Polizeichef griff trotz Widerstand durch
Nördlingen/Augsburg (hum) - Am vierten Verhandlungstag um den Rieser Ex-Polizisten, der vielfacher sexueller Übergriffe angeklagt ist, hatte die Polizei das Wort. Ludwig Kögel, zur fraglichen Zeit Dienststellenleiter in Nördlingen, erklärte vor dem Augsburger Landgericht, er habe in jeder Phase des Geschehens sofort und konsequent durchgegriffen: Als auffiel, dass der Beamte seine Arbeit nur noch schleppend verrichtete, habe er ihn mehrmals ermahnt.
Medizinische Behandlung
Als Anfang 2004 seine Depressionen und Selbstmordgedanken bekannt wurden, leitete er sofort die medizinische Behandlung seines Mitarbeiters ein. Nach rund einem dreiviertel Jahr schien dieser die Depressionen im Griff zu haben, zeigte beim Sport unschlagbare Leistungen und bekundete selbst, auf jeden Fall die volle Dienstfähigkeit zurückzuerlangen. Und als schließlich die Hauptgeschädigte Anzeige bei Kögel wegen sexueller Misshandlung erstattete, leitete Kögel sofort ein Verfahren gegen den Polizisten ein. Das brachte einen großen Teil der Nördlinger Polizisten gegen ihn auf: Es wurde offen gefragt, ob er einer "zweifelhaften Existenz vom Kriegerbrunnen" (nicht alle drückten sich so gewählt aus) mehr Glauben schenke als seinem eigenen Kollegen. Das Bild, das eine Reihe von Nördlinger Polizisten vor Gericht abgab, passte in Kögels Schilderungen: Unisono sagen alle aus, sie hätten rein gar nichts von den sexuellen Eskapaden mitbekommen, wären aus allen Wolken gefallen, als es 2007 zur Verhaftung kam, hätten das Wesentliche erst aus der Zeitung erfahren. "Ganz Nördlingen scheint es gewusst zu haben, nur die Polizei nicht", resümierte der vorsitzende Richter Wolfgang Rothermel.
Zum Schluss des Verhandlungstages sorgt Alexander Knief, der Rechtsanwalt des Angeklagten, für eine Überraschung: Er beantragt die Vernehmung von sieben Zeugen, teils neue, teils bereits gehörte. So sollen zwei Zeuginnen befragt werden, weil sich am Verhandlungstag eine Geschädigte vor deren Haus im Gebüsch versteckte und offensichtlich ausspähte, ob sie sich auf den Weg zum Gericht machten. Ein weiterer Antrag sorgt erst fast für einen Schock, dann für Belustigung: Eine Geschädigte hatte bei der Polizei den Spitznamen "Dumpfbacke" aus der US-Fernsehserie "Eine schrecklich nette Familie" um Al Bundy. Rechtsanwalt Knief beantragte, sämtliche Folgen der Serie (Laufzeit mindestens 50 Stunden) vor Gericht zu begutachten, um zu klären, ob der Spitzname bedeuten könne, dass mit "Dumpfbacke" eine mannstolle Frau bezeichnet wird, was Rückschlüsse auf den Charakter der Geschädigten zuließe.
"Wenn wir das tun, kommen wir noch in die Zeitung", sagte der Richter mit einem süffisanten Blick in Richtung des RN-Reporters und ließ im Raum stehen, wie man denn die Bedeutung des Spitznamens klären könne.
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