Gorbatschow wirft Putin undemokratische Züge vor
Moskau (dpa) - Der frühere sowjetische Präsident und Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow hat dem russischen Regierungschef Wladimir Putin undemokratisches Verhalten vorgeworfen.
Putins jüngste Erklärung, er wolle sich mit Kremlchef Dmitri Medwedew über die Präsidentenkandidatur 2012 "einigen", verletze demokratische Grundsätze, sagte Gorbatschow am Montag in einem Interview mit der BBC. "Wenn man hier mit jemandem verhandeln muss, dann doch mit dem Wähler, mit dem Volk. Aber irgendwie ist die Bevölkerung an diesem Prozess nicht beteiligt", sagte Gorbatschow. Medwedew hatte wie Putin die Teilnahme an der Wahl nicht ausgeschlossen.
Gorbatschow nannte die von Putin geführte Kremlpartei Geeintes Russland eine "schlechte Kopie der KPdSU", der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Russland müsse einen demokratischen Weg einschlagen, forderte der Politiker. Fragen einer Modernisierung des Landes könnten nicht "mit Druck, Kommandos und administrativen Methoden" gelöst werden, sondern nur mit dem Volk sowie einer Ausweitung der Freiheiten. Gorbatschow, der sich bisher meist positiv über Putins Führung geäußert hatte, forderte den Westen aber auch auf, Russland für seine demokratische Entwicklung Zeit zu geben.
Putin und Medwedew haben laut Kommentatoren einen Vorwahlkampf in Russland um den Präsidentenposten 2012 in Gang gesetzt. Die Wirtschaftszeitung "Wedomosti" stellte fest, dass die Lager um die beiden Politiker bereits jetzt versuchten, eine Richtungsentscheidung herbeizuführen. Medwedews Berater, der liberale Politologe Igor Jurgens, sieht bei Putin das Risiko, sich zu einen "neuen Breschnew" zu entwickeln. Als Generalsekretär der KPdSU war Leonid Breschnew (1906-1982) bis zu seinem Tod im Alter von 75 Jahren insgesamt 18 Jahre im Amt gewesen. Mit Putin könne es ähnlich werden. "Das Risiko besteht: Der Personenkult liegt uns in den Genen", sagte Jurgens.
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