
Eine uralte Apfelsorte ist in Auchsesheim zu Hause

Plus Die Apfelsorte Roter Stettiner wurde wohl von Kreuzfahrern importiert. So gelangte er in den Landkreis Donau-Ries.
Auchsesheim hat mindestens drei Besonderheiten: Erstens ist dort Komponist Werner Egk geboren. Zweitens: Im Unterschied zu anderen Stadtteilen Donauwörths steht der Dorfname groß auf dem Ortsschild, während man bei anderen Ortseinfahrten schon genauer hinsehen muss, weil dort der Name der Kreisstadt dominiert. Der Ort hat einen dritten Grund, groß erwähnt zu werden, denn dort steht noch ein echter Roter Stettiner.
Diese Apfelsorte soll vor gut 200 Jahren die bekannteste in Deutschland gewesen sein. Kreuzfahrer haben ihn als „Türkischen Weinling“ in der Hohenstaufenzeit hierher gebracht haben, also spätestens im 13. Jahrhundert. Man kann demnach davon ausgehen, dass diese Sorte zu den Seltenheiten gehörte, die das leidende Volk im Dreißigjährigen Krieg noch zu essen hatte. Plündernde Soldaten waren zu faul zum Ernten von Bäumen oder Ausgraben von Erdverstecken.
Der Roter Stettiner ist lange haltbar
Wie alt wird wohl der Auchsesheimer Baum sein, der robust und langlebig ist und kaum Ansprüche an den Boden stellt? Der Eigentümer jedenfalls schätzt die lange Haltbarkeit des hervorragenden Wirtschaftsapfels. Er schmeckt nicht nur ihm durchaus gut, wenn man ihn erst ab Januar verarbeitet oder direkt genießt. Von da an hält er je nach Lagermöglichkeit bis zum Sommer und ist mit Dörrobst- und Saftqualität ein Tipp für Selbstversorger.
Wegen wohl vorhandener Staunässe am Standort weist besagter Apfelbaum typische Krebsknöllchen auf. Bei gut versorgten Böden fehlt es dem Roten Stettiner in seiner Anspruchslosigkeit an nichts. Als Jungbaum muss man gekonnt eine Halb- oder Hochstammkrone ziehen, will man zur Unterstützung eines starken Wuchses nicht gleich auf einen Stammbildner veredeln. „Stettiner“, „Roter Bietigheimer“, „Rotapfel“, „Roter Backapfel“, „Roter Herrenapfel“ oder „Rostocker“ – wie der Apfel auch heißt – beweisen die einst weite Verbreitung. Verwechseln kann man ihn unter anderem mit dem „Kronprinz Rudolf“.
Der Rote Stettiner in Auchsesheim ist Rückschnittmaßnahmen unter einer Stromleitung ausgesetzt. Gönnen wir ihm an möglichst vielen anderen Orten eine freiere Entwicklung.
Steckbrief des Roten Stettiner
- Baum: Wuchs mittelstark, Holz unempfindlich, robust, langlebig, Ertrag spät einsetzend, liebt kühle und raue Lagen mehr als warme
- Blüte: mittelfrüh, frostunempfindlich, guter Pollenspender
- Schale: etwas fettig, matt glänzend, Grundfarbe gelblich grün, Deckfarbe tief trübrot
- Frucht: flach, lang haltbar, fein, saftig
- Pflückreife: gegen Ende Oktober
- Genussreife: ca. ab Januar
- Haltbarkeit: mindestens Mai/Juni
Hinweis zum Autor: Ralf Hermann Melber ist Mitglied im Deutschen Pomologenverein und Obstbaumpfleger.
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