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20.12.2006

Exklusiv-Interview mit Pur-Frontmann Hartmut Engler

ARCHIV: Der Saenger der deutschen Pogruppe "Pur", Hartmut Engler, singt im UFA-Studio in Berlin waehrend einer Benefiz-Sendung (Foto vom 05.10.05). "Pur"-Saenger Hartmut Engler ist in einer Notoperation eine Zyste an den Stimmbaendern entfernt worden. Erst nach einer Woche habe sich herausgestellt, dass die Geschwulst gutartig war und kein Krebsverdacht mehr vorliege, berichtete die "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe vom 07.10.05). (zu ddp-Text)Foto: Soeren Stache/Pool/ddp
Foto: bs/oc

Seit mehr als 25 Jahren treten fünf nette Männer in Jeans und Hemd in unveränderter Besetzung auf - die Rede ist von "Pur". Unser Redaktionsmitglied Till Hofmann unterhielt sich  mit Pur-Frontmann Hartmut Engler (45) über das Geheimnis des Erfolges, Deutsch als Liedsprache und die schwäbische Provinz. Lesen Sie hier das komplette Interview:

"Silberhochzeit" haben sie nicht groß gefeiert. Seit mehr als 25 Jahren treten Hartmut Engler (Gesang), Ingo Reidl (Keyboards), Joe Crawford (Bass), Rudi Buttas (Gitarre) und Roland Bless (Gitarre, Gesang) in unveränderter Besetzung auf. Von einer Schülerband im baden-württembergischen Bietigheim hat sich Pur zur erfolgreichsten deutschen Popgruppe entwickelt.

Unser Redaktionsmitglied Till Hofmann unterhielt sich vor dem diesjährigen Abschlusskonzert in München (21. Dezember) mit Pur-Frontmann Hartmut Engler (45) über das Geheimnis des Erfolges, Deutsch als Liedsprache und die schwäbische Provinz.

: Am 21. Dezember ist die Münchner Olympiahalle die letzte Station der Deutschlandtournee von Pur. Wie geht's dann für Sie weiter? Was machen Sie an Weihnachten?

Es gibt da mehrere Optionen, wahrscheinlich bin ich irgendwo im Schnee in der Schweiz. Ich werde meine Kinder da haben und Silvester mit ihnen feiern. Darauf freue mich, weil ich meine beiden Kinder im Moment natürlich nicht viel sehe.

: Sprechen wir über das "Phänomen Pur". Der Erfolg ist schier unglaublich. Macht man sich Gedanken darüber,  warum es die Band geschafft hat, so lange in der Erfolgsspur zu bleiben?

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Man nimmt das dankend an und hofft einfach, dass es nicht nachlässt. Aber diese große interessante Frage, warum ist das so, die stellen wir uns eigentlich weniger. Wir stecken da einfach mittendrin. Auf der Tournee hat es viele rauschende Feste gegeben - vor vielen tausend Menschen. Man lebt da in den Tag hinein und genießt es. Aber warum und wieso, das müssen andere Leute entscheiden.

: Haben Sie noch nen Überblick, wie viele Konzerte Sie in all den Jahren gegeben haben?

: Keine Ahnung. Wir haben mal so grob geschätzt. Es müssten um die 1500 sein im Laufe der Pur- Geschichte.

: Pur-Geschichte heißt...?

: 25 Jahre und noch davor, also die Schülerband eigentlich. Für vier von uns fünf heißt das 30 Jahre.

: "Crusade" war die Schülerband. "Opus" hieß Ihre Gruppe ursprünglich. Dann haben Sie sich wegen einer österreichischen Band gleichen Namens, die damals mit "Life Is Life" erfolgreich war, umbenannt in "Pur". Wie sind Sie auf den Namen gekommen?

: Das wissen wir auch nicht so richtig. Wir waren bei unserem Lieblingsitaliener und mussten uns umbenennen. Und am Morgen danach war nur das übrig, was Sinn gemacht hat.

: Und der Lieblingsitaliener hat sein Ristorante in Bietigheim-Bissingen.

: Ja. Es ist klar, dass wir dort zusammensitzen, wo wir her sind. Dann haben wir eines noch gewusst: dass wir einen neuen Namen brauchen, weil es eben diese österrreichische "Opus"-Band gab...

:  ...von der längst keiner mehr redet.

: Lustigerweise waren die unsere Vorgruppe, als wir auf dem Donauinsel-Festival gespielt haben, ich glaube im Jahr 2000 war das.

: Und wie blieb dann "Pur" übrig?

Das hat einfach zu uns gepasst. Man muss das sprachgeschichtlich so interpretieren, dass wir das Wort "pur" definitiv wieder zur Mode gemacht haben. Denn damals gab es "pur" nur im Zusammenhang mit einem Waschmittel, das mangels Verkaufserfolg in den 50er Jahren schon eingestellt war. Wir dachten, "Pur" ist ein schönes Wort. "Pur" ist  direkt, unverdünnt, geradeaus...

: ..rein und authentisch.

:  Genau. Rein und authentisch, so versuchten wir unsere Musik zu machen. Und nachdem wir 1995/96 dann mit "Abenteuerland" den absolut größten Erfolg einer deutschen Band überhaupt hatten, gab's dann plötzlich im ZDF eine Jugendsendung, die "Pur" hieß, es gab "Abenteuer pur"  mit ner Zigarettenmarke, es gab kleine Schokoladeteilchen, die hießen "Pur Merci". Und plötzlich hat eine Ansagerin im Fernsehen nicht mehr gesagt, "Wir wünschen gute Unterhaltung" oder "Wir wünschen Hochspannung". Es hieß vielmehr: "Wir wünschen
Spannung pur" oder "Unterhaltung pur" und "Sport pur". Es gibt übrigens diesen Buch-Bestseller, "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod". Da gibt es ein ganzes Kapitel über das Wort "Pur" und über uns und dass wir uns einen anderen Namen ausgesucht hätten. Wir sind da lobend erwähnt, dass wir es durchgezogen haben.

: Phänomen pur: Geht's Ihnen nicht ein bisschen mit Ihrer Musik wie mancher Fast food-Kette. Keiner will dort gegessen haben, aber doch sind hunderttausende Hamburger weg.

: Das ist ein Journalisten-Ding: Wir gewissermaßen als musikalische "Lindenstraße". Jeder schimpft und trotzdem sehen sie alle. Oder in unserem Fall: hören unsere Musik. Oft lese ich, dass wir polarisieren. Und entweder liebt man uns oder hasst man uns.

: Ich glaube gar nicht so sehr ans Polarisieren. Vielleicht ist das nur eine Folge der Annahme, dass es ein bisschen seicht und oberflächlich zugeht bei Pur. Dabei wird in den Texten alles andere als eine schöne, glatte Welt beschrieben. Es geht um sehr persönliche Dinge, um biographische Brüche, um entscheidende Weichenstellungen im Leben wie Kinder, aber auch um Trennung.

: Es ist definitv so, dass es nicht so superschick ist und so angesagt, zu sagen: "Hallo, ich bin Pur-Fan"und "Ich war auf nem Pur-Konzert". Wenn man sagt, "Ich war bei Robbie Williams", dann finden das alle schick. Und wenn man sagt, "Ich war bei Pur", finden das eben nicht alle schick.  Dennoch bleibe ich dabei: Das Ganze ist ein Journalisten-Ding, denn ich erlebe die Welt ja täglich so, dass mich Leute ansprechen, mir sagen, "Hallo, Pur find ich toll". Und ich erlebe selten jemand, der mir hinterher ruft: "Du bist ein Idiot, weil Du so singst".  Also, das mit Polarisieren und dem Lieben und dem Hassen, na ja. Ich denke, es gibt ganz viele Leute, denen wir was mitgeben können mit unserer Musik. Und das ist schön. Den Rest interessiert es nicht. Es gibt einfach unterschiedliche Geschmäcker. Wenn sich jemand nicht angesprochen fühlt von dem, was ich zu singen habe, dann muss er das auch nicht. Ich lebe ganz gut damit, dass es ziemlich viele gut finden. Und im Moment erleben wir auf unsern Konzerten sowieso eine Woge der Begeisterung

: Ich wühle trotzdem noch ein wenig in der Klischee-Schublade und stoße ziemlich schnell auf Eure Heimat Bietigheim-Bissingen. In dem Ortsnamen ist das Wort "bieder" ja fast schon angelegt. Sind Ihnen solche Vergleiche wurst oder beschäftigt Sie das?

: Das ist mir inzwischen eigentlich relativ wurst. Unser neues Album heißt "Es ist, wie es ist" und wir sind, wie wir sind. Wir kommen aus der Provinz und wir werden  keine hippen Großstädter, nie. Keiner von uns hätte Lust nach München oder nach Berlin zu ziehen. Wir sind da, wo wir sind eigentlich gut aufgehoben. Und es ist in der Tat, denke ich, so - auch wenn wir in München unser Abschlusskonzert geben - dass 80 Prozent des Publikums nicht direkt aus München kommt,  sondern aus dem Umfeld.

: Was macht das Leben in der Provinz so reizvoll?  

: Na gut, ich kenne jetzt nicht jede Provinz. Aber es gibt die Provinz, in der ich lebe. Wie man weiß, können wir in Baden-Württemberg alles außer Hochdeutsch. Das kann ich inzwischen auch noch ganz gut. Und es ist so, dass ich ne Anbindung hab zum Flughafen, in eine attraktive Großstadt wie Stuttgart gehen kann oder aber in die andere Richtung 15 Minuten fahre, dann bin ich in einer völlig ländlichen Gegend. Das ist für mich dann Zuhause, weil ich da aufgewachsen bin, weil mich die Leute da kennen. Das macht den Unterschied zu allen anderen Regionen aus. Da bin ich der Hartmut und nicht der "Herr Engler" von "Pur".

: Seit 1980 treten Sie in unveränderter Formation auf. Wie macht man das über all die Jahre? Kann so eine Beziehung ohne Spannungen abgehen? Wie gelingt der Zusammenhalt?

: Es gibt keine Choleriker bei uns. Wenn es Dinge zu diskutieren gibt, dann werden die angesprochen, sachlich. Auch wenn es manchmal weh tut, werden Entscheidungen getroffen, die meistens mehrheitlich getragen sind. Und dann haben wir natürlich auch noch das machen dürfen, was man sich nur leisten kann, wenn der Laden gut läuft, wir haben einfach vergrößert. Früher waren wir zu Fünft im Bandbus oder zu Acht mit unseren drei Chef-Roadies. Inzwischen sind wir schon mal acht Musiker auf der Bühne. Wir haben drei gewissermaßen "adoptiert", die heißen jetzt auch alle "Pur". Und es gibt das Management drumrum mit sechs Mitarbeitern, die das ganze Jahr nur für uns arbeiten. Es gibt die ganze Crew mit 60 Mitarbeitern, die mit sieben Trucks und drei Reisebussen mit uns fährt. Die Bandmitglieder müssen nicht immer ihre Köpfe zusammenstecken. Wir haben genügend Freiraum. Nach so vielen Jahren ist aber auch klar, dass man in der Garderobe sitzt und sich auch mal drei Stunden lang anschweigt, weil man sich alle Witze schon erzählt hat. Das hat nichts mit schlechter Stimmung zu tun. Wir haben außer der "Pur"-Familie alle unsere eigenen Familien mit Kindern und Frauen. Das muss man alles unter einen Hut bringen. Aber wie gesagt, ganz wichtig: Keine Choleriker, keine Extrem-Menschen, die durchdrehen oder die Fassung komplett verlieren, das gibt's nicht. Wir haben Respekt voreinander und gehen höflich miteinander um. 

: Wohnen die Musiker von Pur alle in der Umgebung?

: Ja, in einem Umkreis von zehn Kilometern. Da ist ein Büro, da ist das Studio. Da sind alle Häuser von uns. Wenn wir uns zusammentelefonieren, können wir uns innerhalb von 15 Minuten treffen.

: Die Konzerte sind ein ziemlicher Schlauch. Wie halten Sie sich fit? Sie laufen gerne. Klappt es regelmäßig mit Jogging?

: Ich komme im Moment gar nicht mehr dazu. Es gibt eine Laufsportgruppe, da bin ich normalerweise auch mit dabei. Ich habe in der Vorbereitung auf die Tour viel Sport gemacht. Aber wenn ich abends auf die Bühne gehe, dann kann ich nicht tagsüber noch eine Stunde joggen, ich bin da viel zu Fuß  unterwegs, zweieinhalb Stunden Hochkonzentration. Und inzwischen - ich bin jetzt 45 geworden während der Tour - ist es so, dass ich die freien Tage  dann auch zur kompletten Regeneration benutze. Mir tun dann wirklich die Kniegelenke weh und der Rücken tut weh und ich liege viel im Hotelzimmer und gucke fern, DVD, höre Musik, lese.

: Sie haben mir gesagt, Sie vermissen ihre beiden Kinder. Was hilft dem Vater, seinen Sehnsuchts-Schmerz zu lindern?

Ich habe wirklich Probleme damit, meine Kinder so lange nicht zu sehen. Das ist etwas, was einem gar nicht schmeckt auf der Tour. Telefonieren als kleiner Ausgleich? Na ja. Wer Kinder hat in dem Alter, acht und zehn, der weiß, dass sie nicht gern telefonieren. Da kann ich mich noch so sehr bemühen und zehntausend Fragen stellen.

: Gibt es ein Pur-Album, von dem Sie behaupten könnten, das ist das persönlichste?  

: Von Pur? Also wenn ich jetzt eines heraushebe, würde ich den anderen unrecht tun.
Wir haben immer für die Lebenssituation, in der ich als Texter war und in der wir als Musiker waren, das Optimale rausgeholt. Ich würde es andersrum sehen: Da gibt es kein Album, bei dem ich sagen würde, das ist schlecht. Aber im Moment ist natürlich mein Hauptaugenmerk auf dem neuen, weil darauf meine aktuellen Geschichten sind.

: Eine dieser aktuellen Geschichten bezieht sich auf die gesundheitlichen Probleme, die Sie im vergangenen Jahr hatten.

: Ich hatte ein riesen Stimmband-Problem.

: Wie ist es dazu gekommen?

: Ich hatte zwei, drei Jahre zuvor schon mal unglaublich mit Heiserkeit zu kämpfen, die nicht normal war. Ich habe immer gedacht, das liegt am Alter. Irgendwann ging gar nichts und dann habe ich die Stimme mal genauer untersuchen lassen.

. Heißt das, Sie haben keinen Ton mehr rausgebracht?

: Ja, ich konnte nicht mehr singen. Ich konnte sprechen mit zehnmal Räuspern,  also immer (räuspert sich) mit diesem Ding, verschleimte Stimmbänder. Und dann hat man festgestellt, dass ich eine Einblutung hatte. Das Stimmband hat geblutet, obwohl es ohnehin nicht stark durchblutet ist. Aber es hat geblutet und ich hatte eine große Zyste. Der Arzt hat vermutet, dass es Stimmbandkrebs ist. Das hat sich zum Glück nicht bewahrheitet. Man hat die Zyste weggelasert. Das mit dem Bluten konnte man nicht klären, warum und wieso. Da schwingt bis heute noch ein bisschen Angst, dass das irgendwann mal wiederkommt. Aber die Stimme ist wieder absolut okay und nach vier Monate langem intensiven Training mit einer Logopädin bin ich auch in der Zwischenzeit in der Lage, "gesund" zu singen. Früher habe ich nur gebrüllt.

: Haben Sie eine falsche Atemtechnik benutzt?

: Man kann das auch an der Atemtechnik festmachen. Kurz gesagt geht's darum, einfach die Ressourcen zu nutzen, die man hat. So lange die Stimme mitmacht, ist es okay. Jetzt  gehe ich täglich damit um, hab mein Einsingprogramm von der Kassette, die meine Logopädin mit mir erarbeitet hat. Und dann singe ich mich von 19 Uhr bis 19.30 Uhr vor dem Konzert warm, mache mir vorher auch keinen Kopf, ob das heute Abend gut wird, weil ich Vertrauen hab in die ganze Technik, die ich entwickelt habe. Inzwischen geht's ganz hervorragend.

: Ihre Situation hat Sie auch psychisch sicherlich stark belastet.

: Das war nicht so einfach.

: Es geht um die Ungewissheit: Was macht die Verletzung oder die Krankheit mit mir? Kann ich meinen Beruf weiter ausüben? Wie geht man mit diesen Fragen, mit der ganzen Situation um?

: Das ist in dem Lied "Es ist wie es ist" beschrieben. Es ist das Warten, die kleine Sterbenszeit. Die Ungewissheit glotzt von weißen Wänden. Das ist die Situation, wenn man im Wartezimmer sitzt und der Arzt einem sagen muss, wo die Reise hingeht: Muss man sich komplett umstellen oder wird's wieder? Ich hatte mich darauf eingestellt, ich hab mir Gedanken gemacht, wie es sein müsste, wenn es jetzt nicht mehr so geht. War schwierig, war sauschwierig. Ich weiß ja, was ich am allerliebsten mache. Wenn das nicht mehr geht, dann bin ich als Mensch eine deutlich ärmere Figur, aber es würde auch dann weitergehen.

: Zugeständnis an Ihre Stimme: Die Lieder werden eine Tonlage tiefer gespielt als früher.

: Ja es ist wirklich so mit den alten Stücken. Die neuen machen wir ohnehin so, dass es für mich okay ist. Als Sänger hatte ich auch meine Sturm- und Drangphase mit Mitte Zwanzig. Dann will man alles überbrüllen und noch höher und noch lauter sein. Die Stücke aus dieser Zeit, die haben wir einen Ton runter genommen. Das merkt aber kein Mensch.

: Ehrt es Sie, wenn Pur als Lebenshilfe-Band bezeichnet wird?

: Ich habe kein Problem damit. Es ist für viele Leute so, dass sie Briefe schreiben, dass sie sagen "Eure Lieder begleiten mich durch das ganze Leben, durch den ganzen Tag. Wenn ich traurig bin hör ich das, wenn ich glücklich bin, hör ich das. Ich hab einen Mix mir zusammengesellt fürs Auto mit lauter Musik und ich hab was zu Hause mit euren ruhigen Stücken, wo ich besinnlich werde." Wenn das unter Lebenshilfe verstanden wird, dann fühle ich mich wohl damit.

: Wie geht's weiter nach Konzert-Tournee und Weinachtsurlaub? Bereiten Sie eine neue CD vor?

: Nein, nein. Auf der Tour etablieren wir jetzt gerade mal unsere neuen Stücke. Ein großer Auftritts-Termin steht 2007 schon fest: am 8. September in der Arena "Auf Schalke".

: Die haben Sie quasi ja miteröffnet..

: Ja genau und alle Jahre wieder. Wir haben es 2001 gemacht, 2004. Und  2007 gibt's eben wieder "Pur and Friends" auf Schalke, mit klassischem Orchester, mit allem drum und dran.

: Ihre Bühnenschow ist viel größer als noch vor einigen Jahren. Verliert Pur damit an Authentizität? Haben Fans damit Probleme?

: Nee, nee. Wir erleben es ja gerade Abend für Abend. Das ist Euphorie pur. Wir sind happy. Ich würde sagen, wenn ich anfange im Armani-Anzug über die Bühne zu rennen, dann stimmt was nicht. Aber wenn die Leute die  gigantische Show loben und die Jungs und ich immer noch in Turnschuhen und Zottelhemd in der Gegend rumlaufen, dann, so denke ich, haben wir uns nicht verändert. Wir haben einfach versucht, großes Entertainment zu machen.  Großes Kino.

: Also ist alles so geblieben, wie es immer schon war.

: Man verändert sich natürlich. Mit 25 ist man anders als mit 45. Aber die Grundlage dessen, was wir tun, ist die gleiche geblieben.

: Wie finden Sie Ihre Themen und wie verarbeiten Sie diese dann? Es gibt Leute, die haben ihren Block oder einen Zettel auf dem Nachttisch liegen. Wenn sie ein Gedankenblitz durchzuckt, machen sie das Licht an und schreiben es auf. Wie läuft das bei Ihnen ab?

: Das ist so: Eine Zettelwirtschaft habe ich auch. Es ist schon grundlegend, dass ich mir was Wichtiges  notiere. Aber das handelt sich dann meistens um Ideen, das ist noch nicht mal ein Zweizeiler. Ich sage einfach, ich will, das interessiert mich. Dann muss ich die Sache mit Ingo besprechen. Und wir schauen, ob wir das zusammenkriegen, Musik und Text. Meistens ist zuerst der Refrain da. Ingo schreibt die Musik - aber erst, wenn er sich mit mir abgesprochen hat. Er schreibt gewissermaßen die Filmmusik auf das Thema, das wir beredet haben. Ich versuche dann erst mal diese zwei oder drei Hauruck-Zeilen, die den Refrain ausmachen, zu finden. Und um die herum strickt man dann den ganzen Inhalt. Die ganze Arbeit besteht eigentlich darin, sich hinzusetzen und das ganze Konglomerat
von Assoziationen und Ideen, das man zu einem Thema hat, in 12, 16, 24 Zeilen zu fassen, um es in Liedform zu pressen. Und das ist mein Job.

: Ist die deutsche Sprache dabei hilfreich? Oder ist sie eher hinderlich in diesem Prozess?

:  Es ist schon schwierig. Die deutsche Sprache ist in Prosa kein Problem, aber in der Poesie ist sie schon immer ein Problem gewesen, weil sie hart und eckig klingt. Aber es ist meine Muttersprache. Und ich habe Anglistik und Germanistik studiert. Das hilft auch ein bisschen.

: Wollte Pur nie in Englisch was machen?

: Ich habe 2005 eine Soloplatte in Englisch gemacht, obwohl ich ganz wenig, eigentlich nur einen Text komplett selbst geschrieben habe. Das ist nicht mein Ding, habe ich gemerkt. Ich denke und träume deutsch. Das ist einfach so.

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