Die Opposition feiert
Berlusconis Kandidaten erleben bei der Kommunalwahl eine schwere Niederlage. Doch Experten sagen, dass es noch zu früh ist, das Ende seiner Ära zu verkünden
Rom Am Tag der Niederlage war Berlusconi in Rumänien. Politische Gespräche in Bukarest standen auf der Agenda. Dort sagte er dann diesen Satz: „Ich habe keine Zeit, um meine Beerdigung zu organisieren.“
Dazu ist es in der Tat wohl noch etwas früh, auch wenn die Opposition in Italien an die Wende glaubt, denn: Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist in seiner Heimatstadt Mailand geschlagen. Dort in Italiens Wirtschaftsmetropole im Norden, 18 Jahre lang Hochburg der Berlusconi-Partei „Volk der Freiheit“ (PdL), wo Berlusconi reich und mächtig wurde, unterlag die PdL-Kandidatin und Amtsinhaberin Letizia Moratti dem linksgerichteten Kandidaten Giuliano Pisapia. Der errang gut 55 Prozent.
Auch in Neapel, der größten Stadt im Süden, unterlag Berlusconis Kandidat Gianni Lettieri deutlich. Der Unternehmer hatte nach dem ersten Wahldurchgang vor zwei Wochen noch vorne gelegen, wurde aber dann in der Stichwahl vom Oppositionskandidaten Luigi de Magistris von der Anti-Korruptions-Partei IDV (Italien der Werte) mit über 65 Prozent der Stimmen geschlagen. Auch in Cagliari, Triest und Novare verlor das Mitte-Rechts-Lager die Wahlen.
Man könnte sagen, es waren doch nur Kommunal- und Provinzwahlen. Aber Berlusconi selbst hatte das Ergebnis zum nationalen Stimmungstest für die in zwei Jahren anstehenden Parlamentswahlen erklärt. Er hatte sich selbst sehr engagiert, auf seine Art. So hatte er bis zum Schluss noch vor „linken Extremisten“ gewarnt, die aus Mailand eine „islamische Stadt voller Zigeuner“ machen würden.
Dass es seine persönliche Niederlage ist, daran zweifeln nicht mal ihm zugewandte Beobachter wie Giuliano Ferrara, Chefredakteur des als rechtskonservativ, aber intellektuell geltenden Blattes Il Foglio. Ferrara, vollbärtig, vollschlank, manchmal vollmundig, aber stets wortgewandt, ist ein Mann von Berlusconis erster Stunde. Er war es, der damals den Text für Berlusconi schrieb, als dieser im Januar 1994 in einer staatstragenden Ansprache seine Kandidatur als Ministerpräsident und die Gründung einer neuen Partei ankündigte. Ferrara schreibt: „Er hat verloren. Böse.“ Und: „Er hat schlecht verloren.“ Ferrara, der seine Artikel nicht signiert, sondern mit einem roten Elefanten versieht, ist sicher: So geht es nicht weiter. In Italien, so ist zu lesen, sei mit der Mailänder Niederlage nun Berlusconis „Mythos der Unbesiegbarkeit“ hinüber. Namen möglicher Nachfolger werden genannt, unter ihnen ist Justizminister Angelino Alfano. Auch Finanzminister Giulio Tremonti gehöre zu den Anwärtern.
Der Turiner Politikwissenschaftler Gian Enrico Rusconi ist skeptisch: „Nein, Berlusconi ist noch nicht am Ende.“ Zum einen: „Was viele nicht verstehen, ist, dass der Berlusconismus ja eine ganz neue Kaste von Politikern geschaffen hat. Und diese Kaste hat sich noch nicht von ihm emanzipiert.“ Rusconi glaubt nicht, dass sich jetzt schon ein Nachfolger durchsetzen kann. Auch nicht Tremonti. Zudem: „Die Linke ist noch nicht so weit. Es gibt keine ,neue Linke‘ oder eine neue Mitte-Links-Partei. Es gibt in Italien keine ernsthafte Alternative, die über Jahre gewachsen ist, wie beispielsweise die Grünen in Deutschland.“
Derweil legten gestern Berlusconis Anwälte in seiner Abwesenheit dem Mailänder Gericht Einsprüche vor. Es war der zweite Tag im Verfahren wegen Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch.EinederPartys,umdie es im Verfahren geht, soll in der Villa des Cavaliere in Arcore bei Mailand gefeiert worden sein. In Arcore siegte bei den Stichwahlen die Opposition.
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