Krawalle in Ostjerusalem nach Marsch rechter Israelis
Jerusalem (dpa) - Ein Marsch rechtsextremer Israelis hat am Sonntag im arabischen Ostjerusalem schwere Krawalle ausgelöst. Wütende Palästinenser attackierten die israelische Polizei, die den Zug im Viertel Silwan begleitete, mit Steinen und Molotow-Cocktails, wie Augenzeugen berichteten.
Die Beamten setzten Wasserwerfer ein. Zwischen Demonstranten und Polizei sei es zu Auseinandersetzungen gekommen. Vier Demonstranten wurden nach palästinensischen Angaben verletzt. Auch zwei Polizisten hätten Verletzungen erlitten, teilte Sprecher Mickey Rosenfeld mit. Der US-Gesandte George Mitchell traf unterdessen in Jerusalem erneut mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zusammen.
Netanjahu sprach anschließend von einem "sehr positiven Gespräch". "Israel will sofort mit dem Friedensprozess beginnen, die USA wollen sofort mit dem Friedensprozess beginnen", sagte er während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem. "Ich kann nur hoffen, dass die Palästinenser dies ebenfalls wollen."
Mitchell will kommende Woche seine Bemühungen um eine Aufnahme indirekter Gespräche unter US-Vermittlung fortsetzen. Der US-Gesandte habe in den vergangenen drei Tagen "positive und produktive Gespräche" mit Vertretern beider Seiten geführt, hieß es in einer Mitteilung der US-Botschaft in Tel Aviv. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat von Mitchell für kommenden Monat eine Einladung ins Weiße Haus erhalten, wie der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat am Sonntag mitteilte. Abbas habe die Einladung zu einem Gespräch mit US-Präsident Barack Obama im Mai akzeptiert, sagte Erekat.
Israel lehnt einen Baustopp im arabischen Ostjerusalem weiter ab. Die Palästinenser fordern dies als Bedingung für neue Gespräche. Nach israelischen Medienberichten ist jedoch ein Kompromiss geplant, demzufolge Israel in seinen Siedlungen in Ostjerusalem weiterbauen darf, dafür aber in vorwiegend von Arabern bewohnten Stadtteilen auf provokative Projekte verzichtet. Netanjahu soll auch zur Anerkennung eines Palästinenserstaats in provisorischen Grenzen bereit sein.
Ziel des Marschs in Silwan unter Leitung des rechtsextremen Aktivisten Baruch Marsel war es, israelische Souveränität über ganz Jerusalem zu demonstrieren. Die etwa 20 Minuten lange Demonstration wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Eine Gegendemonstration israelischer Friedensaktivisten wurde anschließend von der Polizei gestoppt.
Netanjahu hatte sich für einen Aufschub des rechtsextremen Marschs ausgesprochen. Die Demonstration wurde jedoch vom Höchsten Gericht in Jerusalem genehmigt. Der israelische Polizeisprecher Mickey Rosenfeld dementierte am Sonntag Berichte, denen zufolge in der Nacht vor dem Marsch 30 palästinensische Einwohner Silwans festgenommen wurden.
Der Leiter des arabischen Informationszentrums in Silwan, Dschawad Sijam, sagte am Sonntagmorgen: "Der Marsch vertritt nicht nur die Ziele der Siedler, sondern auch der israelischen Regierung." Ziel sei es, "die (arabische) Bevölkerung in Silwan zu vertreiben, damit es bis zum Jahr 2020 eine jüdische Mehrheit in diesem Stadtteil gibt", sagte der 41-Jährige. Nach seinen Angaben leben dort gegenwärtig 300 israelische Siedler inmitten von 55 000 Palästinensern.
Die israelischen Friedensaktivisten schwenkten demonstrativ eine palästinensische Flagge. Auf Spruchbändern hieß es unter anderem "Kein Faschismus" und "Stoppt die Siedlungen in Ostjerusalem". Chagit Ofran von Peace Now sagte: "Dieser Marsch ist eine Provokation der Rechtsextremen. Er beweist, dass die Regierung jegliche Kontrolle über Jerusalem verloren hat."
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