Dolmetscher-Irrtum: Wenn aus Wertpapieren Bomben werden
Immer wieder kommt es vor, dass Dolmetscher Aussagen von Politikern falsch übersetzen. Manche Übersetzungsfehler sind nur kurios, andere haben jedoch unerwünschte Konsequenzen. Von Detlef Drewes
Von Detlef Drewes, Brüssel
Kaum hatte EU-Ratspräsident Mirek Topolanek am Mittwoch seine Rede vor dem Europäischen Parlament beendet, brach der Tumult los. "Das ist nicht das Niveau der EU, mit den USA umzugehen", schimpfte der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz über Topolaneks Satz, die Vereinigten Staaten würden in der "Wirtschaftskrise mit Waffenverkäufen verdienen".
Der tschechische Regierungschef blickte erkennbar verwirrt drein, denn nichts dergleichen hatte er gesagt. Die Erklärung brauchte ihre Zeit: ein Übersetzungsfehler der Dolmetscher. Topolanek hatte von Wertpapieren oder "Bonds" (tschechisch: "bondy") gesprochen. Der Übersetzer aber hatte "bomby" (Bomben) verstanden. Die Geschichte ist voll von solchen sprachlichen Stolpersteinen, die nicht selten sogar die Politik beeinflussen.
2005 löste etwa folgende Meldung einen weltweiten Sturm der Entrüstung aus: "Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad fordert, dass Israel von der Landkarte ausradiert werden muss." Selbst der Auslandssprachendienst des Auswärtigen Amtes brauchte lange, um das, was der Mann gesagt hatte, genau zu übersetzen: "Das Regime, das Israel besetzt hält, muss aus den Annalen der Geschichte getilgt werden." Also war gar nicht von Israel, sondern dessen Regierung, und nicht von der Landkarte, sondern den Geschichtsbüchern die Rede.
Was einen erheblichen Unterschied macht. Auch Iraks einstiger Diktator Saddam Hussein wurde Opfer eines solchen Übersetzungsfehlers. In seinem Appell vor dem amerikanischen Militärschlag 2003 rief er sein Volk auf, "zum Wohle unserer Kinder den US-Invasoren standzuhalten". In der offiziellen englischen Übersetzung wurde daraus: "Wir müssen unsere Kinder opfern."
Sprachliche Ausrutscher aus dem Kuriositäten-Kabinett
Während solche Übersetzungsfehler teilweise sogar die Geschichte beeinflussten, gehören andere eher in das Kuriositäten-Kabinett der internationalen Politik.
So fragte man sich unmittelbar nach dem Sturz des irakischen Diktators irritiert, ob die irakische Armee wirklich derart rückständig ist, wie ein Bericht verhieß. Demnach hatten nämlich Soldaten der einstigen "Revolutionären Garden" große Mengen Bargeld mit Hilfe von "Traktoren" aus der Nationalbank in Bagdad abtransportiert - und man sah im Geiste die gehetzten Uniformträger Säcke voller Geld auf einen Anhänger werfen, um anschließend mit rasanten 25 Stundenkilometern durch die Stadt zu "rasen".
Tatsächlich handelte es sich um "tractor trailers", also Sattelzüge. Und auch die "propellergetriebenen Granaten", mit denen auf US-Konvois geschossen wurde, entpuppten sich bei genauer Übersetzung als etwas durchaus Schlagkräftigeres: "rocket propelled grenads", kurz RPGs, sind nichts anderes als Panzerfäuste.
Kürzlich wurde die neue US-Außenministerin Hillary Clinton mit einer gut gemeinten Geste Opfer ihrer Dolmetscher. Beim Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow wollte sie eine versöhnliche Geste setzen und überreichte einen roten Plastikknopf, wie er bei feierlichen Eröffnungszeremonien verwendet wird, mit der englischen Aufschrift "Knopf zum auf Null stellen". Lawrow las die russische Bezeichnung und stutzte. Dann machte er Clinton auf den Übersetzungsfehler aufmerksam. Auf Russisch bedeute die Inschrift nämlich "Knopf zum Überladen". Beide konnten herzhaft darüber lachen - Übersetzungsfehler können auch zusammenbringen.
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