Israel beschließt Lockerung von Gaza-Blockade
Jerusalem/Gaza (dpa) - Der internationale Druck zeigt Wirkung: Israel will die vor drei Jahren verhängte Blockade des Gazastreifens erheblich lockern.
Das Sicherheitskabinett um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beschloss am Donnerstag, dass mehr Güter auf dem Landweg zu den 1,5 Millionen Palästinensern in den Gaza-Streifen gebracht werden dürfen. Die Seeblockade des Gazastreifens soll jedoch nach Rundfunkangaben aufrechterhalten werden. Die Palästinenser reagierten mit Skepsis auf Israels Ankündigung.
Das Büro Netanjahus teilte mit, es sei entschieden worden, "das System zu liberalisieren, nach dem zivile Güter nach Gaza gebracht werden dürfen". Zudem sollte die Einfuhr von mehr Materialien für "zivile Projekte" erlaubt werden. Israel werde gleichzeitig bestehende Sicherheitsmaßnahmen fortsetzen, um den Schmuggel von Waffen und Kampfmitteln in das Palästinensergebiet zu verhindern.
In den kommenden Tagen wolle das Sicherheitskabinett über weitere Schritte zur Umsetzung der neuen Politik entscheiden, hieß es in der Mitteilung. Israel erwarte von der internationalen Gemeinschaft, sich für eine umgehende Freilassung des vor vier Jahren in den Gazastreifen entführten Soldaten Gilad Schalit einzusetzen.
Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat erklärte am Donnerstag, die Entscheidung zur Lockerung der Landblockade sei "nicht ausreichend". Israel wolle nur den Anschein von Erleichterungen erwecken. "In der Realität geht die Blockade des Gazastreifens weiter, die auf illegale Weise gegen die Palästinenser verhängt wurde." Die internationale Gemeinschaft müsse sich für eine vollständige Aufhebung der Blockade stark machen.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton begrüßte hingegen die angekündigte Lockerung der Gaza-Blockade und verlangte mehr Details in den nächsten Tagen. "Ich betrachte mit großem Interesse, was das israelische Kabinett sagt", erklärte Ashton am Rande des EU-Gipfels am Donnerstag in Brüssel. "Natürlich sind die Details entscheidend." Sie forderte die "schnelle und effektive" Öffnung der Grenzübergänge nach Gaza.
Außenminister Guido Westerwelle forderte von Israel die vollständige Aufhebung der Blockade. Die angekündigte Lockerung könne "ausdrücklich nur ein erster Schritt sein", sagte Westerwelle in Berlin. "Unser Ziel bleibt, dass es ein vollständiges Ende der Abriegelung des Gazastreifens gibt und geben muss."
Die Blockade des Gazastreifens war verschärft worden, nachdem die radikal-islamische Hamas dort im Sommer 2007 gewaltsam die Kontrolle übernommen hatte. Die Gaza-"Solidaritätsflotte" hatte Ende Mai versucht, die Seeblockade vor dem Gazastreifen zu brechen. Bei der Stürmung des türkischen Passagierschiffs "Mavi Marmara" wurden neun Aktivisten getötet und Dutzende verletzt. Israel wurde für den Militäreinsatz weltweit scharf kritisiert.
Der israelische Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte hat die Kriegsgefahr im Nahen Osten aus Sicht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad erhöht. Das Risiko habe "ernsthaft" und "eindeutig" zugenommen, sagte Assad in einem Interview des Senders BBC am Donnerstag. Das Kabinett um Netanjahu sei eine "Regierung von Brandstiftern", mit der kein Frieden erreicht werden könne. "Wenn man keinen Frieden hat, hat man Krieg irgendwann. (...) Wenn man keinen Frieden hat, muss man jeden Tag mit Krieg rechnen und das ist sehr gefährlich", sagte Assad.
Der US-Nahostvermittler George Mitchell traf unterdessen am Donnerstag mit dem israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak zusammen. Bei dem Treffen ging es um Wege, den Friedenprozess zwischen Israel und den Palästinensern voranzubringen. Barak sagte nach Angaben des israelischen Rundfunks, er hoffe auf die schnelle Aufnahme direkter Verhandlungen.
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