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  3. Geschlechtsumwandlung: Das neue Leben der Susanne Huber

Geschlechtsumwandlung
16.04.2011

Das neue Leben der Susanne Huber

Susanne Huber vor ihrer Geschlechtsumwandlung. Damals hieß sie mit Vornamen Hans-Werner.
4 Bilder
Susanne Huber vor ihrer Geschlechtsumwandlung. Damals hieß sie mit Vornamen Hans-Werner.
Foto: Fotos: Archiv

Der dritte Bürgermeister eines Ortes im Unterallgäu ist mittlerweile eine Frau - und fühlt sich sehr wohl.

So langsam kommen die Erinnerungen zurück. 20 Jahre haben wir uns nicht mehr gesprochen. Ich war damals ein junger Redakteur bei der Illertisser Zeitung, er saß für die Freien Wähler im Babenhauser Marktrat. Er ist immer noch der freundliche umgängliche Mensch, den ich im Kopf hatte: Die Art zu sprechen, die Bewegungen der Lippen, der dunkle Fleck in seinem rechten Auge, der trockene, spontane Witz – alles noch da. Etwas Entscheidendes ist anders: sein Geschlecht. Damals war er Hans-Werner Huber, „H-W“, der „Computer-Huber“. Heute heißt er Susanne. Sein schon damals recht schütteres dunkles Haar bedeckt nun eine blonde Perücke. Und: ja, mir sitzt eindeutig ein Mensch gegenüber, der eine Frau ist, nicht nur äußerlich, sondern von der ganzen femininen Ausstrahlung her. Eine reifere Dame von 69 Jahren. Das schönste Kompliment, was man ihr machen kann, ist zweifelsohne: Sie haben sich total verändert, aber Sie sind trotzdem gleich geblieben.

Das denken in Babenhausen wohl sehr viele. Susanne Huber war vor ihrer Geschlechtsumwandlung ein prominentes, gesellschaftlich und politisch engagiertes Mitglied des Babenhauser Lebens. Sie war als „Er“ Marktrat, dritter Bürgermeister, aktiv in vielen Vereinen. Und sie gehört heute noch dazu, wenn sie auch deutlich weniger in der Öffentlichkeit steht als früher.

Nicht jeder, der einen solchen schwierigen Weg geht wie Susanne Huber, der das alte Leben abstreift und ein neues in einem veränderten Körper beginnt, wird damit glücklich – was oft genug daran liegt, dass die Umwelt mit dieser neuen Identität weniger zurechtkommen als die Betreffenden selbst.

Susanne Huber aber ist glücklich: „Ich würde keinen einzigen Tag mehr als Mann leben wollen.“ Und die Babenhauser haben die Person, die etwas getan hat, was noch nie jemand im Ort gewagt hatte, nicht verstoßen, sondern in ihrer Mitte behalten. Susanne Huber fühlt sich dort besser aufgehoben denn je.

Allerdings musste sie dafür reden, reden, reden – und das ist ihr eigentlich nie schwergefallen, außer vielleicht in jenen Momenten, als sie sich am liebsten zurückgezogen und den Heimatort für immer verlassen hätte. Doch das wollte die Ehefrau nicht, und das wollte er/sie wohl auch nicht. Und so ging Susanne Huber vor acht Jahren an die Öffentlichkeit.

Nach langen Zeiten der Depression, der Selbstmordgedanken hatte sich Hans-Werner Huber entschlossen, seinen Körper seinem inneren Geschlechtsgefühl anzupassen und das den für ihn wichtigen Menschen mitzuteilen. Eine Nachbarin, der er sich kurz vor seinem Bekenntnis öffnete, prophezeite: Das werde Babenhausen wie ein Erdbeben erschüttern.

Und das tat es auch. Am 1. April 2003 hatte Hans-Werner Huber mit seiner Frau noch den 25. Hochzeitstag gefeiert, dies sollte ganz bewusst sein letzter Tag als Mann sein. 40 Briefe brachte er zur Post, 40 weitere Schreiben steckte er noch am Abend persönlich in die Briefkästen. Auf einem nüchternen Din-A-4-Blatt gab er in etwas gestelzten, beinahe distanzierten Worten bekannt: „Ab dem 2.4. wird mein Äußeres endgültig meinem eigenen Erleben entsprechen. Mein künftiger Vorname wird auf Basis von zwei Gutachten vom Amtsgericht München a. G.  § 1 Transsexuellengesetz in Susanne geändert.“ Als der letzte Brief eingesteckt war, stand Hans-Werner Huber vor seinem Gartentor und fragte sich: „Ist dir klar, was du da gerade gemacht hast?“ Und er gab sich selber die Antwort: „Ja! Es war ein gigantisches Gefühl, es war wie nach Hause zu kommen.“

Was an jenem 2. April durch den Ort rumorte, bekam Susanne Huber zunächst gar nicht mit, weil sie fort war, um sich ihre Perücke anpassen zu lassen. Neben den Frauenkleidern ihr erster großer Schritt hin zur neuen Existenz, die operative Umwandlung folgte erst ein halbes Jahr später. Als sie an diesem Tag zurückkehrte, hatte die Ehefrau in ihrer Drogerie schon den ganzen Tag ausdauernd Rede und Antwort stehen müssen, der Anrufbeantworter war voll, der E-Maileingang ebenso. Von der Aufregung vollgepumpt mit Adrenalin machte sich Susanne Huber ans Reden, ans Erklären.

Was sie dabei erlebte, beschreibt sie als sehr respektvoll, verständnis-, gar liebevoll. Manche standen sogar mit einem Blumenstrauß vor der Tür. Natürlich gab es die Kopfschüttler und Witzereißer ebenfalls, doch die hielten sich öffentlich zurück. Klar, Susanne Huber bekam Vorwürfe zu hören, die sich in einem Satz zusammenfassen lassen: Wie konntest du das deiner Familie antun? Die hat sicherlich anfangs schwerer zu knabbern gehabt, als sie vielleicht sagen konnte. Doch sie hat zu ihm gehalten, die Ehe ist nicht zerbrochen. „Meine Frau hat immer gesagt, wenn ich sie gefragt habe, warum sie mich nicht rausschmeißt: Sie liebt den Menschen und nicht den Mann.“ Die beiden Kinder hielten zu ihrem Vater.

Doch Susanne Huber ist davon überzeugt, dass die Stimmung im Ort sich vielleicht anders entwickelt hätte, wenn sie nicht so offensiv mit ihrem Schicksal umgegangen wäre. Schließlich mussten alle, die sie kannten, erst einmal im Kopf die alten Bilder vom „H-W“ gegen die verstörenden neuen von Susanne austauschen. So etwas dauert. Deshalb wusste so manch einer nicht, wie er mit der Person umgehen sollte, die vertraut und doch plötzlich ganz anders war. So ging es mir ebenfalls bei unserem ersten Telefonat, bei dem ich peinlich darauf achtete, sie nicht versehentlich mit „Herr“ anzureden. Nach dem langen, sehr offenen Gespräch für diesen Artikel würde ich keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Susanne Huber ist es ohnehin gewohnt, dass manchem immer noch ein „H-W“ rausrutscht, gefolgt von einem dicken „Entschuldigung!“ Die Unsicherheit vieler Menschen hebelte Susanne Huber aus, indem sie einfach auf sie zuging und sie ansprach. Damit war der Bann oft schon gebrochen.

Ein wenig merkwürdig kommt die gut gekleidete Dame allerdings so manchen ihrer Kunden vor, wenn sie mit der Werkzeugkiste vor ihnen steht und an den Computern herumzuschrauben beginnt. In den 70er Jahren hatte Hans-Werner Huber ein EDV-Unternehmen aufgezogen, nachdem er die elterliche Nagel-Fabrik hatte aufgeben und auch seine nächste Karriere als Bootsbauer hatte beenden müssen. Er entwickelte Softwarelösungen für mittelständische Unternehmen. Obwohl es die Firma nicht mehr gibt, laufen seine Produkte bei den Kunden immer noch und müssen gewartet werden. Wenn jemand anruft, muss er zuweilen darauf hingewiesen werden, dass der einstige Herr Huber nun eine Frau Huber ist. Dann kommt es vom anderen Ende der Leitung oftmals zurück: „Egal, Hauptsache es läuft.“ Seit geraumer Zeit gibt Susanne Huber, die so lange psychologische Hilfe bei anderen gesucht hat, selber Lebenshilfe. Sie unterhält im Zweitberuf eine psychologische Beratungspraxis.

Mittlerweile ist dieses schillernde Leben reif für das Museum: Es wird verfilmt. Den Anstoß dazu gab Dr. Barbara Kreuzpointner, Vorsitzende des historischen Vereins Babenhausen. Sie ließ sich von Susanne Huber ihr Leben erzählen und beteiligte sich damit an einem Biografie-Wettbewerb, der vom Deutschen Historischen Museum in Berlin unterstützt. Dort wird der Film im Oktober uraufgeführt.

Die Jury vergab den Preis in der Kategorie „Persönlichkeit“ an Susanne Huber. Dr. Alexander von Plato von der Fern-Universität Hagen, eines der Jury-Mitglieder, findet den Mut beeindruckend, „mit dem jemand, der so tief in einem bayerischen Dorf und dessen Normen verwurzelt ist, diesen Weg geht.“ Evelyn Filipp von der Jury ist überrascht, „dass die sogenannte Provinz darauf sehr viel toleranter reagiert, als man das vom Klischee her vermutet.“ Susanne Huber kann das nur bestätigen: „Ich liebe meine Babenhauser noch viel mehr als früher. Ich bin ihnen von Herzen dankbar.“

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