China erlebt historische Dürre mit schwerwiegenden Folgen
Chinas schlimmste Hitzewelle seit 60 Jahren sorgt für Stromausfälle und trockene Flüsse. Langfristig bedrohen die Folgen des Klimawandels den wirtschaftlichen Aufstieg.
Der sonst mächtige Jangtse-Fluss gibt dieser Tage ein überaus klägliches Bild ab: Durch Rekordhitze und historisch niedrige Regenfälle ist er auf ein Bruchteil seiner Größe geschrumpft, beide Uferenden haben Sandbänke von der Breite mehrerer Fußballfelder freigelegt. Die Volksrepublik China leidet derzeit unter der schlimmsten Hitzewelle seit über sechs Jahrzehnten. In vielen Landesteilen überschreiten die Thermometer seit über zwei Monaten bereits die 40-Grad-Grenze. Die Behörden haben dieses Jahr rund doppelt so viele Hitzewarnungen ausgegeben wie sonst üblich. Und es zeigt sich, dass die Folgen der globalen Erwärmung in der Volksrepublik längst kein Luxusproblem mehr sind.
In der südwestlichen Provinz Sichuan, deren 81 Millionen Einwohner ganz besonders stark von Wasserkraft abhängen, sind die Auswirkungen riesig. Etliche Fabriken mussten aufgrund der Stromrationierungen bereits ihre Produktion drosseln, darunter Werke von Volkswagen und dem Apple-Zulieferer Foxconn. Ebenfalls betroffen ist ein Standort von „Contemporary Amperex Technology Limited“ (CATL), dessen Betrieb derzeit vollständig ruht. Da das Unternehmen nahezu ein Drittel aller weltweit produzierten Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge herstellt, wird die Schließung mit etwas Verzögerung auch Auswirkungen auf die globalen Lieferketten haben. Bereits jetzt sind die Preise für Polysilizium und Lithium gestiegen.
Für Chinas heimische Wirtschaft hat die Hitzewelle einen Domino-Effekt ausgelöst, der sich über Monate hinziehen wird. Die angeschlagene Stahlproduktion wird den Bausektor nachhaltig lähmen, und auch die zurückgehende Herstellung von Düngemitteln verschärft die Lage für die Landwirtschaft bis mindestens zur nächsten Erntesaison.
Die Staatsmedien in China vertagten den Klimawandel
In Chinas sozialen Medien wächst unlängst die Anzahl an Debatten, die sich mit den Folgen des globalen Klimawandels auseinandersetzen. „Im Norden nehmen die Niederschläge zu und im Süden die Dürre. Beginnt der große Klimawandel?“, fragt etwa ein Nutzer auf der Online-Plattform Weibo. Doch seine Sorge wird erst allmählich vom Mainstream der Gesellschaft geteilt. Bis vor wenigen Jahren nämlich porträtierten die offiziellen Staatsmedien den Klimawandel als höchst abstraktes, in der Ferne liegendes Problem, das nicht den Alltag der Chinesen direkt betrifft – offenbar aus Angst vor Protestbewegungen wie „Fridays for Future“, die vom Zensurapparat vollständig verschwiegen werden.
Dennoch hat sich innerhalb des Staatsapparats in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel vollzogen. Spätestens seit den historischen Rekordfluten von 2021, als auf die zentralchinesische Provinz Henan innerhalb weniger Stunden die Regenmassen eines durchschnittlichen Halbjahres einprasselten, spricht die Regierung ganz offen davon, dass China überproportional von den Folgen des Klimawandels betroffen ist. Seit Jahren arbeiten heimische Stadtplaner an Konzepten, wie sie die Metropolen des Landes an die immer extremere Wetterlagen anpassen können.
Doch die langfristigen Bemühungen wirken dieser Tage wie ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit. Die Hitzewellen würden im Zuge der globalen Erwärmung immer häufiger auftreten und länger andauern, sagte erst kürzlich Chen Lijuan, Chefprognostiker der nationalen Wetterbehörde, der Staatszeitung China Youth Daily. Doch es ist nicht nur eine Hitzewelle, die das Land plagt, sondern mehrere simultane Extremwetterlagen: Während etwa die Lokalregierung der nördlichen Provinz Hebei mithilfe von Flugzeugen Silberiodid in den Himmel sprühen lässt, um künstlich Regen auf die ausgetrockneten Felder prasseln zu lassen, sind im Landkreis Datong vor rund einer Woche mindestens 17 Menschen bei blitzartigen Sturzfluten ums Leben gekommen.
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