Notre-Dame-Brand: War das Warnsystem nicht sicher genug?
Wochen nach der Feuer-Katastrophe von Notre-Dame bezeichnen Mitarbeiter der Überwachungsfirma die Warnsysteme als unzureichend. Ihre Bedenken habe man abgetan.
Der Abend des 15. April 2019 wird allen Liebhabern von Paris in Erinnerung bleiben. Jener Abend, an dem die Kathedrale Notre-Dame in Flammen stand und ihr Spitzturm schließlich in die Tiefe stürzte. Noch suchen die Ermittler nach der Ursache des Brands und gehen dabei weiterhin von einem Unfall aus. Hätte er oder zumindest die Ausbreitung der Flammen verhindert werden können?
In der Zeitung Le Monde benennen nun derzeitige und ehemalige Angestellte der Firma Elytis, die seit 2014 mit der Überwachung der Kathedrale beauftragt ist, klare Mängel im System. Die meisten von ihnen berichten anonym. Einer von ihnen sagte der Zeitung, er habe seine Vorgesetzten und die Regionaldirektion für kulturelle Angelegenheiten mehrmals auf eine schlechte Arbeitsorganisation und unzureichende Warnvorrichtungen hingewiesen, doch stets dieselbe beschwichtigende Antwort erhalten: „Die Kathedrale steht seit 800 Jahren, sie wird nicht einfach so abbrennen.“
Und: Von den beiden Posten, die 2014 zunächst für das Brand-Sicherheitssystem vorgesehen waren, wurde bald einer eingespart, sodass sich ein Angestellter die Überwachung mit einem nur minimal dafür ausgebildeten Aufseher teilte.
Hätte der Brand von Notre Dame mit einem besseren Sicherheitssystem verhindert werden können?
Der Elytis-Mitarbeiter am Computersystem, der am 15. April im Dienst war, hatte erst seinen vierten Arbeitstag in der Kathedrale und noch nie einen kompletten Rundgang im Gebäude gemacht. Als um 18.18 Uhr ein erster Feueralarm ausbrach mit der Angabe „Dachstuhl Kirchenschiff/Sakristei“ und einem Zahlencode, warnte er den zuständigen Wärter, der bei einem ersten Check nichts entdeckte. Trotzdem wurden die 600 bis 800 Besucher in der Kathedrale über Lautsprecher dazu aufgefordert, diese zu verlassen. Schließlich rief der neue Mitarbeiter seinen Vorgesetzten an, um den Zahlencode zu entschlüsseln. Dieser schickte den Wachmann in den Dachstuhl – wo die Flammen bereits loderten. Um 18.48 Uhr wurde die Feuerwehr alarmiert, von der eine erste Einheit innerhalb von zehn Minuten eintraf. Im Morgengrauen gelang ihr die Löschung. Doch eine wertvolle halbe Stunde war eben verloren gegangen.
Die Vorwürfe der Nachlässigkeit wirken umso explosiver, da zigtausende Menschen aus aller Welt für den Wiederaufbau der Kathedrale gespendet haben. Einige französische Gemeinden zogen angesichts der hohen Summen ihre Versprechen wieder zurück. Kultusminister Franck Riester zufolge belaufen sich die Spenden auf 850 Millionen Euro, wobei zwischen bereits überwiesenem Geld und Versprechen zu unterscheiden sei. Die Regeln zum Bewahren von Kulturerbe und zum Umweltschutz würden beim Wiederaufbau nicht umgangen, versicherte er zudem: „Wir bringen nicht Schnelligkeit mit Überstürzung durcheinander.“
Notre Dame wird wohl nicht in fünf Jahren wieder aufgebaut werden
Tatsächlich plant die Regierung ein umstrittenes Gesetz, das dem Staat das Aussetzen verschiedener Untersuchungen ermöglicht, um die Arbeiten zu beschleunigen. Präsident Emmanuel Macron hatte unmittelbar nach dem Brand verkündet, Notre-Dame werde innerhalb von nur fünf Jahren „noch schöner als zuvor“ wieder aufgebaut. Die Architektin und Sprecherin des mit der Aufgabe betrauten Teams, Charlotte Hubert, ließ nun durchscheinen, dass die Frist von fünf Jahren das Balkenwerk betreffe, nicht aber den Spitzturm – dementiert wurden ihre Aussagen nicht.
Derzeit kümmern sich Spezialisten immer noch um die Absicherung und Stabilisierung des Monuments, das durch die Flammen stark beschädigt wurde und einen provisorischen Regenschutz erhalten hat. An einen Beginn der Arbeiten ist noch nicht zu denken. Für die Restaurierung des Spitzturms lancierte die Regierung einen internationalen Wettbewerb. Heftig wird darüber gestritten, ob der Turm wie vorher wieder herzustellen oder ob, wie von Macron gewünscht, ein „modernes Element“ hinzuzufügen sei. Die Öffentlichkeit plädiert überwiegend für einen authentischen Wiederaufbau.
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