Das sind die fünf großen Probleme der Landwirte
Die geplanten Agrardiesel-Kürzungen haben das Fass zum Überlaufen gebracht, sagen viele Bauern. Wir erklären, mit welchen Problemen die Branche derzeit zu kämpfen hat.
Die geplante Kürzung der Agrardiesel-Rückerstattung hat Tausende Landwirte auf die Straße getrieben. Bauernpräsident Joachim Rukwied hat bereits neue, weitreichende Proteste ab Montag angekündigt. Die Pläne, die Steuervergünstigung zu kürzen, hätten „das Fass zum Überlaufen gebracht". Doch mit welchen Problemen haben die Landwirte vor allem zu kämpfen?
1. Die Schwankungen nehmen zu
Die Wetterextreme machen das Wirtschaften für die Landwirte zunehmend schwieriger, betont Agrarökonom Peter Breunig von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Die extrem trockenen Sommer nehmen zu. Im vergangenen Herbst war es so feucht, dass die Bauern wochenlang nicht auf die Felder konnten. Hinzu kommt: Die Preise schwanken immer stärker. Wirtschaftlich gute Jahre wie zuletzt führt Breunig vor allem auf die Knappheit an Getreide durch den Ukraine-Krieg zurück. Wurde eine Tonne Weizen 2020 noch für 200 Euro verkauft, stiegen die Preise zwischenzeitlich auf 400 Euro, jetzt sind es wieder 200 Euro. Auch andere Preise sind deutlich zurückgegangen. Breunig spricht von Schätzungen, wonach die Bauern in diesem Jahr 30 bis 50 Prozent weniger Gewinn erwirtschaften dürften.
2. Der Kostendruck steigt
Andererseits kämpfen die Landwirte mit steigenden Kosten. Der Preis für Stickstoffdünger hat sich im Vergleich zu 2020 zwischenzeitlich verfünffacht, aktuell ist er doppelt so hoch. Landmaschinen sind deutlich teurer geworden. Wie alle Branchen kämpfen die Bauern mit höheren Energiekosten. Auch die Pachtpreise sind auf Rekordstand. „Gerade in Süddeutschland stehen sich die Betriebe auf den Füßen, der Wettbewerb zwischen den Betrieben um die knappe Fläche ist groß“, sagt Breunig. 60 Prozent der Fläche, die Haupterwerbsbetriebe hierzulande bewirtschaften, ist gepachtet. 2022 zahlten die Landwirte im Freistaat durchschnittlich 369 Euro für einen Hektar, für Neuverpachtungen waren in den letzten Jahren über 100 Euro mehr fällig. „Die Steigerung der Pachtpreise ist in einigen Regionen höher gewesen als die Agrardieselrückerstattung“, sagt Breunig. Die Rückerstattung betrage zwischen zwei und fünf Prozent vom Gewinn eines Betriebs.
3. Die Planungssicherheit fehlt
Milchbauern in Bayern macht das geplante Ende der Anbindehaltung Sorgen, das der Freistaat verhindern will. Von einem drohenden Strukturbruch ist die Rede, davon, dass die Hälfte der Milchviehbetriebe im Freistaat, rund 11.000, von diesen Regelungen existenziell betroffen wäre. „Gerade in der Tierhaltung ist die fehlende Planungssicherheit ein großes Problem“, sagt Breunig. Immer weniger Betriebe riskieren deswegen eine Investition in einen neuen Stall, der sich erst in zwei Jahrzehnten rechnet. Die Folge: Allein die Zahl der viehhaltenden Betriebe ist im vergangenen Jahr um fast ein Viertel gesunken. Die, die übrig bleiben, werden immer größer.
Wie schlecht es um die politische Verlässlichkeit steht, sieht man an der Debatte um den „Tierwohlcent“. Die Borchert-Kommission hatte 2020 ein Konzept erarbeitet, wie sich mehr Tierwohl umsetzen lässt, ohne die Mehrkosten den Bauern aufzubürden. Sie empfahl eine Abgabe auf tierische Produkte. Doch die Ampelregierung mit Agrarminister Cem Özdemir verwarf das Konzept, kürzte die Mittel drastisch. Nun fordert der Grünen-Politiker, der „Tierwohlcent“ müsse kommen. Breunig erklärt, der Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl koste drei bis fünf Milliarden Euro im Jahr, die dauerhaft bereitstehen müssten. „Das Geld aus dem bestehenden Bundeshaushalt zu nehmen, ist politisch schwer durchsetzbar. Der Beitrag muss also über höhere Preise für tierische Produkte kommen.“ Doch hier gebe es eine große Lücke zwischen dem Wunsch nach mehr Tierwohl, den viele Verbraucherinnen und Verbraucher äußern, und dem Einkaufsverhalten. Das zeige sich schon am niedrigen Marktanteil von Erzeugnissen aus hohen Tierwohlstufen.
4. Die überbordende Bürokratie
Die Landwirtschaft hängt am Tropf des Staates. Die Fördergelder machen für einen Haupterwerbsbetrieb zwischen 41 und 62 Prozent des Einkommens aus. In Bayern erhalten die Höfe höhere Subventionen – auch, weil sie mehr Agrarumweltmaßnahmen umsetzen. Den Großteil der Subventionen machen die Direktzahlen aus Brüssel aus, die nach dem Ende der Preisstützung Anfang der 90er-Jahre eingeführt wurden. „Nach und nach hat man einen immer höheren Teil dieser Betriebsprämie an Auflagen gebunden in Richtung Umweltschutz", erklärt Breunig. „Grundsätzlich machen gezielte Zahlungen für konkrete öffentliche Leistungen deutlich mehr Sinn als pauschale, die am Ende nur Pachtpreise nach oben treiben.“ Doch für die Landwirte bedeutet das immer mehr Vorschriften und Bürokratie. Hinzu kommt: Auch der Bund hat angekündigt, die Agrarsubventionen 2025 um rund 300 Millionen Euro zu kürzen.
Ein weiteres Beispiel: Die 2020 verschärfte Düngeverordnung. Nötig wurde diese, weil Deutschland die EU-Nitratrichtlinie nicht erfüllt hatte. In roten Gebieten ist seither nur noch eine Düngung erlaubt, die 20 Prozent unter dem Bedarf der Pflanzen liegt. Breunig sagt: „Man hat versucht, das System gerecht zu machen, aber dadurch ist der Verwaltungsaufwand und die Bürokratie deutlich angestiegen.“ Der Agrarökonom spricht von Bewirtschaftungseinschränkungen für die Landwirte und einem komplexen System, mit dem sogar die Verwaltung überfordert sei.
5. Die steigenden Umweltschutzauflagen
Viele Landwirte fühlen sich gegängelt von Menschen, die, wie sie sagen, von der Praxis keine Ahnung hätten. Etwa, wenn es um feste Zeitpunkte geht, nach denen keine Gülle mehr ausgebracht werden darf. Seit diesem Jahr gibt es die Vorgabe, dass die Landwirte vier Prozent ihrer Fläche stilllegen müssen. Die Maßnahme soll Biodiversität fördern. Breunig aber ist skeptisch, was diese pauschale Regelung bringt. „Grundsätzlich braucht es mehr naturnahe Flächen in der Agrarlandschaft. Die Wirkung, die diese Stilllegungsverpflichtung haben wird, ist jedoch wahrscheinlich überschaubar. Oft werden Flächen nicht dort stillgelegt, wo sie am notwendigsten gebraucht werden."
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Ein Problem wurde glaube ich gar nicht angesprochen. Durch die immer höheren Preise der letzten Zeit ist natürlich auch der Absatz massiv eingebrochen (https://www.agrarheute.com/markt/tiere/inflation-preisschock-verbraucher-kaufen-12-weniger-fleisch-596409). Es gibt Preisschwellen, da kommen viele einfach nicht mehr mit. Nicht nur für die Bauern ist vieles teurer geworden, sondern auch und gerade für den unteren Mittelstand (Mietkosten, Lebensmittel, Sprit, etc.).
Beim Tierwohlcent, den man derzeit überlegt (alte Idee der CDU), spricht man auch gleich wieder von einem sozialen Ausgleich. Klappt wahrscheinlich genauso gut wie beim Klimageld....
Man kann doch nicht so vor sich hinsubventionieren. Die Landwirte bekommen Subventionen und die Niedrigverdiener bekommen zusätzlich Sozialhilfe damit sie sich nicht nur ein paar Nudeln leisten können. Wenn man sich ehrlich macht, braucht es entweder massive Lohnerhöhungen im Niedriglohnbereich oder eine leistungsfähige industrielle Landwirtschaft oder wahrscheinlich beides. Leute, die sich ein Strohschwein leisten wollen, gibt es sicher weiterhin.
Das einzige wirkliche Problem, das die Landwirte haben, ist die Vergütung für ihre Produkte. Ich habe bereits mehrmals angemahnt, das Verbraucherverhalten zu überdenken. Die, die am Straßenrand geklatscht haben, wollten gegen die Regierung protestieren, ich bin sicher, sie wollten keine gerechten Preise für die Bauern erwirken. Dieser Protest war garantiert auch von der AfD unterwandert. Über diesen Bericht der Tagesschau sollte man ganz gewaltig nachdenken: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/landwirte-agrarprodukte-bauern-preise-handelskonzerne-milchpreis-100.html
Statt ständig darüber zu berichten, wo welcher Traktor steht und mit welchem Schildchen er ausgerüstet ist, sollte die AZ mal darüber berichten, was die großen Handelsketten mit den Bauern aushandeln und wer für die Preismisere verantwortlich ist. Wie die großen Handelsketten mit den Landwirten umgehen, darüber hat Frau Dürr leider nichts geschrieben.. Also ein wenig dürr der Bericht, der das Anliegen der Bauern analysieren sollte. Oder darf man nicht kritisch schreiben, wenn es um Anzeigenkunden geht? Würde mich nicht wundern.
Sehr gut Frau REICHENAUER, ich habe das auch schon öfters in meinen Kommentaren erwähnt, bin da voll auf Ihrer Seite, denn die Bauernverbände müssten endlich mal gegen die Großkonzerne Demonstrieren die den Bauern eine Hungerlohn für Ihre Produckte geben und gegeben haben all die Jahre. Aber auch wir Verbraucher sind nicht ganz Unschuldig immer billig und der Konkurrenzkampf unter den Lebensmittelkonzerne war echt Heftig und die Bauern mit der Milch zum Beispiel deutlich zu niedrig bezahlt worden und das Heute noch, und das man alles der Grünen Partei anlastet ist schon eine Sauerei, denn die Vermarktung, war schon Jahrelang das bestimmende Thema und was ist Passiert? leider nichts all die Jahre. Ich kann die Bauern sehr gut verstehen, aber die Verbände sollten endlich mal darüber Nachdenken, was sie in der tat wirklich für die Bauern tun müssen.
Die Anbindehaltung gehört jetzt doch wirklich mal beendet, das ist doch keine artgerechte Tierhaltung. Seit gut 40 Jahren gibt es hier Laufställe. Und unser Nachbar z.B. hat seinen alten Stall entsprechend umgebaut, die Eisenstände raus und vorne noch einen kleinen Auslauf. Das kostet doch alles bestimmt kein Vermögen. Und wenn es sich in 40 Jahren nicht rentiert hat, den Stall umzubauen, dann rentiert sich wohl die ganze Sache so oder so nicht. Dann sollen sie halt die Kühe weg tun. Die kleinen Bauern im Allgäu brauchen das auch nicht so in den Himmel loben, dass die Kühe im Sommer auf der Alm sind. Ja, da haben sie es wirklich gut. Aber nur drei Monate lang etwa im Jahr. Die restlichen NEUN MONATE müssen sie auch halbwegs artgerecht gehalten werden.
Wieviel davon hat jetzt die Bundesregierung zu verantworten ? Wenn man Subventionen will, darf es auch ein bisschen Buerokratie sein. Andere muessen fuer dasselbe Geld mehr arbeiten. Und bestimmte Auflagen machen ja auch Sinn. Ausgedacht haben sich das bestimmt nicht Leute ohne jegliche Ahnung. In andern Branchen gibt es DSGVO(Datenschutz), Mailarchivierung, Lieferkettengesetz, Auftraggeberhaftung beim Mindestlohn, ISO9000 usw. Subventionen dafuer eher keine.
Bei den Bauern ist mir ein Fall bekannt, wo ein Bio-Bauer Abnahmevertraege mit einem Allgaeuer Supermarkt und einem lokalen Mueller hat. Beide halten ihre Vertraege nicht ein mit Verweis auf billigere Importe (Ukraine?). Der Mueller ist CSU-MdB. Jetzt steht eine groessere Ladung bestes Getreide herum. Ist das ein Fall fuer die Bundesregierung ?
Pacta sunt servanda !!
Zumindest in einem Rechtsstaat, egal ob öffentlich oder privat und sollte für einen Anwalt keinerlei Problem darstellen.
Zum Thema Subventionen und Bürokratie möchte ich gerne hinterfragen was sie damit meinen „darfs auch ein bisschen Bürokratie sein“. Das klingt für mich so, als man die Bürokratie halt zur „Strafe“ machen muss wenn man Subventionen möchte. Wem nützt die Bürokratie denn? - Für mich in allen Branchen vielfach eine unnötige Gängelung jenseits jeder Praxis. Ich bin kein Landwirt sondern selbstständiger Gastronom, und kann sagen, die Bürokratie die in den letzten Zehn Jahren dazugekommen ist, dient lediglich dazu, Seitens der Behörden Fehler zu finden was dann zu Strafzahlungen führt. Ich war vor ein paar Jahren auf einer Vortragsreihe „Sichere Buchführung“, da sprach beispielsweise ein ehemaliger Finanzprüfer, der erzählte in den letzten Zehn Jahren wurde Prüfung so umgestellt dass nur noch nach Führungsfehler gesucht wird um Pauschal 10/20% nachzuschätzen. Das heist es wird überhaupt nicht mehr nach Falschen Zahlen gesucht (beispielsweise falscher Mwst Satz eingetragen) sondern es wird nach Formfehler gesucht, beispielsweise ist das nicht Vorweisen können der Betriebserlaubnis des Kassensystem ein solcher Formfehler und kann schon zum Anlass der Nachschätzung genommen werden. Krank ist das ist das… nichts anderes.