Erdbeben erschüttert England
Ein Erdbeben hat England erschüttert. Menschen liefen in Panik auf die Straßen.
London (dpa) - Die Erde in Großbritannien fing mitten in der Nacht an zu beben: Gläser klirrten, Betten wackelten, Vögel flatterten erschrocken aus den Bäumen, und Menschen rannten in Schlafanzügen panisch auf die Straße.
Das schwerste Erdbeben seit fast einem Vierteljahrhundert im Vereinten Königreich versetzte Tausende Menschen in der Nacht zum Mittwoch in Angst und Schrecken. Der Erdstoß mit einer Stärke von 5,2 war vom Epizentrum in Lincolnshire in Nordostengland bis nach Wales, Schottland und auch im 200 Kilometer entfernten London zu spüren. Der Schaden könnte nach Angaben der Versicherer zehn Millionen Pfund (rund 13 Millionen Euro) erreichen. Ein 19-Jähriger wurde verletzt, als der Schornstein im Haus einbrach.
"Das Haus sieht wie ein Schlachtfeld aus", erzählte der Vater des Verletzten, Paul Bates, aus dem nordenglischen Wombwell. "Von allem, was passieren kann, ausgerechnet ein Erdbeben. Ich hörte nur die Schreie meines Sohnes." Der hatte ferngesehen, als ihm ein 60 mal 60 Zentimeter großer Mauerbrocken von dem einstürzenden Kamin auf den Schoß fiel und ihm die Hüfte brach. "Es hätte auch schlimmer kommen können", fügte Bates jedoch hinzu. Das Epizentrum des Bebens, das sich um 00.56 Uhr (1.56 Uhr MEZ) ereignete und etwa zehn Sekunden dauerte, lag unweit der Kleinstadt Market Rasen in der Grafschaft Lincolnshire, die an die Nordsee grenzt.
Wenig später wurde ein kleineres Nachbeben registriert. Tausende Besorgte meldeten sich bei der Feuerwehr und der Polizei sowie bei Fernseh- und Rundfunksendern. Nach Angaben der Einsatzkräfte kam es zwar nicht zu größeren Schäden. Jedoch stürzten zahlreiche Kamine ein, Mauerwerk und Autos wurden zerstört und Dächer beschädigt. "Ich hatte große Angst. Der Lärm war wirklich furchteinflößend, er war so tief und grollend", schilderte Bev Finnegan aus Market Rasen. "Wir fürchteten, unsere Dächer würden runterkommen", fügte eine Nachbarin hinzu.
Auch in anderen Städten sorgte der Erdstoß für Panik. "Es hat mich zu Tode erschreckt", sagte Mark Shone aus dem westenglischen Chester. "Wir leben nahe einer Zugstrecke; ich dachte, "Mensch, das ist aber ein bisschen spät für einen Zug", und dann begann mein Wasserglas auf dem Nachttisch zu tanzen." Seine Partnerin, die in London lebt, habe gedacht, eine Bombe sei hochgegangen. "Es war extrem beängstigend. Die Bücher sind aus den Regalen geflogen, und der Lampenschirm krachte auf den Boden", erzählte Jacky Dickins aus Leeds.
Erdbeben sind in Großbritannien nicht ungewöhnlich, jedoch in dieser Stärke selten. Der Britisch Geologische Dienst verzeichnet nach eigenen Angaben pro Jahr rund 200 Erdbeben, von denen jedoch nur 25 für die Bewohner spürbar sind. "Dies ist für unsere Verhältnisse ein recht bedeutendes Erdbeben", sagte Brian Baptie. Ein Beben dieser Stärke würde alle 10 bis 20 Jahre vorkommen. Es ist das schwerste in dem Inselkönigreich seit 1984 Wales von einem Erdstoß der Stärke 5,4 erschüttert wurde. Das schwerste Erdbeben in Großbritannien wurde im Juni 1931 mit einer Stärke von 6,1 verzeichnet.
Einigen brachte das Beben allerdings auch Glück im Unglück: Durch den Erdstoß wachten eine Mutter und ihr Sohn auf, in deren Wohnung in Birmingham ein Feuer ausgebrochen war. Alle Nachbarn des Wohnhauses konnten so rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden, teilte die Feuerwehr mit.
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