Feuerinferno in Russland: Opferzahl steigt auf 111
Moskau (dpa) - Trauer und Wut nach einer der schlimmsten Brandkatastrophen in Russland seit Jahren: Bei einem Feuerinferno in einem Nachtclub der Stadt Perm sind mindestens 112 meist junge Menschen bei der Flucht zu Tode getrampelt worden oder erstickt.
Der Lokalbesitzer hatte vor der Tragödie mehrfach Sicherheitsauflagen ignoriert und wurde verhaftet, teilten die Ermittler am Sonntag nach Angaben der Agentur Interfax mit.
Staatstrauer am Montag
Der Brand war in der Nacht zum Samstag in der Millionenstadt rund 1400 Kilometer östlich von Moskau ausgebrochen, als etwa 250 Menschen in dem Lokal feierten. Auslöser waren vermutlich Feuerwerkskörper, die den Deckenbehang aus Reisig und Plastik entzündeten. Dabei wurden auch etwa 130 Gäste verletzt. Kremlchef Dmitri Medwedew ordnete für diesen Montag Staatstrauer an.
Die ersten Opfer wurden am Sonntag in Perm beigesetzt. Im Zentrum der Stadt am Ural legten zahlreiche Menschen vor der Brandruine sowie vor einer Leichenhalle Blumen nieder. Dabei sei auch Zorn auf den Betreiber des Lokals "Lahmendes Pferd" laut geworden, hieß es. Der Unternehmer sei wegen Verstößen gegen die Brandschutzverordnung aufgefallen, dies habe aber nie Folgen gehabt.
Die Polizei nahm insgesamt fünf Verdächtige fest. Regierungschef Wladimir Putin forderte eine harte Bestrafung. "Diese ungeheure Katastrophe muss sorgfältig untersucht werden", sagte der frühere Kremlchef. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, Blut zu spenden. Mehr als 80 Verletzte wurden in Spezialkliniken nach Moskau und St. Petersburg geflogen.
Ein Bild des Grauens
Auf privaten Videoaufnahmen, die das russische Fernsehen ausstrahlte, ist zu sehen, wie erste Flammen aus den Matten aus Reisig an der Decke des Clubs schlagen. Augenzeugen zufolge hatte das Lokal nur einen einzigen schmalen Ausgang.
Den eintreffenden Rettungskräften bot sich ein Bild des Grauens. Zahlreiche Verletzte wanden sich stöhnend vor Schmerzen auf der Straße, im Eingangsbereich des Lokals stießen die Helfer auf Dutzende Leichen. "Sie hatten keine Chance", sagte ein Sprecher der Rettungskräfte. Nach Angaben von Zivilschutzminister Sergej Schoigu haben viele Verletzte mit schwersten Brandwunden nur geringe Überlebenschancen. Viele meist junge Menschen seien durch die Wunden ihr Leben lang gezeichnet.
Bundespräsident Horst Köhler sowie die Stadt Duisburg, Perms deutsche Partnerstadt, kondolierten der russischen Führung. "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünsche ich baldige Genesung", heißt es in einem in Berlin veröffentlichten Beileidsschreiben von Köhler. Nach Angaben der Stadtverwaltung von Perm bot Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) Hilfe an.
Innenminister kündigt Razzien an
Parlamentspräsident Boris Gryslow kündigte an, eine Gesetzänderung in die Duma einbringen zu wollen. Nachtclubs wie das Lokal in Perm müssten künftig mit mehr Notausgängen und mit schwer entflammbarem Material besser gegen Brände gewappnet sein, sagte Gryslow am Sonntag in Moskau. Innenminister Raschid Nurgalijew kündigte Razzien auf Wochenmärkten in Russland an, um illegale Feuerwerkskörper aus dem Verkehr zu ziehen.
In Russland kommen bei Bränden immer wieder viele Menschen ums Leben, da oft elementare Sicherheitsregeln missachtet werden. Nach Angaben Moskauer Medien sterben jedes Jahr mehr als 17 000 Menschen in dem Riesenreich bei Feuerkatastrophen. Am Sonntag kam bei einem Wohnungsbrand in Jekaterinburg eine fünfköpfige Familie ums Leben.
Unmittelbar nach dem Unglück in Perm hatten die Behörden zunächst von einer Explosion als Ursache gesprochen. Die Ermittler schlossen ein Attentat jedoch aus. Erst vor gut einer Woche war in Russland ein Bombenanschlag mit mindestens 26 Toten auf den Schnellzug Moskau- St. Petersburg verübt worden. Zu der Bluttat bekannten sich islamistische Extremisten aus dem Konfliktgebiet Nordkaukasus.
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