Powell war ein moderater Republikaner im Schatten eines Schandflecks
Der mit 84 Jahren verstorbene Colin Powell war der erste schwarze Außenminister der USA. Für Donald Trump hatte er nur Verachtung übrig. Doch das fragwürdige Werben für den Irak-Krieg trübt seine Biographie.
Illusionen hat er sich keine gemacht. „Das Ereignis wird einen prominenten Absatz in meinem Nachruf einnehmen“, sagte Colin Powell schon vor neun Jahren in seinen Memoiren voraus.
Nun ist der ehemalige amerikanische Außenminister im Alter von 84 Jahren gestorben – und tatsächlich drängt sich die Erinnerung an jenen Februartag im Jahr 2003 auf, als der Ex-General im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit fester Stimme behauptete: „Es kann keinen Zweifel geben, dass Saddam Hussein biologische Waffen hat und die Fähigkeit besitzt, sehr schnell noch viel mehr zu produzieren.“
Das war, wie sich später herausstellte, schlichtweg falsch. Doch mit seinem Auftritt lieferte der international angesehene Politiker den Kriegstreibern in der Regierung von Präsident George W. Bush vor der Weltöffentlichkeit eine Legitimation für den Angriff auf den Irak. Powell selber bezichtigte sich später eines schweren Fehlers, weil er den angeblichen Beweisen der Geheimdienste vertraute: „Ich bin am meisten wütend auf mich selbst, weil ich das Problem nicht gerochen habe. Mein Instinkt hat versagt.“
Powell verachtete Trump und unterstützte Biden: „Ich glaube, dass nicht ich mich von der Partei entfernt habe, sondern die Partei von mir“
Einen „Schandfleck“ in seiner Biografie hat Powell 2005 sein Werben für den Irak-Krieg genannt. Doch es wäre ungerecht, das Leben des lange Zeit äußerst populären Politikers alleine durch diesen Blickwinkel zu sehen. Der Nachfahre jamaikanischer Einwanderer hat eine sehr bemerkenswerte berufliche und politische Entwicklung hingelegt: Vom Sohn eines Lagerarbeiters und einer Näherin in der Bronx zum ersten afro-amerikanischen Sicherheitsberater, Generalstabschef und schließlich Außenminister.
Und er wandelte sich vom überzeugten Republikaner zum dezidierten Trump-Kritiker und Unterstützer von Joe Biden. „Ich glaube, dass nicht ich mich von der Partei entfernt habe, sondern die Partei von mir“, beschrieb Powell in einem Interview 2013 seinen politischen Werdegang. Der begann für den Einwanderersohn beim Militär, dessen „Struktur und Disziplin“ er mochte.
Doch es kam noch etwas Anderes hinzu: „Ich fühlte mich irgendwie unverwechselbar mit der Uniform. Sonst war ich nicht sehr unverwechselbar gewesen“, gestand er. Über verschiedene Auslandseinsätze und eine Verwundung im Vietnam-Krieg führte der militärische Aufstieg bis zum Top-Rang des Vier-Sterne-Generals. Unter Ex-Präsident Ronald Reagan wurde Powell als erster Schwarzer zum Nationalen Sicherheitsberater ernannt.
Powell unterstützte eine Einwanderungsreform und trat für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe ein
Sein erfolgreicher Einsatz im ersten Golfkrieg bei der Vertreibung des irakischen Diktators Saddam Hussein aus Kuwait machte ihn zum nationalen Helden und so populär, dass Powell Mitte der 1990er Jahre sogar eine Kandidatur für das Präsidentenamt erwog, die er dann aber doch verwarf. Der General befand sich bereits im Ruhestand, als Präsident George W. Bush ihn 2001 als Außenminister berief.
Powell galt als politisch gemäßigt. Im Ausland hegte man daher große Hoffnungen, dass der erfahrene Politiker die rechten Heißsporne um Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ausbalancieren könnte – bis zu jener Rede vor dem UN-Sicherheitsrat.
Tatsächlich hatte sich Powell ideologisch längst in wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen von der stetig nach rechts rückenden Republikaner-Partei entfernt. Seine Berufung ins Amt pries er mit der optimistischen Bemerkung: „Es zeigt der Welt, was möglich ist in diesem Land.“
Der Afro-Amerikaner unterstützte eine Einwanderungsreform und trat für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe ein. Folgerichtig unterstützte Powell im Wahlkampf 2008 den demokratischen Kandidaten Barack Obama. Später stimmte er für Hillary Clinton und Joe Biden, während er Donald Trump als „nationale Schande“ und „internationalen Paria“ bezeichnete. Nach dem Sturm des von Trump aufgehetzten Mobs auf das Kapitol im Januar diesen Jahres kehrte Powell der republikanischen Partei endgültig den Rücken. Nach Angaben seiner Familie verstarb der Ex-Außenminister am Montag an den Folgen einer Covid-Infektion. Er soll vollständig gegen das Virus geimpft gewesen sein.
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Colin Powell muss bewusst gewesen sein, dass er mit seinem Auftritt im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den Krieg gegen den Irak rechtfertigt. Dass er den Krieg noch mit Lügen vorbereitete macht seine Mitschuld am Krieg und den Hunderttausenden Toten noch größer.
Selbst wenn der Irak Massenvernichtungswaffen gehabt hätte, wären die USA nicht berechtig gewesen den Irak anzugreifen. Der Logik folgend „wer Massenvernichtungswaffen hat darf angegriffen werden“ würde jeden Angriffskrieg gegen die USA, Russland, China, Frankreich, England, Indien, Pakistan, Israel und Nord-Korea rechtfertigen, denn sie besitzen mit ihren Atomwaffen Massenvernichtungswaffen.
Für die Unwahrheiten über angebliche Massenvernichtungswaffen, die zum Überfall auf den Irak dienten und die vielen Menschen das Leben kostete und Leid brachte, muss sich Colin Powell vor dem höchsten Gericht verantworten. God bless.
Er hat zugegeben, dass er vor dem UN Sicherheitsrat gelogen hat. Durch diese Lüge begann der Krieg gegen den Irak. Durch diese Lüge sind hunderttausende Zivilisten gestorben. Durch diese Lüge kamen Millionen irakische Flüchtlinge in die EU. Durch diese Lüge versank der Irak im Chaos und die Voraussetzungen für die Entstehung des IS waren gesetzt.
Ich habe keinen Respekt vor ihm und seiner Tat. Er hat alle im UN Sicherheitsrat belogen, um den USA eine Legitimation für den Krieg zu erschleichen. Da liegen hunderttausend Tote wegen ihm und seiner Lüge. Das darf man nicht vergessen. Andererseits geht es auch noch wesentlich schäbiger, siehe Donald Rumsfeld.
Der deutsche Vertreter im UNSC hat damals zurecht gesagt "we are not convinced". Danke dafür und die mutige Entscheidung der Regierung Schröder, nicht mit in den Krieg zu ziehen!
Viel zu gut der Nachruf. Er hat immerhin einen Krieg der auf vorsätzlichen Lügen aufbaute zu verantworten. Aber einer mehr oder weniger spielt ja bei den USA keine Rolle.