Falke soll die Saatkrähen zur Vernunft bringen
Mindelheim versucht die lästig gewordenen, aber geschützten Tiere zu vergrämen. Aussichten sind unklar
Mindelheim So manchem Mindelheimer schlagen diese Nachbarn längst auf die gute Laune. Gekreische den halben Tag lang, garniert mit Kotregen von oben – der Unmut über die vielen Krähen im Stadtgebiet von Mindelheim hat in jüngster Zeit wieder zugenommen.
Bei der Stadt laufen die Beschwerden seit einiger Zeit vermehrt ein, sagte Bürgermeister Dr. Stephan Winter am Montagabend vor dem Stadtrat. Die Saatkrähen leben inzwischen nicht mehr nur im Bereich des Tiergartens. Sie haben ihre Brutgebiete auf ein Teilstück der Bahnhofstraße und den Park der evangelischen Kirche ausgeweitet.
Das Problem lautet: Es gibt zu viele der seltenen Vögel
Die Invasion abwehren ist allerdings schwierig. Der Verwaltung sind enge Grenzen gegen die Vögel gesteckt. Nach wir vor gelten die Tiere als besonders schützenswert. Sie stehen auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Das vermag in Mindelheim kaum noch jemand nachzuvollziehen. Ordnungsamtsleiter Ralf Müller hat gar den Eindruck, dass einige Kolonien von Saatkrähen zwischen dem Unterallgäu und dem Bodenseeraum überhaupt nicht in den amtlichen Listen auftauchen.
Die Rechtslage derzeit ist allerdings unverändert und eindeutig: Saatkrähen dürfen nicht bejagt werden. Wer das tut, macht sich strafbar. Was aber tun? Zwischenzeitlich hat sich ein Arbeitskreis zusammengefunden aus Städten und Gemeinden, die unter demselben Problem leiden: zu vielen der seltenen Saatkrähen. Müller arbeitet hier für die Stadt Mindelheim mit.
Andere Städte setzen Greifvögel ein, um die Saatkrähe zu vergrämen. In Memmingen ist dies mit einem Winterbussard versucht worden, sagt Georg Frehner vom Landesbund für Vogelschutz. Für Mindelheim denkt Ralf Müller an einen Wanderfalken, den natürlichen Feind der Saatkrähe. Ein Falkner soll angeheuert werden.
Weil dem Falken allerdings kaum die Besonderheiten des Bayerischen Naturschutzrechtes beizubringen sein dürften, braucht die Stadt Mindelheim für den Fall eines solchen Einsatzes mit einem Falken auch gleich eine Sondergenehmigung für die ausnahmsweise Tötung eines Krähenvogels. Diese Genehmigung könnte die Regierung von Schwaben erteilen.
So weit ist es derzeit aber noch nicht. In einem ersten Schritt will eine Saatkrähenexpertin der Regierung von Schwaben am 21. Dezember von Augsburg nach Mindelheim kommen. Gemeinsam mit Vertretern der Stadt sollen die Brutstandorte abgefahren werden. „Dann wollen wir hören, was wir machen dürfen“, formulierte Winter.
Ralf Müller zufolge steigen die Bestände der Saatkrähe in Mindelheim an. Allerdings verwechselten viel den geschützten Vogel mit der Rabenkrähe, die sich über Abfälle hermache. Die Saatkrähen können faktisch nur aufgescheucht werden, um sich dann woanders niederzulassen. Das klassische St.-FloriansPrinzip kommt zur Anwendung.
Das Eichet könnte ein solcher Zufluchtsort für Saatkrähen werden. Die Stadt wolle aber grundsätzlich vermeiden, dass sich die Tiere auf das ganze Stadtgebiet verteilen.
Bürgermeister Winter versuchte die Erwartungen zu dämpfen, es könne irgendwann keine lästigen Krähen mehr in Mindelheim geben. Josef Doll (Grüne) meinte, die Lebensbedingungen der Krähen hätten sich verbessert. Dem stimmt Frehner zu.
Die Tiere bedienten sich aus den Äckern und Wiesen. Der Teller ist da reichlich gedeckt. Ralf Müller sagte, zu mehr als 60 Prozent ernährten sich die Saatkrähen von Regenwürmern, aber auch Mais. Ortssprecher Georg Ritter (Heimenegg) ist auf die Krähen gar nicht gut zu sprechen. Im Eichet seien schon viele untergekommen. Die Vögel plünderten die Nester von Singvögeln. Man müsse sie dezimieren. Dem hielt Winter entgegen, dass nur möglich sei, was innerhalb der Gesetze erlaubt ist.
Mehr als 7000 Euro kostet der Einsatz eines Falkners
Josef Doll fragte nach Alternativen zum Falkner, der immerhin zwischen 7000 und 10 000 Euro kosten werde. Mit Greifvogelrufen vom Tonband sei schon gearbeitet worden, sagte Müller. „Das interessiert die Vögel nur bedingt.“ Das vertreibe eher die Anwohner als die Krähen, so der Ordnungsamtsleiter.
CSU-Fraktionssprecher Christoph Walter sieht den Gesetzgeber in der Pflicht. Der Artenschutz werde oftmals zu lange übertrieben. Der Kormoran sei so ein Beispiel, aber auch die Saatkrähe.
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