Eingekaufte "Forellen" waren Drogen
Ein Türkheimer stand wegen Rauschgifthandels vor Gericht. Seine Komplizin schmuggelte Crystal Meth in ihrer Vagina
Die Beweislast war groß – und der Angeklagte versuchte erst gar nicht, seine Taten zu leugnen: Der Türkheimer und seine fränkische Komplizin hatten umfangreiche Spuren ihrer Drogengeschäfte auf Facebook und entsprechenden Kontoauszügen hinterlassen. Nun musste sich der 40-Jährige vor der ersten Strafkammer des Memminger Landgerichts verantworten.
Dem Mann, der seit 2008 in Türkheim wohnt und bei verschiedenen Firmen in der Region gearbeitet hat, wurde der unerlaubte Besitz und Handel mit Drogen in nicht geringer Menge sowie der Anbau von Cannabis vorgeworfen. Gehandelt habe er überwiegend mit Crystal Meth, einem starken Psychostimulanzmittel auf Amphetamin-Basis.
Nach eigenen Worten ist der 40-Jährige drogenabhängig, seit er 15 Jahre alt ist. Er habe die Amphetamine überwiegend selbst konsumiert, ein paar Mal aber ohne großen Gewinn weiter verkauft.
Beim Verwandtenbesuch im fränkischen Pegnitz habe er zufällig eine alte Bekannte, Jasmin H., wieder getroffen. Deren Exmann und ihren damaligen Lebensgefährten – beide ebenfalls drogenabhängig und derzeit in Haft – habe er noch von seiner Schulzeit her gekannt. Als Jasmin ihm dann von ihren finanziellen Schwierigkeiten als alleinerziehende Mutter zweier Kinder erzählt habe, sei man sich schnell einig geworden, dass sie „Stoff“ aus Tschechien besorgen solle.
Bereits beim ersten Treffen habe er ihr 500 Euro zum Kauf von Crystal gegeben. Er selbst sei nach einer längeren Haft (2006 bis 2008 ebenfalls wegen Drogenbesitzes und -handels) sowie Therapie erst unter dem Druck im Schichtbetrieb bei seinem letzten Arbeitgeber wieder rückfällig geworden, schilderte der Mann vor Gericht.
Zwar ist in den Facebookeinträgen von Hunde- oder Forelleneinkäufen die Rede, dennoch bestätigen auch sie: Von September 2013 bis Januar 2014, wo Jasmin H. bei einer Routinekontrolle der Polizei erwischt wurde, gab es sechs Fahrten zum Drogenmarkt nach Tschechien. Jasmin H. schmuggelte die Ware – Mengen zwischen 20 und 75 Gramm – vaginal nach Deutschland und schickte sie per Post nach Türkheim zu dem Angeklagten. Begleitet wurde Jasmin H. bei den Beschaffungsfahrten nach Tschechien abwechselnd von ihrem damaligen Lebensgefährten und ihrem Exmann.
Der tränenreichen Zeugenaussage von Jasmin H., bei der sie ihre Mittäterschaft beschönigte, glaubten aber weder Richterin Brigitte Grenzstein noch die Staatsanwältin und der Verteidiger – zumal die Frau in einem anderen Verfahren für ihre Taten bereits zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden ist. Über die Menge des Einkaufs, die Qualität der Ware und die geflossenen Geldsummen konnte sie ebensowenig wie ihr Exmann und ihr nunmehr Ex-Lebensgefährte genaue Angaben machen.
Doch hier halfen entsprechende Kontoauszüge den Ermittlern. Jasmin H. hatte für die Ware stets um die 20 Euro pro Gramm gezahlt und vom Angeklagten 60 Euro pro Gramm dafür erhalten. Wie die Chatgespräche zeigten, war Jasmin H. durchaus geschäftstüchtig.
Bei den Plädoyers waren Staatsanwältin und Verteidiger dann fast gleicher Meinung. „Ich hatte den Eindruck, dass wohl der Angeklagte als Einziger die Karten offen auf den Tisch gelegt hat und nicht versucht hat, die Verantwortung auf andere Mittäter abzuwälzen“, bilanzierte die Staatsanwältin.
Da zudem die letzten Straftaten des Angeklagten zwölf Jahre zurücklägen, forderte die Staatsanwältin für die jüngsten Taten eine Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und zwei Monaten sowie einen Wertausgleich in Höhe von 2000 Euro. Der Mann soll ihrer Meinung nach zudem in einer Entzugsanstalt von den Drogen loskommen.
Auch der Verteidiger hob das Geständnis des Angeklagten und seine Reue hervor. Zudem hätte ihn seine Sucht getrieben. „Ich bitte Sie, den Angeklagten nicht als kriminellen Drogenabhängigen zu sehen, sondern als Menschen, der Hilfe braucht“, so der Verteidiger. Er bat, eine Haftstrafe nicht über vier Jahre hinaus auszusprechen.
Richterin Brigitte Grenzstein kam den Forderungen der Staatsanwaltschaft beim Urteilsspruch nach und zog lediglich zwei Monate Freiheitsstrafe ab. Der Haftbefehl gegen den Mann wurde aufrecht erhalten.
„Kurz nachdem seine Führungsaufsicht nach der Haft 2013 abgelaufen war, ist der Angeklagte wieder drogensüchtig geworden“, sagte Grenzstein in ihren Ausführungen. In Pegnitz Jasmin H. wieder getroffen zu haben, sei ihm da gerade Recht gekommen. Diese habe er allerdings ihrer Meinung nach nicht groß überreden müssen, die Drogen für ihn heranzuschaffen.
„Eingeschliffene Verhaltensweisen können aber noch geändert werden, wie uns der Sachverständige in Ihrem Fall bescheinigt hat. Sie befinden sich noch in einem erstaunlich guten Gesundheitszustand und haben zudem eine vernünftige Ausbildung vorzuweisen. Nutzen Sie also die Chance, die wir Ihnen geben, eine Therapie erfolgreich zu absolvieren“, sagte die Richterin zu dem Verurteilten. Dann bestünde auch die Möglichkeit, frühzeitig entlassen zu werden.
Der Angeklagte nahm den Urteilsspruch sichtlich erleichtert hin. Dieser hätte nämlich auch deutlich höher ausfallen können. Da weder die Staatsanwältin noch der Angeklagte vom Recht der Revision Gebrauch machen, ist die Verurteilung bereits rechtskräftig.
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