Korea: Hochbrisantes Seemanöver
Ein US-Flugzeugträger soll Nordkoreas Diktatoren Einhalt gebieten: Ein Manöver ist die Reaktion auf den nordkoreanischen Artillerieangriff. Droht ein neuer Krieg? Bernhard Bartsch beantwortet die wichtigsten Fragen.
"George Washington" soll Nordkoreas Diktatoren Einhalt gebieten: Der US-Flugzeugträger nimmt ab Sonntag an einem viertägigen Gemeinschaftsmanöver der amerikanischen und südkoreanischen Marine im Gelben Meer teil. Die Übung ist eine Reaktion auf den nordkoreanischen Artillerieangriff auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong, bei dem am Dienstag vier Menschen starben und der die Region in eine politische Krise gestürzt hat. Denn die Auswirkungen reichen weit über die koreanische Halbinsel hinaus.
China sagte eine Südkorea-Reise von Außenminister Yang Jiechi kurzfristig ab - offenbar aus Ärger über das Manöver in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Gleichzeitig verlangen Seoul, Washington und Tokio von Peking, seinen Einfluss auf Pjöngjang geltend zu machen und den Provokationen seines Verbündeten Einhalt zu gebieten.
Die wichtigsten Fragen.
Droht ein neuer Korea-Krieg?
Obwohl Nordkoreas Propaganda wiederholt gedroht hat, dass die Halbinsel am "Rande eines Krieges" stehe, ist es unwahrscheinlich, dass Pjöngjang seinen martialischen Worten ebensolche Taten folgen lässt. Ein Krieg wäre für das Regime in Pjöngjang politischer Selbstmord, denn der amerikanisch-südkoreanischen Militärmacht wären Nordkoreas Truppen mit ihrer veralteten Ausrüstung nicht gewachsen.
Was verspricht Nordkorea sich von dem Angriff?
In Seoul geht man davon aus, dass der Angriff in erster Linie innenpolitisch motiviert war. Kim Jong-un, der jüngste Sohn und designierte Nachfolger von Diktator Kim Jong-il, soll sich damit Autorität zu verschaffen versucht haben. Der schätzungsweise 27-Jährige, der Ende September zum General und stellvertretenden Vorsitzenden der Militärkommission befördert wurde, gilt in der Armee als sehr unbeliebt. Westliche Geheimdienste glauben, dass schon der Abschuss des südkoreanischen Kriegsschiffes "Cheonan", bei dem im März 46 Soldaten starben, von Kim Jong-un befohlen wurde. Experten wie Andrei Lankov von der Kookmin-Universität in Seoul sehen allerdings auch ein außenpolitisches Motiv für Nordkoreas Aggressivität. "Das Regime in Pjöngjang will den Preis für seine Zustimmung zu einer neuen Runde der Sechs-Parteien-Gespräche in die Höhe treiben", sagt der Politologe.
Welche Möglichkeiten haben Südkorea, die USA oder die Uno, Nordkoreas Provokationen zu stoppen?
Diplomaten sehen grundsätzlich zwei mögliche Strategien. Die eine bestünde darin, den Kollaps des Systems herbeizuführen, entweder militärisch oder durch eine wirtschaftliche Totalblockade, bis die Nordkoreaner vor lauter Elend gegen ihre Regierung aufbegehren. Doch ganz abgesehen von den Erfolgsaussichten eines solchen Unterfangens hat an einem Zusammenbruch Nordkoreas keine Seite ein Interesse: Die Südkoreaner fürchten sich vor einer teuren Wiedervereinigung und sowohl die USA, China als auch Russland sehen in dem Land einen willkommenen Pufferstaat zwischen ihren jeweiligen Einflusszonen. Die andere Strategie ist die internationale Einbindung Nordkoreas - ein Bemühen, dem sich Pjöngjang bisher immer wieder entzogen hat.
Welche Rolle spielt China?
Die Volksrepublik ist Nordkoreas einziger mächtiger Verbündeter und verbindet mit ihrem Nachbarland deutlich andere Interessen als Südkorea oder die USA. Zwar will auch Peking eine Eskalation der Gewalt auf der koreanischen Halbinsel vermeiden. Doch gleichzeitig sieht China Nordkorea als exklusive wirtschaftliche Einflusszone und nimmt es deshalb gegen politischen Druck anderer Länder in Schutz. Auch nach dem Angriff vom Dienstag lässt Peking sich nicht von seiner Strategie abringen, auf die öffentliche Bloßstellung seiner Verbündeten zu verzichten.
Sind neue Verhandlungen möglich?
Seit Nordkoreas zweitem Atombombentest im Mai 2009 sind alle Bemühungen zur Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche zwischen den beiden Koreas, den USA, China, Japan und Russland gescheitert. Vor allem die Positionen Pjöngjangs und Washingtons scheinen unvereinbar: Die Amerikaner wollen erst an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn Nordkorea sein Nuklearprogramm eingestellt hat. Doch genau dafür wollen die Nordkoreaner Gegenleistungen, darunter die Aufhebung der UN-Sanktionen und Hilfslieferungen - das alte Spiel.
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