Stadtwerke um 250 000 Euro betrogen
Es war noch früh gestern Vormittag, als gleich mehrere Polizeibeamten im Büro der Bäderbetriebe aufliefen. Mit einem Haftbefehl in der Hand fragten sie nach einem 48-jährigen Mitarbeiter. Nur kurze Zeit später führten sie den Mann in Handschellen ab.
Der Vorwurf hat es in sich: 250 000 Euro soll der langjährige Mitarbeiter der Neuburger Stadtwerke veruntreut haben. Während die Beamten den Mann festnahmen, durchsuchten Kollegen Geschäftsräume der Stadtwerke Neuburg und auch die Privatwohnung des Angestellten. Sie stellten Datenträger, Computer und Dokumente als Beweismaterial sicher. Bei der anschließenden Vernehmung auf der Wache legte der Beschuldigte ein umfassendes Geständnis ab.
Wie die Staatsanwaltschaft Ingolstadt ermittelt hat, soll der 48-Jährige seit 2001 immer wieder falsche Rechnungen über Materialanlieferungen erstellt haben. Der Absender der Rechnung war allerdings eine Scheinfirma, das Konto lief auf den Namen des beschuldigten Mitarbeiters. Auf diese Art konnte sich der 48-Jährige über sieben Jahre immer wieder Geldbeträge erschleichen. Insgesamt eine viertel Million Euro.
"Ich bin total erschüttert", sagt Hans Jürgen Hill, Leiter der Stadtwerke Neuburg. Er erfuhrt erst gestern Nachmittag durch den Anruf der Neuburger Rundschau von den Vorwürfen gegenüber seinem Mitarbeiter. Eigentlich wollte er mit seiner Frau in Ruhe deren Geburtstag feiern. "Jetzt kann der Tag nicht schlechter werden", so Hill.
Viele Jahre habe er seinem Angestellten vertraut, ihm Verantwortung übertragen und sei jetzt "richtig wütend und enttäuscht zugleich". 250 000 Euro seien ein enormer Betrag, wenn man an die Finanzlage der Bäder denke. "Pro Jahr machen wir 2,3 Millionen Euro Miese und haben deswegen schon genug schlechte Schlagzeilen", sagt Hill verbittert. Der Image-Schaden sei jetzt noch gar nicht abzuschätzen. Trotzdem sei er froh, dass interne Strukturen die Machenschaften des 48-Jährigen ans Licht gebracht hätten.
Anfang August hatte eine Mitarbeiterin der Stadtwerke-Buchhaltung Probleme bei einer der fingierten Rechnungen festgestellt: Eine Rechnungsnummer war doppelt verwendet worden. Weitere Nachforschungen brachten ans Tageslicht, dass es jene abrechnende Firma gar nicht gibt. Den Rest brachte die Polizeiarbeit ans Licht.
Bei den Stadtwerken war die Stimmung gestern mies. Vor allem die Mitarbeiter der Bäderbetriebe haben Angst um ihren Ruf. Die diensthabenden Mitarbeiter im Parkbad kannten gestern kein anderes Thema, als die Vorwürfe gegen den Kollegen. "Da denkt doch jeder, wir hängen mit drin", sagt ein Mitarbeiter. Anfangs habe das Team ja gar nicht gewusst, was los sei, die Auszubildenden hätten nicht schlecht gestaunt, als die Polizei vor der Tür stand. "Kaum war der Kollege abgeführt, gingen die Spekulationen los", so der Angestellte weiter.
Als einen "schönen Schlag" für die Stadt beschreibt Bürgermeister Heinz Enghuber die Folgen. Er vertrat gestern OB Bernhard Gmehling, der sich noch in Urlaub befindet. Eine Vertrauensbasis, die sich über viele Jahre aufgebaut habe, sei damit abrupt beendet worden. Dass der Vorfall persönliche Konsequenzen nach sich ziehen wird, liege auf der Hand. Doch darum wird sich der Oberbürgermeister nächste Woche kümmern.
Der beschuldigte Mitarbeiter, der gestern auch noch Geburtstag hatte, wird wohl nicht mehr an seinen Arbeitsplatz im Parkbad zurückkehren. Seine Aufgaben hat bereits ein Kollege übernommen. Über die Motive für die Veruntreuung ist nichts bekannt. Kollegen wissen nichts von Geldproblemen des Beschuldigten. Der wird heute im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt. Kommt es zu einer Verhandlung, muss er nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft mit einer Freiheitsstrafe von mehreren Jahren rechnen.
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