
Aichacherin hilft Kriegswaisen im Jemen

Plus Seit vielen Jahren unterstützt die von der Aichacherin Aenne Rappel gegründete Jemen Kinderhilfe Kriegswaisen. Nun soll ein neues Haus das Projekt sichern.
Die 84-jährige Aichacherin Aenne Rappel ist eine kämpferische Frau. Sie steckt voller Energie. Doch wenn sie von ihren Kindern spricht, vertiefen sich die Sorgenfalten im Gesicht. Sie meint die mittlerweile knapp hundert zum Teil schwer traumatisierten Kriegswaisen, die von ihrer Hilfsorganisation in Taizz im Jemen betreut werden. Rappel ist seit vielen Jahren Vorsitzende des Fördervereins Aktion Jemenhilfe und der Jemen Kinderhilfe. 1996 kam die resolute Frau erstmals als Touristin ins Land und wurde angesichts der katastrophalen Verhältnisse zur engagierten und ausdauernden Helferin. Heute organisiert sie die Hilfe von Aichach aus.
Aenne Rappel berichtet von einer dramatischen Situation im Jemen
Taizz liegt im Bergland des Jemen, zwischen Sanaa im Norden und Aden im Süden. Die Großstadt mit ehemals einer halben Million Einwohner ist schwer vom seit 2015 andauernden Bürgerkrieg gezeichnet. Immerhin haben die saudischen Kampfjets zu Jahresbeginn ihre Bombenangriffe eingestellt, jedoch wird auf den Straßen immer noch geschossen. Ob Huthis, IS, Al-Kaida oder Regierungstruppen: „Keiner weiß, wer hier gegen wen kämpft. Dieser sinnlose Krieg bringt nur Leid und Zerstörung“, klagt Rappel. In Taizz gebe es keine öffentliche Verwaltung und keine Polizei mehr. Die Bevölkerung leide unter Hunger, Wassermangel und ständigem Stromausfall. Stinkender Müll türme sich auf den Straßen. Hinzu komme der Ausbruch von Cholera und Diphtherie. Die meisten der ehemals 13 Krankenhäuser der Stadt seien durch Bomben zerstört. Es fehlen Ärzte und Medikamente.
Auf der Internet-Seite der Organisation erzählen erschütternde Bilder von dem „vergessenen Krieg“: abgemagerte Kinderkörper, verzweifelte Väter, die um ihre Toten trauern, hilflose Mütter vor notdürftigen Zeltunterkünften und Trümmerlandschaften zerbombter Häuserfronten. Aber auch hoffnungsvolle Bilder von Kindern, die sich um eine einfache Reismahlzeit scharen, gibt es. Und Bilder von einem kleinen Krankenhaus im Bergdorf Al Mihlaf nahe Taizz, das vor 20 Jahren von der Jemenhilfe erbaut worden ist.
Rappel betont, dass das Krankenhaus trotz der Kriegswirren immer noch intakt sei. Weil es etwas abgelegen in den Bergen steht, blieb es bisher vor Angriffen verschont. Vielleicht habe man das auch der Tatsache zu verdanken, dass dort Freund und Feind gleichermaßen behandelt werden, so Rappel. Alle Mitarbeiter seien noch vor Ort. Dank der installierten Photovoltaik-Anlage sei man autark und habe, im Gegensatz zu den wenigen anderen noch funktionierenden Krankenhäusern, Strom.
In ihrem Jahreszwischenbericht spricht Aenne Rappel von einer dramatischen Situation in Taizz. Dort leben in einer von der Kinderhilfe angemieteten Wohnung derzeit etwa 25 Mädchen zusammen mit zehn Kriegswitwen. Zum Glück sei eine Lehrerin darunter, die den Kindern Unterricht erteilen könne, sagt Rappel, denn „Bildung ist deren einziges Kapital“.
Dies gelte auch für die derzeit 73 Buben verschiedenen Alters, die in einem angemieteten Haus untergebracht sind. Sie gehen, wann immer der Schulweg sicher und die Schule geöffnet ist, zum Unterricht oder zur Universität, erklärt Rappel. Der Platz im Haus werde indes immer knapper, denn inzwischen seien auch alte Menschen, die alles verloren haben, Teil der Wohngemeinschaft. „Wir versuchen, alle mit Essen, Kleidern und dem Notwendigen zu versorgen“, erklärt die Vereinsvorsitzende und spricht von „einer großen Familie“.

Rappel gründete Jemen Kinderhilfe: "Unsere Notlage hat sich verschärft"
Die Nachricht von einem sehr traurigen Ereignis hat Rappel im Januar erreicht. Der 18-jährige Abdu – ein Junge, der schon lange betreut worden war – sei auf dem Weg zur Beerdigung seiner Stiefmutter von einem Huthi überfallen worden. Weil er sich gewehrt hat, habe man ihn niedergeschlagen und in ein Gefängnis gesteckt, wo er kurze Zeit später starb. Rappel ist in großer Sorge um ihre Schützlinge. „Unsere Notlage hat sich inzwischen verschärft“, klagt sie. Ihr langjähriger Ansprechpartner Scheich Sadeq sei schwer erkrankt und werde seit Jahresbeginn in Kairo behandelt. Ali, einer seiner Söhne, habe nun zusammen mit Adhan, einem zweiten examinierten Betriebswirtschaftler, die Leitung vor Ort übernommen. „Ich stehe in ständigem Kontakt mit den beiden. Sie verwalten die Gelder für die Kinder äußerst gewissenhaft“, ist Rappel überzeugt.
Doch ein neues Problem bedrückt die 84-Jährige und ihre Mitstreiter: Der Eigentümer des angemieteten Hauses, in dem die Jungen leben, hat der Hilfsorganisation wegen Eigenbedarfs gekündigt. Er müsse Saudi-Arabien verlassen und mit seiner Familie nach Taizz zurückkehren. Nun suche man verzweifelt „ein Haus für die traumatisierten Kinder, die nach dem Tod ihrer Angehörigen bei uns eine neue Familie gefunden haben“, erklärt Aenne Rappel.
Weil in Taizz keine geeigneten unbeschädigten Gebäude zu mieten seien, soll ein eigenes Haus erworben werden. „Nach langer Suche haben Ali und Adhan nun in einem sicheren Stadtteil von Taizz ein geeignetes großes Haus mit Innenhof gefunden“, berichtet Rappel. Dieses biete Platz für alle Jungen und die Alten. Außerdem sei das Obergeschoß ausbaufähig, damit später auch die betreuten Mädchen und Frauen dort wohnen könnten. „Unsere jungen Männer sind voller Tatendrang. Sie wollen den Ausbau in Eigenregie machen, zum Großteil mit Baumaterial aus den Trümmern zerstörter Häuser“, sagt sie.
Das Finanzamt Augsburg-Land habe wegen der Gemeinnützigkeit bereits seine Zustimmung für den Ankauf eines Hauses gegeben. „Wir sehen dies als Chance, langfristig einen Ort des Friedens für unsere Schützlinge zu schaffen“, sagt Rappel zuversichtlich. „Deshalb wollen wir unser Kinderhaus auch ,Salam‘, also ,Haus des Friedens‘, nennen“, ergänzt sie. Damit Rappels größter Wunsch in Erfüllung gehen kann, benötigt die Organisation zum Ankauf des Kinderhauses finanzielle Unterstützung. „Ich richte meine Bitte an alle, denen es besser geht als meinen Kindern in Taizz“, sagt die rührige Jemenhilfe-Vorsitzende und verspricht eine „Hilfe, die ankommt und unmittelbar wirkt“.
So können Sie für das Kinderhaus der Jemen Kinderhilfe spenden
Wer den Erwerb des Kinderhauses „Salam“ unterstützen will, kann spenden an die Jemen Kinderhilfe e.V.; Stichwort „Bausteine Kinderhaus“; Konto Stadtsparkasse Aichach-Schrobenhausen, IBAN DE49 7205 1210 0560 1916 45.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um die Karte von Google Maps anzuzeigen
Hier kann mit Ihrer Einwilligung ein externer Inhalt angezeigt werden, der den redaktionellen Text ergänzt. Indem Sie den Inhalt über „Akzeptieren und anzeigen“ aktivieren, kann die Google Ireland Limited Informationen auf Ihrem Gerät speichern oder abrufen und Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten, auch in Staaten außerhalb der EU mit einem niedrigeren Datenschutz Niveau, worin Sie ausdrücklich einwilligen. Die Einwilligung gilt für Ihren aktuellen Seitenbesuch, kann aber bereits währenddessen von Ihnen über den Schieberegler wieder entzogen werden. Datenschutzerklärung
Die Diskussion ist geschlossen.