135 Euro Strafe: Frankreich geht gegen Zigarettenstummel vor
Wer in Frankreich einen Zigarettenstummel einfach wegschnippt, wird zur Kasse gebeten. Nun nimmt der Staat auch die Tabak-Industrie in die Pflicht.
Einmal ragt die Zigarette aus seinem linken Mundwinkel, einmal aus dem rechten. Auf einem Foto lehnt der junge Alain Delon lässig gegen eine Sitzbank und stößt den Qualm gelangweilt in die Luft, auf einem anderen zündet er sich an einem Bistro-Tisch sitzend eine Kippe an. Zahllose Bilder zeigen den Schauspieler beim Rauchen, ähnliche gibt es von Serge Gainsbourg, Catherine Deneuve oder Jean-Paul Belmondo. Sie sind meist schon ein paar Jahrzehnte alt und stammen aus Zeiten, als der Glimmstengel sozusagen ein Ausdruck des französischen Savoir-vivre war, von Eleganz und Coolness.
Die Zeiten haben sich geändert. Zwar gehören die Franzosen trotz Gesundheitskampagnen und stark gestiegenen Zigarettenpreisen weiterhin europaweit zu den größten Rauchern. Der jüngsten EU-Statistik zufolge liegt ihr Anteil im Land bei 22,4 Prozent, gegenüber 15,9 Prozent in der deutschen Bevölkerung. Öffentlich zeigen sich Stars aber kaum mehr mit der Zigarette. 2009 hat Dior gar die Kippe auf einem Werbefoto mit Alain Delon wegretouchiert.
Auch hat die Regierung den weggeworfenen Zigarettenstummeln auf der Straße oder in der Natur den Kampf angesagt. Jährlich sollen es mehr als 23,5 Milliarden sein. Allein in Paris landen laut Schätzungen des Rathauses jeden Tag zehn Millionen Kippen an Straßenrändern oder auf Bürgersteigen – das sind rund 350 Tonnen pro Jahr. Nur Plastikflaschen werden dem französischen Umweltministerium zufolge noch häufiger an den europäischen Stränden gefunden.
Umweltschutz in Frankreich: Eine weggeworfene Kippe kostet landesweit 135 Euro
Wer beim Wegwerfen seiner Zigarette erwischt wird, muss landesweit inzwischen 135 Euro bezahlen – die Strafe wurde vor einem Jahr verdoppelt. Der elsässischen Stadt Obernai erschien das nicht ausreichend: Sie erhöhte die Geldbuße ab Juli auf 1000 Euro. „Entweder man gönnt sich einen schönen Urlaub oder man leistet es sich, eine Zigarettenkippe wegzuwerfen“, fasste es ein Einwohner in einer Fernsehreportage ironisch zusammen.
Nun nimmt die Regierung aber auch die Hersteller in die Pflicht, sich an den Kosten der Entsorgung ihrer Produkte nach deren „Lebensende“ zu beteiligen. Ein im vergangenen Jahr verabschiedetes Kreislauf- und Antiverschwendungsgesetz verpflichtet die Tabakindustrie dazu, jährlich 80 Millionen Euro zur Beseitigung der Kippen, Reinigung öffentlicher Plätze und für Kampagnen zur Sensibilisierung der Menschen beizusteuern. Von dem Gesetz betroffen sind auch die Hersteller von Kaugummi oder Druckerpatronen.
Die Zahl der Zigarettenstummel soll binnen drei Jahren um 20 Prozent sinken
Mit ihm will das Umweltministerium binnen drei Jahren die Anzahl der Zigarettenstummel um mindestens 20 Prozent, binnen sechs Jahren sogar um 40 Prozent verringern. Dazu beitragen sollen auch die Verteilung wiederverwendbarer Taschen-Aschenbecher an Tabak-Verkäufer und Kommunen, mehr spezielle Mülleimer für Zigaretten und neue Sammel- und Recyclingsysteme. Dafür zuständig sein wird eine neue Öko-Institution, die den Kommunen auf Antrag Gelder für entsprechende Projekte zuteilen.
Alain Delon kann man sich zwar weiterhin schlecht mit einem neuen Taschen-Aschenbecher vorstellen, um seine Zigaretten zu recyceln. Aber seine großen Zeiten sind auch vorbei.
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