Wieder wird einer der seltensten Vögel der Welt im Unterallgäu gesichtet
Nach Holly und Marco, die im vergangenen Jahr bei Unteregg unterwegs waren, erregt ein weiterer der besonderen Vögel im Unterallgäu Aufsehen.
Als Leo Rasch, der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) im Unterallgäu, im vergangenen Jahr das Foto sieht, das Anton Mayer aus Unteregg geistesgegenwärtig von zwei großen schwarzen Vögeln gemacht hat, spricht er von einer kleinen Sensation. Immerhin gehören die beiden zu den seltensten Vögeln der Welt. Nun wurde im Unterallgäu ein weiteres Exemplar gesichtet.
In und um Memmingerberg und Benningen war dieser Tage wieder ein Waldrapp unterwegs – und zog laut Daniel Watzlawik vom LBV Unterallgäu viele Blicke auf sich. Das liegt zum einen an seiner ungewöhnlichen Optik: dem schwarz-grün schillernden Gefieder, dem langen gebogenen Schnabel, dem kahlen rötlichen Gesicht und den am Hinterkopf abstehenden Federn. Und zum anderen daran, dass man ihn außer in Zoos und Volieren so gut wie nie zu Gesicht bekommt: Der Vogel, der einst in ganz Europa heimisch war, auch Gärten besiedelte und als zutraulich galt, wurde im 17. Jahrhundert in Mitteleuropa so stark bejagt, dass er dort ausstarb. Seit rund 20 Jahren wird in einem europaweiten Projekt versucht, die etwa gänsegroßen Vögel wieder anzusiedeln. Inzwischen leben bereits wieder mehr als 200 Waldrappe im europäischen Alpenraum. Bis 2028 soll die Population dann soweit stabil sein, dass sie sich selbst erhalten kann.
Waldrapp-Männchen Paride legt im Unterallgäu einen Zwischenstopp ein
Auch Paride, so der Name des Männchens in Memmingerberg, ist Teil des Projekts. Er hat sechs Tage lang nicht nur zufällige Beobachter, sondern auch die Mitarbeiter der VR-Bank Memmingerberg begeistert, weil er sich gerne auf und an dem Bankgebäude und den umliegenden Feldern aufhielt. Offenbar ähneln die Fenster und Simse in der Fassade den Felsnischen, in denen Waldrappe in freier Natur brüten. Zur Nahrungssuche flog das beringte und mit einem Sender ausgestattet Tier immer wieder ins Benninger Ried, wo es auf gemähten Wiesen mit seinem langen Schnabel im Boden nach Insekten, Würmern und Schnecken stocherte.
Allerdings hat Paride in Memmingerberg nur einen Zwischenstopp eingelegt. Er war auf dem Rückflug von seinem Überwinterungsgebiet in der südlichen Toskana zurück nach Überlingen am Bodensee, wo er 2018 von Hand aufgezogen wurde. Das Zugverhalten müssen Waldrappe erst erlernen. Im Wiederansiedlungsprogramm hilft ihnen dabei das Waldrappteam, die Paride und seine Artgenossen im vergangenen Jahr mit einem Ultraleicht-Flugzeug nach Italien begleitet haben. Im Frühjahr kehren die Vögel dann selbstständig zurück.
Die Waldrappe, die bei Unteregg unterwegs waren, sind noch in Italien
Auch seine Artgenossen Holly und Marco, die vergangenes bei Unteregg Station gemacht haben, sind bereits auf dem Rückweg. Sie haben sich nach dem Unterallgäu auch noch den Ammer- und den Chiemsee angesehen, bevor sie Ende November in der Lagune von Orbetello in der Toskana ankamen und dort überwinterten. Holly flog Mitte April Richtung Udine, Marco nur ein kurzes Stück nach Grossetto.
Auf ihrer Flugroute von Italien nach Deutschland werden die Vögel, die von der Statur her einem Storch ähneln und zu den Ibissen gehören, mittels GPS-Sendern überwacht. So bekommen die Forscher wichtige Informationen über das Zugverhalten und auch über mögliche Todesursachen der Tiere, die sehr sozial sind und in Kolonien leben. Wilderei, Strommasten und Unfälle sorgen jedoch weiterhin für Verluste. „Jeder Waldrapp ist potenziell gefährdet und dieses Risiko gilt es zu minimieren“, heißt es seitens des LBV. Deshalb wurde Paride schließlich auch von Mitgliedern des Wiederansiedlungs-Projekts in Memmingerberg abgeholt und direkt an den Bodensee gebracht, wo er mit seinen Artgenossen den Sommer verbringt.
Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.waldrapp.eu. (mz, baus)
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