Der Jubel ist verflogen
Am 1. Mai vor fünf Jahren traten zehn neue Mitglieder der EU bei. Es gibt viele Erfolgsgeschichten, aber auch Rückschläge. Von Detlef Drewes
Am Tag, als
wieder zusammenfand, war Mirko Slavec unterwegs. "Ich fuhr zu meinem ersten Kunden außerhalb meiner tschechischen Heimat", erzählt der 35-jährige tschechische Druckereibesitzer, "und kam aus dem Ostblock. Zwei Tage später, als ich von meinem deutschen Auftraggeber zurückreiste, blieb ich in
".
Dazwischen lag der 1. Mai 2004: Acht Länder, die jahrzehntelang durch den Eisernen Vorhang vom Westen getrennt waren, gehörten plötzlich zur europäischen Familie: Polen, Tschechien, Ungarn, die Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen. Außerdem wurden Malta und Zypern in die EU aufgenommen. 2007 kamen noch Bulgarien und Rumänien hinzu.
"Es war ein historischer Tag", erinnert sich Günter Verheugen, der Mann, der damals als Erweiterungskommissar die Aufnahme organisiert hatte. "Die politischen Ziele sind erreicht worden", sagte der Kommissar, der inzwischen für die Industriepolitik der Union zuständig ist. "Wirtschaftlicher Aufschwung als Garant für Frieden und Sicherheit" lautete das Brüsseler Konzept damals. Das Bruttoinlandsprodukt der Neuen betrug ganze 46 Prozent des EU-Durchschnitts, inzwischen sind es 55 Prozent. Dank der 155 Milliarden Euro, die die EU zwischen 2007 und 2013 in die ehemaligen Beitrittsregionen pumpt.
Für den Drucker Slavec ein Segen: "Ohne Ein- und Ausfuhrzölle war ich zum ersten Mal in meinem Leben als Kleinunternehmer in der Lage, Geschäfte nicht nur im eigenen Land zu machen. Ich konnte reisen, mit meiner Familie Urlaub machen, wo ich wollte."
Tatsächlich gibt es längst Erfolgsgeschichten, die die EU-Ausdehnung schrieb. Eine davon trägt den Namen Skype. Die kleine kostenfreie Software macht konkurrenzlos preiswertes Telefonieren über das Internet möglich. Entwickelt wurde sie auch in Estland, sagt Juhan Parts, Wirtschaftsminister in Tallin, wo man stolz auf seine technologische Vorreiterrolle ist. Von jedem Punkt der estnischen Hauptstadt aus ist das Internet per WLAN erreichbar - kostenlos für alle. Dass sich westliche Telefonriesen nun gegen Skype zu Wehr setzen, macht die Esten wütend.
Allen Erfolgen zum Trotz ist die Stimmung über die Osterweiterung inzwischen gekippt. Daran sind nicht nur der tschechische Präsident Vaclav Klaus und sein polnischer Kollege Lech Kaczynski mit ihrem Anti-EU-Kurs schuld. Deutsche wie Franzosen haben erleben müssen, dass Tausende von Arbeitsplätzen verlagert wurden - Nokia und Electrolux gelten als Beispiele. Die Brüsseler Kommission sah sich gezwungen, eigene Regeln für die Vergabe von Fördermitteln aufzustellen, damit der Steuerzahler nicht die Verlagerung finanziert, der anschließend der eigene Job zum Opfer fällt.
Fünf Jahre nach der Erweiterung ist deshalb vom Jubel des 1. Mai 2004 wenig zu spüren. Bei einer Umfrage in den 27 EU-Staaten im Dezember 2008 wollten nur noch 48 Prozent der Befragten dem Satz zustimmen, dass die Osterweiterung die Gemeinschaft gestärkt habe. In vielen Ländern, darunter auch Deutschland, waren die Skeptiker in der Mehrzahl.
Die Diskussion ist geschlossen.