Eine absolut zielsichere Familie
Auch wenn der Sportschütze Stefan Müller selbst bei den bayerischen und deutschen Meisterschaften antritt, bei Olympia verfolgt er seinen Lieblingssport nicht
Es ist die Sportart, die gleich nach Turnen, Fußball und Leichtathletik aufgrund der Mitgliederzahl Rang vier in Deutschland belegt. Doch obwohl der Schießsport in so gut wie jeder Gemeinde im Unterallgäu betrieben wird, medienwirksam sei er nicht. So kann man jedenfalls auf der Homepage über die Olympiasportarten lesen.
„Ich schau mir die Wettkämpfe eigentlich nicht an“, gibt auch Stefan Müller zu. Der 16-Jährige ist amtierender Bayerischer Meister im Luftgewehr (Dreistellungskampf) und schon seit Jahren sehr erfolgreich. Die gesamte Familie hat den Schießsport als Hobby, Vater Herrmann trat früher in der Bundesliga an, Mutter Susanne hat eine Trainerlizenz für’s Schießen und alle seine vier Geschwister sind ebenfalls aktive Schützen.
Während sich Anhänger anderer Sportarten Anregungen holen oder sich bestimmte Dinge bei den Olympioniken abschauen können, trifft dies auf das Schießen nicht zu. „Was wichtig ist bei uns, sind Kraft und Konzentration. Und das sieht man im Fernsehen nicht“, sagt der Ettringer Schüler. Auch wenn er auf Wettkämpfen ist, kann man sich von seinen direkten Gegnern nichts großartig abkucken. Außerdem tritt er zeitlich meist nicht in den direkten Kontakt mit seinen Konkurrenten. Die Spannung, die man bei manch anderen Wettkämpfen toll in Szene setzen kann, gibt es hier also nicht.
Früher konnten die genauen Punktzahlen sogar erst nach der Auswertung der Spiegel (der Scheiben auf die gezielt wird) ermittelt werden. Das verlangt so also einiges an Geduld von Sportlern und Zuschauern. In Wettkämpfen wird mittlerweile auf elektronische Spiegel geschossen, was es für alle – Schützen und Zuschauer – interessanter macht, aber trotzdem ist man eigentlich eine Stunde lang beschäftigt sich zu konzentrieren. Da vermissen Fernsehzuschauer eben die Action, wie sie bei der Leichtathletik oder beim Schwimmen der Fall wäre.
Beim Kleinkaliber zum Beispiel, da haben die Schützen eine Viertelstunde Zeit sich an ihrem Platz einzurichten, danach werden 60 Schüsse in 55 Minuten abgegeben. Das Ziel hängt dabei in einem Abstand von 50 Metern zum Schützen. „Wichtig ist dabei, sich so lange konzentrieren zu können und auch die Kraft zu haben, das Sportgerät ruhig zu halten“, erklärt Stefan Müller. Bis zu fünfeinhalb Kilo wiegt das Gewehr, was im Stehen natürlich anstrengender ist als im Liegend-Schießen.
Alle zwei Wochen geht es darum zum Stützpunkt-Training nach Marktoberdorf und für’s Kleinkaliber-Training nach Heimertingen. Zusätzlichen Sport macht Stefan Müller nicht, eine typische Ausgleichssportart für Schützen ist ihm aber auch nicht bekannt.
Ein weiterer Reiz für den 16-jährigen Schüler: Mit der Mannschaft antreten. „Dann kommt schon so was wie Teamgeist auf, und man feuert sich gegenseitig an“, erklärt der Ettringer. Dabei kann man auch Patzer der Kollegen wieder ausbügeln. Eine Mannschaft ergibt sich übrigens bereits mit nur drei Schützen.
Stefans Vater verrät: „Die Wettkämpfe der Schützen reißen die Fernsehzuschauer meist nicht vom Hocker, aber sie waren oft deshalb interessant, weil sie in der ersten olympischen Woche stattfinden und die Deutschen immer mal wieder für eine Medaille gut sind.“ Übrigens: Obwohl Stefan schon lange schießt, kennt er keinen einzigen Namen eines Olympioniken. Selber machen ist eben einfach toller als nur zuzuschauen, findet er jedenfalls.
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