Israel und Schweden steuern auf Krise zu
Tel Aviv/Stockholm (dpa) - Israel und Schweden steuern auf eine handfeste diplomatische Krise zu. Auslöser dafür ist ein Bericht der schwedischen Tageszeitung "Aftonbladet" über einen angeblichen Diebstahl von Organen toter Palästinenser.
Schwedens Außenminister Carl Bildt lehnte die von Israel geforderte Verurteilung des Artikels unter Hinweis auf die Meinungs- und Pressefreiheit ab. Als Reaktion erwäge Israel den geplanten Empfang von Bildt Ende August zu verschieben, berichteten die israelischen Medien am Freitag.
Zuvor hatte Israels ultrarechter Außenminister Avigdor Lieberman die Haltung der schwedischen Regierung zu dem Zeitungsbericht mit der Haltung Schwedens während des Holocausts verglichen. "Es ist eine Schande, dass das schwedische Außenministerium sich nicht einmischt, wenn über die Blutlüge von Juden gesprochen wird; etwas, das an die schwedische Position im Zweiten Weltkrieg erinnert, als Schweden auch nicht interveniert hat." Ein Land, das ernsthaft demokratische Werte verteidigen wolle, müsse alle "lügnerischen Artikel verurteilen, die nach Anti-Semitismus riechen", hieß es weiter.
Bildt hatte zuvor darauf hingewiesen, dass Presse- und Meinungsfreiheit sehr stark in der schwedischen Verfassung verankert sind. "Wenn ich damit beginnen sollte, alle merkwürdigen Kommentare in den verschiedenen Medien zu korrigieren, dann hätte ich keine Zeit mehr, etwas anderes zu tun." Die schwedische Botschaft in Tel Aviv hatte sich bereits am Mittwoch distanziert und den Bericht als schockierend und fürchterlich bezeichnet.
Ein freiberuflicher schwedischer Journalist hatte in einem am Montag erschienenen Beitrag unter der Überschrift "Die Organe unserer Söhne werden geplündert" palästinensische Familien zitiert, wonach israelische Soldaten angeblich Organe von toten Verwandten entnommen und gestohlen hätten. Der Autor führte keinerlei Beweise wie beispielsweise die Ergebnisse einer Autopsie an.
Israels Verteidigungsminister Ehud Barak lässt derzeit prüfen, ob die Justiz gegen den Journalisten wegen Verleumdung vorgehen kann. Lieberman erwägt, dem Schweden die Pressekarte entziehen zu lassen und nicht mehr mit Mitarbeitern der schwedischen Zeitung zu sprechen. Der Journalist erstattete inzwischen wegen mehrerer Drohungen Anzeige bei der Polizei. Donald Bostrom sagte am Freitag im schwedischen Frühstücksradio, dass niemand wisse, ob die Vorwürfe wahr oder falsch seien. Deshalb habe er mit seinem Beitrag zu einer Untersuchung beitragen wollen.
Die Beziehungen zwischen Israel und Schweden sind seit einiger Zeit gespannt. Aus Sicht der Regierung in Jerusalem ist Schweden besonders kritisch gegenüber Israel. Schwedens Außenminister Bildt äußerte sich beispielsweise skeptisch nach der Erklärung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu einem demilitarisierten Palästinenserstaat. Es sei positiv, dass Netanjahu erstmals das Wort Staat benutzt habe, auch wenn das, was er beschreibe, nicht wirklich Staat genannt werden könne, sagte Bildt.
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