Trend: Dieses Jahr darf der Garten wild aussehen
England feiert die berühmteste Gartenmesse der Welt. Dabei zeigt sich: Auch die Queen ist eine Gärtnerin. Und eine Schauspielerin stellt eine gewagte Behauptung auf.
Die Pfennigabsätze ihrer schwarzen Pumps sinken im nassen englischen Rasen ein. Es schüttet wie aus Kübeln, selbst die meisten Blüten schließen sich ob des grauen Londoner Frühlingstags und lassen ihre Schönheit nur erahnen. Die Sängerin mit den halb nackten Füßen, sie gehört zur britischen C-Prominenz, ist trotzdem „entzückt“. Immerhin holt sie sich ihre Erkältung auf der Chelsea Flower Show, der berühmtesten Gartenmesse der Welt, die ab morgen für die Öffentlichkeit zugänglich ist. 165.000 Gäste werden erwartet.
Nicht nur die besten Gärtner und größten Blumenfans pilgern in die britische Hauptstadt. Die Schau bildet auch den Auftakt der gesellschaftlichen Saison, sie ist ein Pflichttermin für Adlige und Promis auf der Insel. Also setzt sich die Oberschicht ihre Hüte auf, schmeißt sich in die besten Kleider und gibt in den mühevoll angelegten Designergärten unter Regenschirmen Interviews. Mieses Wetter? „Das gehört doch zu uns Briten dazu“, sagt eine Besucherin strahlend, während sie einen Garten bewundert, in dem am frühen Morgen bereits Prinz Harry im Regen stand. Gewidmet wurde er „Sentebale“, einem Wohltätigkeitsverein, den der Royal mitbegründet hat und der arme Kinder im afrikanischen Lesotho unterstützt.
Die Königsfamilie gärtnert gerne
Am Abend dann: Auftritt der Königin. Elisabeth II. selbst hat erklärtermaßen ein großes Interesse an dem britischen Volkshobby und noch mehr ihr Sohn, Thronfolger Prinz Charles, der von seiner Mutter vor einigen Jahren sogar eine Ehrenmedaille für nachhaltiges Gärtnern verliehen bekommen hat.
Seit 1913 findet die Messe im Nobelstadtteil Chelsea statt, aber bereits 1827 wurde in Chiswick im dortigen Garten der Gesellschaft eine Ausstellung organisiert. Dieses Jahr fallen viele Gärten durch ihr wildes Aussehen und natürliche Bepflanzungen auf. Im Trend liegen zudem Wasserkonstruktionen, fließende Formen und Skulpturen.
Am Rande der Gartenkunst gibt es Champagner und Pimm’s, Fish ’n’ Chips und Hühnchen. Das Angebot ist so breit wie die Besucherschicht, von denen die einen in edlen Polstersesseln eine Pause einlegen, während die anderen auf Plastikstühlen hocken. Auf der Insel ist alles, was mit Gärten und Gärtnern zu tun hat, eine Lebenskultur. Egal, ob auf einer Dachterrasse, in einem winzigen Vorgarten oder einem Park, die Briten leben für ihre Gärten – kein Wunder, dass es im Vereinigten Königreich und vor allem in London so viele Grünflächen gibt, die liebevoll gepflegt und ständig besucht werden. „Wir haben nicht nur eine Leidenschaft dafür, sondern sind besessen davon“, sagt Schauspielerin Joanna Lumley, deren Filmkarriere als Bondgirl in den 70er Jahren begann, unserer Zeitung. Dabei spiele auch eine andere Obsession eine Rolle. „Wir lieben es, übers Wetter zu sprechen“, so Lumley. Das Wetter und das Gärtnern seien eng verbunden. Das Ex-Model posiert mit einer Rose für die Fotografen, nur unweit entfernt sind thailändische Gebäude aus tausenden Orchideenblüten nachgebaut, in derselben Halle wachsen aus einer Teekanne und Teetassen Blumen. „Ein großer Teil des Gärtnerns ist Träumerei“, sagt Lumley. Und dann, etwas gewagt: „Wir sind nun mal ein romantisches Volk.“
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