
Der Papst-Rücktritt: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Kann ein Papst einfach so zurücktreten? Wie geht es weiter? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI.
Kann ein Papst einfach so zurücktreten?
Ja. Das Kirchenrecht räumt dem Papst die Möglichkeit ein, von seinem Amt zurückzutreten. Das Oberhaupt der katholischen Kirche muss niemandem Rechenschaft über einen solchen Schritt ablegen. Voraussetzung für die Gültigkeit des Rücktritts ist lediglich, dass er freiwillig geschieht. Für die Gültigkeit einer Amtsübergabe gibt es keine genauen Regeln. In dem von Johannes Paul II. reformierten Kanonischen Recht (Can. 332 § 2) heißt es: "Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch dass er von irgendwem angenommen wird."
Ist vor Benedikt XVI. jemals ein Papst zurückgetreten?
In 2000 Jahren Kirchengeschichte ist bisher nur ein einziger Rückzug aus freien Stücken bekannt. Papst Coelestin V. gab 1294 nach nur fünf Monaten freiwillig sein Amt auf. Kirchenhistoriker sprechen von einem überforderten Sonderling, der kaum Latein konnte. Die Kardinäle hätten ihn nur zum Papst gewählt, weil sie sich in fast zweijährigem Ringen nicht auf einen anderen Kandidaten einigen konnten. Coelestin zog sich nach seinem Rücktritt in ein Kloster zurück. Andere Historiker behaupten, sein Nachfolger Bonifaz VIII. habe Coelestin zum Abdanken gedrängt und in "Klosterhaft" geschickt.
Hatten andere Päpste an einen Rücktritt gedacht?
Durchaus. In der Moderne haben Pius XII. (1939-1958), Paul VI. (1963-1978) und Johannes Paul II. (1978-2005) einen schriftlichen Amtsverzicht vorbereitet. Pius XII. wollte die Kirche damit angesichts einer drohenden Entführung durch Hitlers Truppen absichern. Paul VI. und Johannes Paul II. wollten verhindern, dass die Kirche im Fall von langer, schwerer Krankheit führungslos bliebe. Keines der geheim gehaltenen Amtsverzichts-Schreiben kam zum Einsatz.
Wie geht es nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. weiter?
Frühestens am 15., spätestens am 20. Tag nach dem Tod eines Papstes müssen die Kardinäle zur Wahl eines Nachfolgers zusammentreten. Dieses Prozedere tritt auch mit dem Abend des 28. Februar 2013 ein, wenn der Rücktritt von Benedikt XVI. gültig wird.
Wie läuft die Papst-Wahl ab?
Zum Konklave werden die Kardinäle vom Dekan des Kardinalskollegiums, Kardinal Angelo Sodano, einberufen. Der Begriff Konklave stammt aus dem klassischen Latein und bedeutet "verschlossener Raum". Denn während des Wahlvorgangs sind die Kardinäle von der Außenwelt abgeschlossen. Wahlort und Stätte der Beratungen ist die Sixtinische Kapelle. Jeder Kontakt nach außen, die Benutzung von Aufnahme- und Übermittlungsgeräten oder von Zeitungen, Radios und Fernsehen, ist den Papstwählern untersagt. Die Kardinäle wohnen im neuen Gästehaus Santa Marta auf dem Gelände des Vatikanstaates. Zugelassen sind auch einige Helfer, darunter Ärzte, die, wie zuvor die Kardinäle, absolute Geheimhaltung schwören müssen.
Zum Papst gewählt ist, wer zwei Drittel der Wählerstimmen auf sich vereinigt. Frühere Wahlmodi, etwa per Akklamation oder durch die Bestimmung von Wahlmännern, hat Johannes Paul II. (1978-2005) in seiner Papstwahlverordnung von 1996 abgeschafft. Die Wahl erfolgt per Stimmzettel, die anschließend bis zu zwei Mal täglich samt Unterlagen verbrannt werden. Traditionell wird dabei "schwarzer oder weißer Rauch" als Signal für die Öffentlichkeit erzeugt.
Wer wählt den neuen Papst?
An der Wahl dürfen nur die derzeit 118 Kardinäle teilnehmen, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Was ist, wenn sich die Kardinäle nicht auf einen Nachfolger einigen können?
Bleibt die Wahl nach drei Tagen ohne Ergebnis - vorgesehen sind, außer am Eröffnungstag, je zwei Wahlgänge vormittags und nachmittags -, wird eine eintägige Gebets- und Denkpause eingelegt. Es folgen drei weitere Abschnitte von jeweils sieben Urnengängen. Erst wenn auch diese erfolglos waren, können sich die Wähler auf einen Modus mit absoluter Mehrheit einigen.
Wer leitet die Kirche während der Papst-losen Zeit?
Der "Camerlengo" (Kämmerer) der Heiligen Römischen Kirche, derzeit Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone (78), ist während einer Sedisvakanz zusammen mit drei Kardinals-Assistenten für die Verwaltung der "Güter und Rechte des Heiligen Stuhls" zuständig. Der Papst ernennt den Camerlengo bereits seit dem 15. Jahrhundert aus den Mitgliedern des Kardinalskollegiums. Bis zum Ende des Kirchenstaates 1870 übte er das Amt eines Gouverneurs aus.
Nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. 2005 war es Aufgabe des "Camerlengo", die Sterbeurkunde auszustellen und sofort das Arbeitszimmer des Papstes zu versiegeln. Zu seinen Pflichten gehörte auch, alle Vorkehrungen für die Beisetzung des Papstes zu treffen. Nach der Beisetzung musste er zudem die gesamte Papstwohnung versiegeln und vom Lateranpalast und von den Villen in Castelgandolfo Besitz ergreifen.
Kann Benedikt XVI. nach dem Amtsverzicht weiter Einfluss nehmen?
Unter Kirchenexperten herrscht Einigkeit, dass sich der Papst im Fall eines Rücktritts sofort und vollständig aus allen Ämtern und aus dem öffentlichen Leben der Kirche zurückziehen müsste. Nur so könne gewährt werden, dass der Zurückgetretene nicht die Wahl seines Nachfolgers beeinflusst. Papst Johannes Paul II. hatte einmal gesagt, er könne sich einen "emeritierten Papst" nicht vorstellen. AZ, bo, dpa
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