Totgeglaubter Kanufahrer unter Betrugsverdacht
Möglicherweise ist das Rätsel um den totgeglaubten und nach fünf Jahren wieder aufgetauchten Kanufahrer aus Großbritannien jetzt gelöst. Der 57-Jährige wurde von der Polizei festgenommen. Ist der Mann ein Betrüger?
London (dpa) - Der totgeglaubte und nach fünf Jahren wiederaufgetauchte britische Kanufahrer steht offiziell unter dem Verdachtdes Betrugs. Er wurde aus diesem Grund in der Nacht zum Mittwochfestgenommen.
Das teilte der Leiter der Ermittlungen,Hauptkommissar Tony Hutchinson, bei einer Pressekonferenz mit. Zugleichappellierte er an potenzielle Zeugen, die Auskunft über den Aufenthaltund die Tätigkeit des 57-jährigen John Darwin seit Juni 2000 gebenkönnten, sich bei der britischen Polizei zu melden. Der Aufruf gelteweltweit, sagte Hutchinson. Darwin beharre bei seinen Vernehmungendarauf, dass er sich an nichts mehr erinnern könne, was seitdem inseinem Leben geschah. "Wir wollen jetzt exakt rekonstruieren, wo sichDarwin seit seinem Verschwinden aufgehalten hat", sagte Hutchinson.
Derweilhofft die Polizei nach Angaben des Hauptkommissars, möglichst bald dieheute in Panama lebende Ehefrau von Darwin befragen zu können. Siehatte ihren Mann am 21. März 2002 als vermisst gemeldet. Im Mai desselben Jahres hatte sie ein zerbrochenes Kanu als das Boot ihres Mannesidentifiziert. Er sei damit auf die Nordsee hinausgepaddelt und niewieder zu ihr zurückgekehrt, gab sie an. Darwin war daraufhin für toterklärt worden.
Darwin soll nun unter anderem zu einem jetztaufgetauchten Foto befragt werden, das angeblich ihn und seine Frau ander Seite eines Immobilienmaklers in Panama zeigt. Das Bild wurde vonder Zeitung "Daily Mirror" veröffentlicht. Es soll vor einem Jahrentstanden sein, als sich Darwin und seine Frau Anne (55) in demsüdamerikanischen Land nach einer Bleibe umgeschaut haben sollen.
FrauDarwin hat sich nach Medienangaben vor sechs Wochen nach Panamaabgesetzt. Vorher hatte sie die zwei Häuser verkauft, die sie gemeinsammit ihrem Mann besaß. Der Erlös wird auf umgerechnet rund 700 000 Eurogeschätzt. Sie hatte zudem die Lebensversicherung für ihren Mannkassiert, wie sie gegenüber Reportern bestätigte. "Ich dachte dochehrlich, er sei tot", sagte sie. Nach Angaben der "Sun" war Darwin hochverschuldet, als er 2002 scheinbar bei einem Bootsunfall ums Leben kam.
Nunkönnte die Sache auch für die Polizei selbst peinlich werden: Ermittlerim nordostenglischen Bezirk Hartlepool, wo die Darwins seinerzeitlebten, hatten das Verschwinden des Mannes bereits nach einem Jahr für"unverdächtig" erklärt, berichtete die "Daily Mail". Der Mann sei mitgrößter Wahrscheinlichkeit tot und es gebe keinen Anlass für weitereNachforschungen. Deshalb habe die Lebensversicherung, deren Höhezunächst nicht bekannt wurde, schließlich ausgezahlt werden müssen.Normalerweise können vermisste Personen in Großbritannien frühestensnach sieben Jahren für tot erklärt werden.
Nachbarn in derkleinen Küstenortschaft Seaton Carew, einem früheren Wohnort desEhepaares im Nordosten Englands, sollen jedoch Anzeichen dafür bemerkthaben, dass Darwin sich im dortigen Haus der Familie versteckt gehaltenhabe. Dazu soll es immer wieder Gerüchte und auch anonyme Hinweise andie Polizei gegeben haben.
Anderseits hieß es in britischenMedien, der Totgeglaubte der vor seinem Verschwinden alsGefängnismitarbeiter tätig war, habe sich seinerzeit wahrscheinlichnach Amerika abgesetzt. Er habe dort mit einer Frau zusammengelebt, dieer über das Internet kennengelernt habe. Laut "Sun" fanden Ermittlerauf Darwins Computer E-Mails, die darauf hindeuten. Zudem habe diePolizei bereits vor Monaten Hinweise erhalten, wonach der Totgeglaubtequicklebendig sei.
Nur wenige Stunden vor Darwins Festnahme hattees so ausgesehen, als ob der Fall ein Happy End haben könnte. DarwinsEhefrau meldete sich aus Panama und kündigte gegenüber britischenReportern eine baldige Familienzusammenführung an. Von der sagenhaftenRückkehr ihres Gatten habe sie durch ihren Sohn erfahren. "Er rief michan und sagte: "Falls Du stehst, setz Dich hin. Ich habe hier meinenVater neben mir.""
Zurückkehren will Anne Darwin vorerst jedochnicht. Sie habe zunächst noch Probleme mit ihrem Visum für Panama zulösen und warte zudem auf die Anlieferung ihres Umzugsgutes, sagte sieReportern. Zugleich wies Frau Darwin alle Verdachtsmomente von sich."Die Leute können denken, was sie wollen - ich kenne die Wahrheit." Unddie Lebensversicherung werde "möglicherweise" zurückgezahlt. "Das istnur eine von den vielen Sachen, mit denen ich jetzt erstmal fertigwerden muss."
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