Die Flucht ins Wörishofer Exil
Wie der „Bekennerbischof“ Sproll den Nazis entkam und wie die Ordensschwestern es schafften, den Gesuchten zu verbergen. Viel Prominenz zum Gedenktag erwartet.
Der „Bekennerbischof“ in der Verbannung: Niemand durfte wissen, dass er sich in Bad Wörishofen versteckt. Deshalb nannte ihn jeder hier nur „Bruder Johannes“. Die Flucht vor den Nationalsozialisten, der Unterschlupf in der Kneippstadt: Wer den Spuren von Bischof Sproll folgt, landet unweigerlich im Kurhaus St. Josef der Mallersdorfer Schwestern in Bad Wörishofen. In der Chronik des Hauses wird die Asylsuche plötzlich lebendig. Schwester Godehardis Binder erinnert in ihren Aufzeichnungen an jenen Abend, als der Rottenburger Oberhirte auf der Flucht vor seinen Verfolgern am 28. August 1938 an die Tür klopfte: „Zunächst glaubten wir, jetzt holt uns die Gestapo. Mit bleichen Gesichtern schickten wir ein Stoßgebet zum Himmel.“ Auch die Mallersdorfer Schwestern, die guten Seelen von St. Josef, waren in diesen Tagen auf der Hut. Vor der Tür stand aber nicht die Gestapo, sondern „mit tief eingezogenem Hut und auf einen Stock gestützt ein uns fremder Mann“, berichtet die Schwester weiter. „Seine Kleidung war mehr Lumpen gleich“, erinnerte sie sich. Es war Bischof Johannes Baptista Sproll, der sich zuvor öffentlich gegen die Nazis gestellt hatte und in der Folge seiner Diözese verwiesen wurde. „Das unverhoffte Wiedersehen löste bei ihm und uns Tränen der Freude aus“, ist in der Chronik nachzulesen. 80 Jahre nach dem Gang ins Exil findet am heutigen Samstag, 4. August, eine Gedenkfeier für Sproll in Bad Wörishofen statt. Die Gästeliste enthält prominente Namen aus Kirche und Politik. In der Pfarrkirche St. Justina beginnt um 10 Uhr ein Pontifikalhochamt mit den beiden Bischöfen Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) und Rudolf Voderholzer (Regensburg). Zum Festakt am Nachmittag beim Kneipp-Kurhaus St. Josef werden unter anderem der bayerische Staatsminister Franz Josef Pschierer, Bundesfinanzminister a.D. Theo Waigel und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Robert Antretter als Initiator der Veranstaltung erwartet. Die Festrede hält der Rottenburger Offizial und Domkapitular Thomas Weißhaar.
Sproll hatte bei der Volksabstimmung zur Angliederung Österreichs und gleichzeitiger Zustimmung zum „Großdeutschen Reichstag“ mit der „Liste unserer Führers“ am 10. April die Stimmabgabe verweigert. Als einziger unter den deutschen Bischöfen musste Sproll – nach turbulenten Wochen, in denen er vom organisierten Mob der NSDAP sogar im Rottenburger Ordinariat bedroht und geschmäht worden war – seine Diözese verlassen. Seit fünf Jahren erinnert ein Relief des Mindelheimer Bildhauers Georg Bayer am Kurhaus St. Josef an Bischof Sprolls Zeit in Bad Wörishofen. Der Rottenburger Dom erhielt 2008 eine Glocke, die dem Heiligen Martin geweiht und Bischof Sproll gewidmet ist. Name und Porträt des sogenannten Bekennerbischofs sind in die Glocke eingraviert.
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