Palästinenser kritisieren Obamas Israelpolitik
Ramallah/Washington (dpa) - Die Palästinenserführung hat sich unbeeindruckt von der Forderung des US-Präsidenten Barack Obama gezeigt, direkte Friedensverhandlungen mit Israel zu beginnen.
Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat verlangte am Mittwoch in Ramallah, dass Israel zuerst alle Bauarbeiten in jüdischen Siedlungen im Westjordanland sowie im arabischen Ostteil Jerusalems stoppen müsse.
Erekat reagierte damit auf Äußerungen Obamas nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Dienstag in Washington. Der Präsident hatte gesagt, er erwarte, dass die derzeit laufenden indirekten Gespräche "innerhalb von Wochen" in einen direkten Dialog überführt werden. Auch Netanjahu hatte sich dafür ausgesprochen. Er bot an, "konkrete Schritte" zu unternehmen, um den Prozess voranzubringen. "Ich glaube, es ist höchste Zeit, mit den direkten Gesprächen zu beginnen", sagte er vor Reportern im Oval Office.
Israel und die Palästinenser verhandeln derzeit nur mit Hilfe des US-Vermittlers George Mitchell. Die indirekten Gespräche sind auf vier Monate befristet und laufen im September aus, ebenso wie ein zehn Monate währender Baustopp Israels im Westjordanland. Die israelische Siedlungspolitik wird als wesentlicher Hebel für die Aufnahme von Friedensverhandlungen betrachtet. Obama will, dass direkte Gespräche aufgenommen werden, "weit bevor das Bau-Moratorium ausläuft".
Allerdings war Obama am Dienstag der Frage eines Reporters ausgewichen, ob er eine Verlängerung des auslaufenden Baustopps als hilfreich für den Beginn direkter Gespräche betrachte. Stattdessen lobte Obama die "Zurückhaltung" der israelischen Regierung während der vergangenen Monate. In den Monaten zuvor hatte die US-Regierung Israel immer wieder öffentlich wegen ihrer Siedlungspolitik kritisiert - am Dienstag war davon nichts mehr zu hören.
Der palästinensische Chefunterhändler reagierte verärgert. "Wenn die USA nicht einmal Netanjahu dazu verpflichten können, alle Bauarbeiten in Siedlungen zu stoppen, wie wollen sie ihn dann dazu zwingen, die Grenzen von 1967 anzuerkennen", fragte Erekat im palästinensischen Sender Stimme Palästinas. "Netanjahu muss sich entscheiden, ob er Frieden oder Siedlungen haben möchte. Er kann nicht beides gleichzeitig bekommen (...) Wir haben jetzt seit 19 Jahren einen Friedensprozess, aber die israelische Siedlungspolitik hat sich während dieser Zeit nicht geändert", sagte Erekat.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas-Organisation lehnte direkte Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern weiterhin ab. Solche Verhandlungen seien nur ein "Deckmantel für die israelische Besatzung", sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri.
Israelis und Palästinenser haben sich in eine komplizierte Lage manövriert. Netanjahu will mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nur von Angesicht zu Angesicht über besonders komplizierte Fragen wie Grenzen und Sicherheit sprechen. Abbas wiederum glaubt, dass der israelische Regierungschef Verhandlungen nur endlos ohne Ergebnis verschleppen möchte. Deshalb will Abbas vor Beginn direkter Gespräche Zusagen über einen Zeitrahmen sowie den Inhalt.
Die insgesamt fünfte Begegnung zwischen Obama und Netanjahu diente vor allem dazu, die Spannungen zwischen beiden Staaten zu verringern. Das letzte Treffen verlief Ende März sehr frostig - es gab nicht einmal einen Fototermin. Anders diesmal, als das Treffen mit einem festen, fast überschwänglichen Händedruck endete. Die US-Medien sprachen deshalb auch kritisch von einer "Show-Veranstaltung".
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