Kommentar: Koalition der Abkassierer
CDU/CSU und FDP haben die Wahl mit dem Versprechen gewonnen, die Steuern zu senken und das Gesundheitssystem zu reformieren. Aus beidem ist nichts geworden. Ein Kommentar von Walter Roller
Erst der steuerpolitische Offenbarungseid, jetzt die gesundheitspolitische Bruchlandung: Die Koalition ist mit ihren zentralen Vorhaben gescheitert.
CDU/CSU und FDP haben die Wahl mit dem Versprechen gewonnen, die Steuern zu senken und das Gesundheitssystem gründlich zu reformieren. Aus beidem ist nichts geworden.
Dass angesichts der Schuldenkrise kein Geld für die Entlastung der Normalverdiener da ist, das mag ja den meisten Bürgern noch irgendwie einleuchten. Sie haben den vollmundigen Ankündigungen ohnehin nicht geglaubt. Dass jedoch der Versuch einer Sanierung des teuren Gesundheitswesens in eine neue große Geldbeschaffungsaktion mündet und die Wahlkampfparole "mehr netto vom Brutto" endgültig zur Makulatur wird, das dürfte den schlechten Ruf der Regierung Merkel zusätzlich festigen.
Die Kanzlerin und ihr junger Gesundheitsminister Rösler (FDP) mögen froh sein, nach einem monatelangen Koalitionsgezerre nun wenigstens einen Kompromiss melden zu können. So heftig lagen sich CSU und FDP in den Haaren, dass die Handlungsfähigkeit des konservativ-liberalen Bündnisses zeitweise in Gefahr war. Das Resultat der Notoperation allerdings - und darauf kommt es für die Bürger an - läuft auf eine simple und satte Abgabenerhöhung hinaus. Die Regierung pumpt frisches Geld in das Kassensystem, ohne dass die Wahlmöglichkeiten der Versicherten und der Wettbewerb verbessert würden. Weil nur halbherzig gespart und die Pharmaindustrie beispielsweise geschont wird, greift man den Versicherten tief in die Tasche. Die Erhöhung des Beitrags verteuert die Arbeitskosten und trifft insbesondere die Gering- und Normalverdiener. Da die den Kassen erlaubten Zusatzprämien weit höher als zunächst geplant ausfallen, kommt diese so genannte Reform die Versicherten ziemlich teuer zu stehen.
Sie zahlen die Zeche dafür, dass die Politik den rasanten Anstieg der Gesundheitsausgaben nicht in den Griff bekommt. Wechselnde Regierungen kurieren an den Symptomen herum, keine hat die Kraft zu einer Neuordnung des Systems. Die im Koalitionsvertrag zugesagte "weitgehende Entkoppelung der Gesundheitskosten von den Lohnzusatzkosten" erschöpft sich in einem zaghaften Ansatz, der in erster Linie der Gesichtswahrung Röslers dient. Immerhin: Ein erster Schritt, den steigenden Finanzbedarf unabhängig vom Lohn über Extraprämien zu decken, ist getan. Weitere Schritte in diese Richtung sollten folgen - allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der soziale Ausgleich aus Steuermitteln funktioniert und die gesamte Abgabenbelastung nicht weiter steigt.
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