Landsberg: Der erste Kunde suchte gleich wieder das Weite
Viele Landsberger werden ihn wohl vermissen - den Bastlerladen Doll. Nach 47 Jahren schließt das Geschäft. Dabei hatte der erste Kunde das Weite gesucht.
Der Bastlerladen Doll schließt am 2. April für immer. Viele Landsberger werden ihn wohl vermissen. „Bei uns gibt es so etwas nicht zu kaufen. Aber gehen Sie doch zum Doll, der hat das bestimmt.“ Läden wie diesen gibt es nur noch wenige in Landsberg. Sie sterben aus.
Auf den ersten Blick ein heilloses Durcheinander, auf den zweiten die sentimentale Erinnerung an einen Kramerladen früherer Zeiten. Der Bastlerladen Doll in der Vorderen Mühlgasse ist so ein Relikt aus alten Tagen. Tausende Artikel finden sich dort. Noch. Denn am kommenden Samstag schließt diese Landsberger Institution ihre Pforten. Nach 47 Jahren. Und nicht nur Stammkunden kamen zuletzt in Scharen. Denn im Bastlerladen finden sie nicht nur, was sie suchen, sie schätzen auch die fachkundige Beratung, die sie von Marianne Doll und ihren Mitarbeiterinnen erhalten.
Einzigartige Läden
Wachswaren Escher am Seelberg, Hutladen Merkle am Hauptplatz oder Glaserei Krötz in der Alten Bergstraße – Läden, die einzigartig sind in der Altstadt. Auch dort ist die Zeit ein wenig stehen geblieben, wie im Laden von Marianne Doll. Schreiner- und Bastlerbedarf, so hätte er eigentlich heißen sollen, erinnert sich die heute 79-Jährige an die Anfangsjahre. Für die Schreinerei war seinerzeit kein Platz mehr. Der Verkehr in der Vorderen Mühlgasse nahm zu und auf der Straße vor dem Haus war kein Platz mehr, um zu arbeiten oder Holz zu lagern. Die Schreinerei zog an den Rand der Stadt.
Die Idee, in den leer stehenden Räumen ein Geschäft zu eröffnen, hatte Max Doll. Denn die Nachfrage nach Bastel- und Hobbybedarf war groß. Die nächsten Läden, die solche Waren anboten, gab es in München und Augsburg. „Anfangs hatten wir ein kleines Sortiment“, erinnert sich Marianne Doll an das Jahr 1964. Ihr erster Kunde zog gleich wieder ab. Den Stahldraht, den er wünschte, gab es im Geschäft nicht zu kaufen. „Und Sie wollen ein Bastlerladen sein“, habe der Mann gesagt und sei gegangen.
Doch das Geschäft von Marianne und Max Doll entwickelte sich prächtig. Dabei orientierte sich die Inhaberin an den aktuellen Trends. In den 60er-Jahren stand Flechten hoch im Kurs. Es wurden aber nicht nur Bastelartikel verkauft, sondern auch Holz zugeschnitten, erst Jahre später entdeckten Baumärkte diese Marktlücke für sich. Mit der Einführung des musischen Werkens an den Schulen kam ein neuer Kundenstamm dazu – die Lehrer.
Marianne Doll und ihre Mitarbeiter besuchten in all den Jahren immer wieder Kurse und Lehrgänge, um die Neuerungen im Werken und Basteln an ihre Kunden weitergeben zu können. Als Marianne Doll im Jahr 1986 in Landsberg Basteltage veranstaltete, löste sie eine regelrechte Bastelwelle aus. Nicht nur das Sortiment wuchs in dieser Zeit an, auch das Geschäft. Zwischenzeitlich gab es auch noch Zubehör für den Modellbau. Wichtige Tipps dazu gab ein Lehrling, der nach Feierabend in den Laden kam und Marianne Doll informierte.
„Dass die Kunden bekommen, was sie wünschen, war für mich wichtig“, sagt Marianne Doll. Daher habe sie immer aktuelle Ware eingekauft. Nun falle es ihr schon schwer, das Geschäft aufzugeben. Zuletzt fehlte sie krankheitsbedingt im Laden. Dabei habe sie sich aber auf ihre Schwester Barbara Pechtold verlassen können, die jetzt auch den Abverkauf der Ware mitorganisiert. „Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich früher zusperren müssen.“
In den vergangenen Tagen war viel los im Bastlerladen. Viele kommen, um ein Schnäppchen zu machen, andere verabschieden sich von Marianne Doll, ihrer Schwester und den sechs Mitarbeiterinnen, die halbtags beschäftigt waren. Das Haus in der Vorderen Mühlgasse mit der gut 100 Quadratmeter großen Ladenfläche haben Marianne und Max Doll verkauft. Aufs Basteln verzichten will die 79-Jährige allerdings nicht. Basteln, töpfern und Puppen modellieren will sie nun, da sie mehr Zeit dafür hat.
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