dass sie sich nicht frage, ob sie gut gewesen sei, sondern, dass sie froh sei, sich nicht verletzt zu haben und „wieder alles heil geblieben“ sei.

    Modernes russisches Tanztheater zu Gast im Stadttheater: Bereits zum zweiten Mal war das Ensemble aus der Industriestadt Tscheljabinsk – genau an der Grenze zwischen Asien und Europa, auf der asiatischen Seite des Uralgebirges – in Landsberg. Diesmal mit einem reinen Frauenensemble und Frauenthemen. Themen, die für westliche Bildungsbürgerinnen – das Publikum bestand zu 95 Prozent aus Frauen – merkwürdig antiquiert klingen: prügelnde Männer, verlassene Frauen, Diäten, Frauen als Objekt, als Gebärmaschine. Darunter die allgemeinen Sehnsüchte, Träume, Ängste und Zweifel.

    „Ich bin eine Tänzerin, und damit ist alles gesagt“, wird die Aussage einer der Tänzerinnen an die Leinwand projiziert. Die Frauen definieren sich über den Tanz. Sie sind es gewohnt, Schmerzen zu ertragen. Sie schöpfen Kraft daraus, wenn es im Privatleben nicht so gut läuft. Sie denken in Bewegungen. Selbst im Schlaf ist das Bett ihre Bühne und ihre Körper liegen in ungewöhnlichen Positionen. Jede der Tänzerinnen reflektiert über sich und den Tanz in ihrer jeweils eigenen Ausdrucksweise, tänzerisch und als sprachliche Projektion auf der Leinwand.

    Die künstlerische Leiterin und Choreografin des Theaters, Olga Pona, hat sich mit der Ästhetik der Individualität innerhalb einer Tanzgruppe auseinandergesetzt. Ist Tanz nur dann schön, wenn alle Bewegungen synchron erfolgen? Von dieser Ausgangsfrage aus sucht sie gemeinsam mit ihren Tänzerinnen nach der Persönlichkeit hinter jeder Tänzerin.

    Zu (meist) dystopisch-düstern Elektronikklängen lösen sich einzelne Tänzerinnen aus der Truppe und tanzen ihre Idee von Persönlichkeit. Mal geschmeidig, mal roboterähnlich, oft zart und tough zugleich. Mal eine Hommage an den Körper und seine Bewegungsmöglichkeiten, mal miteinander kämpfende Tanzmaschinen: Die emotionale Ausdruckskraft der Tänzerinnen ist enorm. Bilder von purer Eleganz wechseln sich ab mit Bildern von suchenden Verrenkungen. Am schönsten werden die Bilder, wenn die Tänzerinnen sich gegenseitig stützen oder in der Gruppe agieren. Das Ganze ist eben doch mehr als die Summe seiner Einzelteile.

    Lichttechnisch perfekt ausgeleuchtet und mit nicht mehr als den ins Deutsche übersetzten Aussagen der Tänzerinnen auf der Leinwand, gilt die gesamte Konzentration der einzelnen Tänzerin. „Tanz ist die Suche nach sich selbst, mit der Absicht, über sich hinauszuwachsen“. Das ist Olga Pona und ihrer Gruppe mit dem Stück „Different“ gelungen.

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