Die Wehrpflicht hat ausgedient
Verteidigungsminister zu Guttenberg geht den Umbau der Bundeswehr im Stil eines Politikers an, der keine halben Sachen machen will. Heftiger Gegenwind kommt aus den eigenen Reihen. Ein Kommentar von Walter Roller
Verteidigungsminister zu Guttenberg geht den Umbau der Bundeswehr im Stil eines Politikers an, der keine halben Sachen machen und die Richtung bestimmen will. Seine Pläne für eine deutlich kleinere, aber umso effizientere Armee laufen auf die tief greifendste Reform in der 55-jährigen Geschichte der Bundeswehr hinaus. Entsprechend stark wird der Widerstand gegen Guttenbergs Marschroute ausfallen.
Vor allem in den eigenen Reihen muss der schneidige junge CSU-Minister mit heftigem Gegenwind rechnen. In seinem Konzept nämlich hat die allgemeine, von CDU und CSU bislang eisern verteidigte Wehrpflicht ausgedient. Viele Unionspolitiker rechnen die Wehrpflicht seit jeher zu ihrem programmatischen Kernbestand. Guttenberg trägt dem insofern Rechnung, als er die Wehrpflicht nicht aus dem Grundgesetz streichen, sondern nur "aussetzen" will. Und dann sind da ja die rund 7500 Freiwilligen, die zu den nur noch 165 000 Berufssoldaten stoßen und die alte bewährte Idee von einer in der Gesellschaft verankerten Armee am Leben erhalten sollen.
Ob sich die Traditionskompanien der Union damit zufriedengeben? Wohl kaum, zumal ja die Aussetzung der Wehrpflicht in Wahrheit einer Abschaffung gleichkommt. Also wird Guttenbergs eigentliche Bewährungsprobe darin bestehen, die eigene Partei zu gewinnen. Es sieht so aus, als ob er dabei auf die Rückendeckung der Kanzlerin zählen könnte. Man müsse schließlich "auch neu denken", hat Merkel gesagt. Das klingt nach grundsätzlicher Zustimmung.
Die Koalition hat Guttenberg den Auftrag erteilt, bis 2014 mehr als acht Milliarden einzusparen. Da es eine Bundeswehr "nach Kassenlage" nicht geben soll, dürfte dieser gewaltige Betrag nicht annähernd zu erzielen sein. Aussichtsreicher ist Guttenbergs Versuch, den Sparzwang als Hebel für eine große Strukturreform zu nutzen. Dabei war von Anfang an klar, dass die (längst ausgehöhlte) Wehrpflicht in einer auf riskante Auslandseinsätze getrimmten, schlagkräftigeren Armee nicht zu halten ist. 70 000 Rekruten binden knappe finanzielle und personelle Ressourcen, die dringend anderswo benötigt werden. Das Aus für die Wehrpflicht und eine "bessere, leistungsfähigere, professionellere Bundeswehr" (Guttenberg), das sind die zwei Seiten einer Medaille.
Die Debatte darüber, welchen sicherheits- und bündnispolitischen Auftrag die Bundeswehr künftig genau zu erfüllen hat, ist bisher zu kurz gekommen. Guttenberg will im Kern eine gut gerüstete, hoch flexible Berufsarmee, die das ganze Spektrum möglicher Nato-Einsätze beherrscht - von der Stabilisierungsmission bis zum Kriegseinsatz wie in Afghanistan. Auch darüber wird nun offen zu reden sein. Kommentar von Walter Roller
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