Im Hornisten-Nest
Gemeinsam üben, spielen – und feiern: Rund 100 Musiker sind über die Faschingstage in Weißenhorn zu Gast. Warum der „Carneval du Cor“ seinen Namen nicht umsonst trägt.
Die Räumlichkeiten im Clarentiner-Kolleg liegen noch etwas verlassen da. Dass es am Abend zuvor hoch hergegangen ist, zeigen ein paar leere Bierflaschen, die in den Ecken darauf warten, wieder eingesammelt zu werden. Dazwischen liegen ein paar umgefallene Becher – ebenso Überbleibsel von der Willkommens-Party, zu der rund 100 Hornisten aus Nah und Fern zusammengefunden haben. Doch obwohl es am Vortag etwas später geworden ist, sind bereits in den frühen Morgenstunden Horn-Melodien in den Gängen zu hören. Einige spielen sich ein, proben Tonleitern hoch und runter, oder musizieren einfach nur vor sich hin. So geht es zu beim „Carneval du Cor“, der erstmals in der Fuggerstadt zu Gast ist.
Nicht alle Hornisten sind morgens schon so eifrig. Manche sitzen noch beim Frühstück. So etwa die beiden Organisatoren Benjamin Liebhäuser und Markus Meyr-Lischka, die sich gerade den ersten Kaffee des Tages gönnen. Auch für die beiden, die sich noch aus ihrer Schulzeit in Augsburg kennen, ist es gestern spät geworden: Los ging der Abend mit dem Hornisten-Flashmob auf dem Ulmer Münsterplatz – rund 100 Musiker, die spontan ein Konzert anstimmten. „Es sind echt viele gekommen, sodass es eine schöne Veranstaltung war“, schwärmt Liebhäuser noch. „Zuerst dachte ich, dass ich zu viel versprochen habe, als eine Absage nach der anderen kam, aber dann kamen noch viele Hörner aus der Region.“
Ein eindrucksvolles Erlebnis für die Musiker, die den Weg nach Weißenhorn zu den Hörnertagen gefunden haben. Von 16 bis 40 sind alle Altersklassen vertreten, ebenso wie Registervorlieben und Schwierigkeitsstufen. Das Besondere: Das Treffen ist für die Musiker offen, es gibt keine Bewerbungsphasen oder Ähnliches. Aber: „Mit einem Mozartkonzert sollte man schon mithalten können“, erklärt Liebhäuser. Wer mitmachen will, der bekommt ein paar Wochen vorher die Noten zugeschickt, damit in den Gruppen intensiv an den Stücken geprobt werden kann. „Denn“, so Mitorganisator Meyr-Lischka, „wir sind ja hier nicht zum Notenlesen.“ Dafür ist die Zeit zu kostbar, die in Einzel- und Gruppenworkshops mit namhaften Dozenten abgehalten wird. Alle Gruppenleiter haben sich einen Namen bei exzellenten Orchestern wie beispielsweise dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks oder den Berliner Philharmonikern gemacht.
So wie beispielsweise Carsten Duffin, erfahrener Solohornist mit Konzerterfahrung in Deutschland, Frankreich, Niederlande, Japan, China und den USA. Kurz nach dem Frühstück haben sich die rund ein Dutzend Hornisten im Proberaum eingefunden: Ein Medley aus Hits des „Eurovision Song Contest“ soll geprobt werden. Was sich für den Laien wie ein perfekt abgestimmtes Zusammenspiel zwischen den Instrumenten anhört, macht den Kenner noch nicht glücklich. Hier ein wenig piano, dort ein diminuendo, hier stimmt der Auftakt nicht ganz. Erst nach mehrmaligen Spielen ist der Meister zufrieden. „Na also, wird doch“, lobt Duffin.
Ähnliche Szene zwei Stockwerke tiefer. Bereits auf der Treppe kommen die Töne von Abbas „Mamma Mia“ entgegen – arrangiert für zwölf Hörner. Doch so ganz zufrieden ist Lionel Pointet, sonst am Opernhaus in Zürich beschäftigt, noch nicht. „Das muss eine Oktave tiefer kommen“, weist er seine Schüler an.
Von Schlager über Filmmusik bis hin zur Klassik ist an diesem Vormittag alles mit dabei. Die Musikzusammenstellung nimmt Liebhäuser ganz nach seinem persönlichen Geschmack vor: „Die Teilnehmer müssen meine musikalischen Vorlieben ausbaden“, meint er und lacht. Der Fokus liege zwar mitunter auf Klassik, aber es solle „nicht immer alles so bierernst zugehen“ - vor allem im Hinblick auf den Titel der Veranstaltung, der mit „Carneval du Cor“, also „Karneval der Hörner“, bewusst bunt ausgelegt worden ist. Das Ziel: ein schönes Wochenende verbringen.
Wer sich von den musikalischen Leistungen der Hornisten selbst überzeugen will, der hat am heutigen Montag noch Gelegenheit dazu: Um 19.30 Uhr gibt es ein Abschlusskonzert in der Ulmer Pauluskirche – und vielleicht wird danach wieder ordentlich gefeiert.
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