Ein Teenager verklagt die Washington Post auf 250 Millionen Dollar
Der 16-jährige Nicholas Sandmann sieht sich durch die Berichterstattung über ein virales Video der Washington Post verleumdet. Nun fordert er Millionen.
Ein 16 Jahre alter High-School-Schüler aus dem US-Bundesstaat Kentucky will die amerikanische Tageszeitung Washington Post verklagen. Nicholas Sandmann verlangt 250 Millionen Dollar (rund 220 Millionen Euro) Schadenersatz, weil die Zeitung ihn angeblich bewusst falsch dargestellt hat. In der öffentlich zugänglichen Anklageschrift heißt es, die Post habe ihn im Zusammenhang mit einem Zwischenfall Mitte Januar am Lincoln Memorial in Washington, DC, unrechtmäßig attackiert und schikaniert.
Hintergrund der Klage ist ein virales Video, das Mitte Januar für heftige Diskussionen in den amerikanischen Medien sorgte. Es zeigt Sandmann, wie er zusammen mit seinen Mitschülern einer katholischen High School einem indigenen Aktivisten gegenübersteht und ihn scheinbar provozierend angrinst. Während seine Mitschüler im Hintergrund Sprechchöre anstimmen, steht er gelassen lächelnd vor Nathan Phillips, der nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht trommelt und singt. Er und seine Mitschüler tragen dabei rote Schildmützen mit Donald Trumps Wahlkampfslogan, "Make America Great Again".
Millionenklage: Nicholas Sandmann streitet Fehlverhalten ab
Das Video brachte die stark angespannte politische Stimmung in den USA zum Überkochen. Viele interpretierten Sandmanns Verhalten als provokant und herablassend dem älteren Aktivisten gegenüber. Zahlreiche Medien, darunter auch die Washington Post, berichteten über den Vorfall und kritisierten das Verhalten der Schüler, die laut Phillips "Build that wall, build that wall" ("Baut die Mauer, baut die Mauer") riefen, in Anlehnung an Trumps Forderung nach einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Die Covington Catholic High School verurteilte kurz darauf das Verhalten der Schüler, auch in den sozialen Medien traf besonders Sandmann heftige Kritik. Schnell wurde der Zwischenfall als rassistisch und als Folge von Trumps spaltender Politik angesehen.
Was der kurze Videoausschnitt jedoch nicht zeigte: Die Schüler wurden bereits vor dem Zwischenfall von einer Gruppe religiöser Aktivisten, sogennanter Black Hebrew Israelites, beschimpft. In einem Interview erklärte Phillips später, er sei zwischen die beiden Gruppen gegangen, um die Situation zu deeskalieren. Er habe eine gewaltvolle Auseinandersetzung befürchtet. Auch Sandmann verteidigte sich nach dem Vorfall, wie die das Time Magazine berichtete; er sei Phillips gegenüber nicht respektlos gewesen. Auch Wochen nach dem Vorfall ringen die verschiedenen Seiten um die Deutungshoheit.
In diesem Video spricht Nathan Phillips über den Zwischenfall:
Klage gegen Washington Post: Familie sieht Sandmann als Opfer liberaler Medien
Nun fordert die Familie von Nicholas Sandmann Wiedergutmachung. Sie sehen die Washington Post als Aggressor, der ihren Sohn bewusst zum Opfer gemacht hat, weil er weiß, männlich und katholisch ist und zudem eine Trump-Mütze trug. Die Tatsache, dass die Schüler zuvor wohl an einer Anti-Abtreibungs-Demonstration teilgenommen hatten, passte demnach in das Narrativ liberaler Medien. Die Zeitung habe ihn als Inbegriff des typischen Trump-Wählers dargestellt, um so den Präsidenten in Verlegenheit zu bringen.
Sandmann, heißt es weiter in der Anklageschrift, sei unschuldig Opfer einer Hetzjagd geworden. Ähnlich hatten konservative Medien über den Vorfall berichtet; sie bezeichneten die Berichterstattung liberaler Medien als "liberal bullying", liberale Schikane. Um der Washington Post eine Lehre zu erteilen, verlangt Sandmann nun 250 Millionen Dollar - so viel, wie damals Amazon-Gründer Jeffrey Bezos 2013 für die Zeitung gezahlt hatte.
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