Weg mit dem Tüll!
Tschaikowskys Ballett-Klassiker „Schwanensee“ gelingt dem Theater Ulm ohne Kitsch-Beigabe - aber mit märchenhaft-schönem Ende.
Tschaikowskys „Schwanensee“: Man hat die märchenhaften Abende russischer Ballettcompagnien vor Augen, Reihen engelhaft zarter Tänzerinnen in weißen Tüll-Tutus. Was aber tun, wenn die eigene Compagnie nur zehn – wenngleich hervorragende – Tänzer umfasst, man aber dennoch „Schwanensee“ inszenieren möchte? Ulms Ballettchef Roberto Scafati löst dieses Problem auf höchst eigene Weise. Er schuf, wie schon John Cranko und John Neumeier, eine alternative Neu-Interpretation mit klaren dramatischen Strukturen, die in Ulm vom (überraschend jungen) Premierenpublikum mit Jubel und Ovationen im Stehen gefeiert wurde, bis der Vorhang fiel.
Zischende, aggressive Schwäne in weiten Federcapes mit fast unheimlich realistischen Vogel-Bewegungen und eine alleinerziehende Edelpunk-Mutter (Yuka Kawazu), die ihren zärtlichen Jungen zugleich festhalten und abschieben will, um eigenen magisch-erotischen Lüsten nachgehen zu können: Das ist fernab aller Prinzessinnenträume. Ein Prinz ist auch dieser Siegfried nicht, den Lorenzo Angelini tänzerisch-akrobatisch, mimisch und gestisch mit faszinierender Authentizität verkörpert. Der 21-jährige Solist interpretiert Siegfried als verspielten Jungen an der Schwelle des Erwachsenwerdens, der sich lieber aus der Peer Group in die Fantasiewelten der Playstation-Spiele flieht als Mädchen nachzuschauen. Ein weibliches Wesen berühren, das nicht seine Mama ist? Huch! Die Szenen der Zärtlichkeit zwischen Mutter und Sohn und die des Avatar-Kampfes zwischen dem satanischen Rotbart und dem von ihm gejagten Schwan Odette, bei dem auf der Bühne die Federn fliegen, gehören zu den stärksten Momenten des Abends. Carlos Kerr gelingt in der Rolle des dämonischen Rotbart, der die Gefühle zwischen Siegfried und Odette zerstören will, sein bislang überzeugendster Auftritt in Ulm.
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