Urteil gegen Autor von Kohl-Memoiren erwartet - ein Kommentar
Heribert Schwan sollte die Memoiren von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl schreiben. Posthum veröffentlichte der Autor trotz Verbots sein Buch. Im Prozess droht jetzt das Urteil.
Späte Genugtuung für Helmut Kohl? Dem Journalisten Heribert Schwan, der den Altkanzler in einem Buch als verbitterten, rachsüchtigen Menschen porträtiert hat, droht eine endgültige Niederlage vor Gericht. Dass er aus Stapeln alter Tonbandprotokolle kohlsche Gehässigkeiten über Angela Merkel, Christian Wulff oder Richard von Weizsäcker zitiert hat, war nicht nur ein gewaltiger Vertrauensbruch gegenüber Kohl. Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Köln, das in wenigen Wochen sein Urteil verkünden wird, hat Schwan sich damit auch vertragswidrig verhalten. Als Memoirenschreiber war er nur der Zuarbeiter des Altkanzlers - das Recht, aus seinen Informationen später selbst ein derart schamloses Buch zu destillieren, leitet sich daraus ausdrücklich nicht ab.
Autor der Kohl-Memoiren vor Gericht
Schwan hat es trotzdem getan - und einen kalkulierten Tabubruch begangen. Mit einer beispiellosen PR-Kampagne haben er selbst und sein Verlag für ein Buch getrommelt, das in dieser Form nie hätte erscheinen dürfen, weil die Entscheidung, was aus den Gesprächen in seinem Oggersheimer Hobbykeller alles gedruckt werden darf, alleine bei Kohl lag.
Heribert Schwan soll Vertrauen des Alt-Kanzlers missbraucht haben
Man muss Helmut Kohl weder sympathisch finden noch für den Staatsmann halten, für den er sich selbst hält: Heribert Schwan hat ihm übel mitgespielt, indem er Dinge ans Licht der Öffentlichkeit beförderte, die Kohl ihm im Vertrauen auf seine Verschwiegenheit erzählt hat. Auf dem schmalen Grat zwischen journalistischer Freiheit und persönlicher Loyalität ist Schwan damit spektakulär abgestürzt. Auf weitere Aufträge als Ghostwriter sollte er lieber nicht hoffen.
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