Ministerpräsident Platzeck: „Ich hatte einen Schutzengel“
Zwei Hörstürze, ein Kollaps und jetzt auch noch ein Schlaganfall: Trotz angegriffener Gesundheit macht Ministerpräsident Matthias Platzeck unbeirrt weiter.
Andere würden an seiner Stelle jetzt einen Gang zurückschalten – Matthias Platzeck aber denkt gar nicht daran. Keine zwei Wochen nach seinem Schlaganfall tritt der brandenburgische Ministerpräsident morgen wieder zum Dienst in der Staatskanzlei an. Die Sehstörungen, die er anfangs hatte, seien verschwunden, erzählt der 59-Jährige in entwaffnender Offenheit. Nur mit einem kleinen Handicap kämpft er noch: Er könne zwar wieder gut laufen, sagt er. „Ich habe aber noch einen leichten Linksdrall.“
Sich weiter schonen oder den für Juli geplanten Urlaub vorziehen will Platzeck auf keinen Fall. Es gebe da, sagt er in einem Gespräch mit der Märkischen Allgemeinen, noch einige Dinge zu erledigen. Die Jahrestagung der deutsch-russischen Freundschaftsgruppe des Bundesrates zum Beispiel, deren Vorsitzender er ist – oder die Inbetriebnahme des Frachtzentrums am Flughafen in Schönefeld. Erst danach will Platzeck es etwas ruhiger angehen lassen. Die Frage, ob er nicht den einen oder anderen Posten abgeben soll, hat er sich offenbar nicht gestellt. Sein Ziel sei es, sagt er, „wieder einhundertprozentig fit“ zu werden.
Platzeck ernährt sich gesund und läuft regelmäßig
Als der Ministerpräsident Anfang vergangener Woche in eine Potsdamer Klinik eingeliefert worden war, hatte sein Sprecher das zunächst noch eher beiläufig mit Kreislaufproblemen erklärt. Inzwischen weiß man: Es war ein leichter Schlaganfall. „So etwas kommt meist, wenn man nicht damit rechnet“, sagt Platzeck. Und auch wenn er regelmäßig laufe, sich gesund ernähre und nicht dick sei, seien die letzten Monate doch „sehr dicht“ gewesen. Kurz: „Es kam vieles zusammen.“ Der ständige Stress mit dem neuen Großflughafen für Berlin und Brandenburg, dazu noch das Hochwasser, der beginnende Bundestagswahlkampf: Auch der belastbarste Berufspolitiker lernt in solchen Situationen seine Grenzen kennen.
Am Tag vor seinem Schlaganfall hatte Platzeck die Hochwasseropfer in der Prignitz besucht, ehe er am Abend noch zu Gast in Günther Jauchs großer Spendenshow in der ARD saß. War das am Ende einer strapaziösen Woche einmal mehr der berühmte Tick zu viel?
„Ich hatte wohl einen Schutzengel.“ Matthias Platzeck weiß nicht erst seit gestern, wovon er redet. Nach einer schweren Grippe, zwei Hörstürzen und einem Kreislaufkollaps hatte er im April 2006 sein Amt als SPD-Vorsitzender nach nur 147 Tagen auf Anraten seiner Ärzte wieder niederlegen müssen. „Ich habe meine Kräfte überschätzt“, räumte er damals ein. Offenbar war die Doppelbelastung als Ministerpräsident und Parteichef zu groß. Seitdem wurde und wird immer mal wieder über seinen Gesundheitszustand und seine Belastbarkeit spekuliert, zumal Platzeck Anfang des Jahres als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft auch noch ein Amt mit eingebauter Stressgarantie übernommen hat.
Im April bereits Israel-Reise abgesagt
Dass er zur Wahl im nächsten Jahr noch einmal antritt, gilt in Potsdam als sicher – der populäre Ministerpräsident ist das einzige Zugpferd, das die Landes-SPD hat. Ob Platzeck aber noch einmal eine komplette Legislaturperiode von fünf Jahren absolviert, bezweifeln viele Genossen inzwischen - schließlich ist die kurze Auszeit, zu der ihn der kleine Schlaganfall gezwungen hat, nicht die erste in diesem Jahr. Im April musste Platzeck wegen einer Virusgrippe bereits eine Israel-Reise absagen, wenige Wochen später setzte ihn ein Hexenschuss nach einem Sportunfall außer Gefecht. Um seine Gesundheit, beteuerte er auch damals schon, müsse man sich keine Sorgen machen. In den vergangenen beiden Jahren habe er insgesamt nur acht Tage wegen Krankheit gefehlt.
Offenbar hat sich der sonst so nachdenkliche und selbstkritische Platzeck inzwischen für die Strategie entschieden, nur ja keine Schwäche zu zeigen und lieber über die exzellente medizinische Betreuung in der Klinik zu reden als über den Stress im Amt und seine Folgen. Bei seinem Rücktritt als SPD-Chef klang das noch ganz anders: „Ich musste die Signale, die mein Körper ausgesendet hat, respektieren.“
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