Asylbewerber bei Brand in Lebensgefahr
Beim Feuer in einem Flüchtlingsheim in Reisensburg spielen sich dramatische Szenen ab
Aus dem dichten, grauen Rauch des Feuers tauchen schemenhaft zwei Feuerwehrmänner, die aus dem Korb der Drehleiter die Brandnester des Ziegeldachs freilegen. Stöße von schaumgetränktem Löschwasser zischen in das rußgeschwärzte Gebälk des Mehrfamilienhauses. Kaskaden von Schaumwasser ergießen sich über die Hauswand, hüllen die Helfer in weiße Schaumwölkchen. Brandgeruch legt sich über den Günzburger Stadtteil Reisensburg und die Georg-Lacher-Straße, an der sich das Gebäude befindet. Ein Großaufgebot von Feuerwehrfahrzeugen sowie Einsatzwagen der Rettungsdienste und der Polizei blockieren die Zufahrten. Vor einem Nachbargebäude stehen in Gruppen die Bewohner der Asylunterkunft der Regierung von Schwaben, in der sich zum Zeitpunkt des Feuers am Montagmorgen etwa 30 Personen befanden.
Etliche Polizeibeamte sprechen mit den Menschen, beruhigen sie und organisieren den weiteren Ablauf. Mitarbeiter des Landratsamtes werden herbeigerufen, um für die Bewohner den Weitertransport in Ersatzunterkünfte zu planen.
Kurz vor 10 Uhr war der erste Anruf bei der Rettungsleitstelle eingegangen. Für die Einsatzkräfte ist es ein intensiver Alarm gewesen. „Das war knapp“, sagt Stadtbrandinspektor Christian Eisele am Einsatzort. „Mehrere Personen waren in ihren Wohnungen eingeschlossen und mussten mit Steckleitern und der Drehleiter aus dem völlig verrauchten Haus aus dem Fenster oder von Balkonen gerettet werden.“ Als Anwohner und Feuerwehrmann Helmut Werdich zum Gebäude kamen, sah er, dass zwei Personen gerade dabei waren, in Panik aus dem Fenster im Obergeschoss zu springen. Mit gutem Zureden konnte er sie beruhigen und das verhindern. Kameraden konnten so noch die rettende Steckleiter anlegen. Eine Person aber sprang aus dem Fenster und wurde dabei nach Angaben der Polizei schwer, jedoch nicht lebensgefährlich verletzt. Die Beamten berichten zudem von drei Leichtverletzten. Christian Eisele spricht von „höchster Lebensgefahr“ für die Bewohner, die noch am Fenster standen und schrien. „So ein dramatischer Einsatz ist zum Glück selten.“ Anstrengend sei er gewesen für die knapp 50 Kameraden aus Reisensburg und der Kernstadt. Die Arbeit geht in solch einem Fall im Gerätehaus natürlich weiter, um die Fahrzeuge wieder für den nächsten Alarm vorzubereiten. Der kam noch während des laufenden Einsatzes: Eine Brandmeldeanlage im Bezirkskrankenhaus in Günzburg hatte ausgelöst. Hier war aber nichts passiert, wie die dorthin entsandte Feuerwehr Ichenhausen feststellte.
Der Sachschaden am Gebäude der Asylbewerberunterkunft beträgt nach ersten Schätzungen der Polizei knapp 100000 Euro. Die Kripo Neu-Ulm hat die Ermittlungen übernommen, Spezialisten des Landeskriminalamtes sind dabei eingebunden. Auch ein Vertreter der Staatsanwaltschaft aus Neu-Ulm war am Brandort. Die Polizei hat den dringenden Verdacht, sagt ein Sprecher, dass ein Bewohner für das Feuer verantwortlich ist. Der 33-Jährige aus Eritrea sei deshalb noch am Ort vorläufig festgenommen worden. Bis er am Dienstag dem zuständigen Richter vorgeführt wird, bleibe er in Polizeigewahrsam.
Nach Auskunft der Regierung von Schwaben waren zuletzt 28 Personen in dem Gebäude untergebracht gewesen, darunter vier Familienverbände mit elf Personen und sechs Kindern. Die übrigen Bewohner seien volljährige Alleinreisende. Die Hauptherkunftsländer sind Gambia, Afghanistan, Eritrea und die Türkei. Da die Unterkunft momentan nicht bewohnbar ist, wurden die Bewohner übergangsweise in einer Turnhalle einquartiert. Im Laufe des Nachmittags ging es mit Bussen weiter in Gemeinschaftsunterkünfte in der näheren Umgebung im Landkreis. „Die Versorgung mit Essen, Kleidung und Hygieneartikeln ist gewährleistet“, so ein Regierungssprecher.
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