
76-jähriger Rieser attackierte seine Frau: Staatsanwalt wirft ihm Habgier vor

Plus Ein Rentner hat im Ries seine Ehefrau mit einem Messer angegriffen. Deshalb steht der Mann jetzt in Augsburg vor Gericht. Eine große Rolle spielt ein Haus.
War es versuchter Mord oder versuchter Totschlag? Um diese Frage ging es in dieser Woche vor dem Augsburger Landgericht, dort muss sich derzeit ein 76-jähriger Rentner aus dem Ries verantworten, der seine Ehefrau attackiert hat. Zwar hatte das Gericht die Anklage zunächst auf versuchten Totschlag abgemildert, nun aber legte der Staatsanwalt mit weiteren möglichen Mordmerkmalen nach.
Mord aus Heimtücke bedeutet, dass jemand versucht, eine andere Person umzubringen, die nicht mit einem Angriff auf ihr Leib und Leben rechnet. Möglicherweise war es auch im vorliegenden Fall so, in dem die Ehe des Angeklagten mit seiner Frau nach fast 45 Jahren scheiterte. Laut Staatsanwalt Thomas Junggeburth komme aber auch das Mordmotiv der Habgier in Betracht: Das gemeinsame Haus habe er "zu 95 Prozent allein bezahlt", sagte der 76-Jährige vor Gericht. Sowohl in mehreren Schreiben als auch laut Zeugenaussagen mündlich hatte der Mann gedroht, bis zum Äußersten zu gehen, sollte ihn seine Frau verlassen. Mehr als einmal soll er sogar gedroht haben, er werde seine Frau umbringen.
Dicke Winterjacke und Eingreifen der Polizei hatten Schlimmeres verhindert
Grund für das Verfahren ist diese Attacke: Im Januar 2022 soll der Mann seine Frau im Schlafzimmer des langjährigen gemeinsamen Hauses mit einem Springmesser angegriffen und verletzt haben. Eigentlich, so der Vorwurf, habe der gelernte Metzger die Frau töten wollen, allein ihre dicke Winterjacke und das schnelle Eingreifen der Polizei hätten bis auf eine Schnittwunde am Oberarm Schlimmeres verhindert. Den Einwand von Verteidiger Hubert Probst, dass ja im Falle eines versuchten Mordes laut Bürgerlichem Gesetzbuch eine sogenannte Erbunwürdigkeit vorliege, sein Mandant also nichts von einer solchen Tat habe, ließ der Staatsanwalt nicht gelten. Derartige juristische Kenntnis besäßen viele Bürgerinnen und Bürger nicht, möglicherweise ja auch nicht der Angeklagte.
Aus den verschiedenen Beleidigungen und Schmähungen, die der Mann seiner Ex-Ehefrau gegenüber schriftlich oder mündlich getätigt haben soll ("Miststück", "dumm geboren und nichts dazugelernt"), leitete Junggeburth zudem das Mordmerkmal der "niederen Beweggründe" ab. Über einen entsprechenden Antrag, den der Staatsanwalt in dieser Sache formulierte, will das Gericht bis zum nächsten Verhandlungstag beraten.
Prozess: Frau war aus dem Wohnhaus geflüchtet
Einziger Zeuge des jüngsten Verhandlungstages war jener 38-jährige Ermittlungsrichter, der die geschädigte Ehefrau nach dem Angriff vernommen hatte. Seine Schilderung bestätigte, was die 71-Jährige am davorliegenden Prozesstag selbst vor Gericht ausgesagt hatte. Nachdem sie ihre Ehe als zerrüttet angesehen habe, nicht zuletzt wegen einiger vorangegangenen Angriffe und heftigen Beleidigungen ihres Ehemannes, sei sie Anfang 2022 aus dem gemeinsamen Wohnhaus geflüchtet. Als sie drei Wochen später in Begleitung der gemeinsamen Töchter und Schwiegersöhne mit Unterstützung der Polizei in das Haus zurückkam, um persönliche Gegenstände abzuholen, sei es zu dem Messerangriff gekommen.
Breiten Raum in der Verhandlung nahm die Besprechung der sogenannten persönlichen Verhältnisse des Angeklagten ein. Den Worten des Mannes war zu entnehmen, wie sehr er den Erwerb des Familienhauses als seine Sache betrachtete – und wie schwer ihm der drohende Verlust desselben fällt. Ein entsprechender Gerichtsbeschluss, der das Haus der Ehefrau zuschreibt und dem Mann ein Kontaktverbot auferlegt, will der Angeklagte angreifen. Zunächst aber geht es für ihn nach jedem Verhandlungstag zurück ins Untersuchungsgefängnis. Das Verfahren wird kommende Woche fortgesetzt.
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