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Interview
02.07.2021

Peter Tauber: "Kurz unterm Gipfel ist die Aussicht genauso gut"

Ausgerechnet in Preußen fand Peter Tauber Inspiration für die politischen Herausforderungen von heute und morgen.
Foto: Stefan Boness, imago

Peter Tauber war fester Teil des Berliner Politbetriebes. Bis ihn eine Krankheit zum Abschied zwang. Warum ein Ministeramt für ihn nicht erstrebenswert ist und welche Gedanken er zum Zusammenhalt im Land hat.

Herr Tauber, sind Sie Fußball-Fan?

Peter Tauber: Ich bin in der Tat Fußball-Fan und leide ein wenig darunter, dass ich nicht ins Stadion gehen kann. Deshalb habe ich jetzt in dieser Pandemie weniger Fußball geschaut. Mein Verein, das sind die Kickers Offenbach, wir träumen mal wieder vom Aufstieg. Wie seit Jahren.

Vor 15 Jahren feierte Deutschland das Sommermärchen. Der Fußball schien das ganze Land zusammenzuschweißen. Heute streiten wir über Flüchtlinge, über Masken, über Regenbogenfarben. Was ist da passiert?

Tauber: Das Sommermärchen war für uns deshalb so ein Erweckungserlebnis, weil wir das gar nicht selber gemacht haben, sondern alle, die damals zu uns gekommen sind, gesagt haben: Ihr Deutschen seid toll, hier ist es schön, ihr habt ein super Fußball-Fest organisiert, und ihr seid auch noch fröhlich. Das hat dazu geführt, dass wir Deutschen gesagt haben: Wenn andere uns mögen, können wir uns doch selber auch mögen. Und das ganz ohne diese deutsche Hybris, die es in unserer Geschichte eben immer mal wieder gab. Dass wir als Gesellschaft über zentrale Fragen streiten, finde ich gar nicht schlimm, sondern sogar richtig. Die Alternative wäre ja, dass uns einer sagt, was wir alle für richtig zu halten haben. Das ist kein Konzept, das haben wir in zwei deutschen Diktaturen ausprobiert.

Peter Tauber: "Ich habe nichts gegen Streit"

Gibt es also keine Spaltung innerhalb der Gesellschaft?

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Tauber: Die spannende Frage ist sicher, mit welcher Einstellung man in einen Streit geht. Diskussionen sind nichts Neues, wir hatten in der Bundesrepublik ständig Streitfragen. Übrigens: Alle zentralen Weichenstellungen unserer Republik sind stets mit nur knapper Mehrheit beschlossen worden. Es war ja nicht so, dass 80 Prozent der Deutschen dafür gewesen wären, den Euro einzuführen. Heute steht die große Mehrheit trotzdem hinter der Idee der europäischen Einheit und der gemeinsamen Währung. Deshalb halte ich die Annahme für falsch, dass man nur durch einen breiten Konsens eine Gesellschaft zusammenhalten kann. Das ist etwas, das Diktaturen suggerieren. Oder was Rechtsextremisten mit dem gemeinsamen Volkswillen meinen. Darum habe ich nichts gegen Streit. Entscheidend ist aber, ob man fähig ist, den anderen anzuschauen und sich selbst zu überlegen, was uns verbindet. Da kann ich zum Fußball zurückkommen: Natürlich kann ich mich leidenschaftlich mit einem FC Bayern-Fan streiten. Aber ist nicht eigentlich das Schöne, dass wir uns beide so für Fußball begeistern können? Das ist verloren gegangen: der Vorsatz, im anderen etwas zu entdecken, das verbindet.

Sie schlagen vor, dass wir uns an Preußen ein Beispiel nehmen sollen? Ist Preußen nicht der krasse Gegenentwurf zur heutigen Gesellschaft?

Tauber: Franz Josef Strauß hat immer gesagt, die Bayern seien die letzten Preußen. Gemeint hat er damit eine gute Ordnung zwischen staatlicher Verantwortung und bürgerlichem Engagement. Ich will Preußen nicht wiederbeleben, nicht umsonst war die Flagge schwarz-weiß: Es gab sehr viel Dunkles, viele Dinge, die uns heute befremdlich erscheinen. Aber Preußen, das ist eben auch Humboldt, das ist Kant. Das Bildungsideal von Humboldt war, den Menschen entsprechend seiner Fähigkeiten zu fördern und ihn nicht nur für einen Beruf auszubilden, sondern ihn am Herzen zu bilden. Das ist etwas, das mir in heutigen bildungspolitischen Debatten fehlt. Oder nehmen Sie Kant und seine Aufklärung – wenn ich ins Internet schaue, sehe ich da sehr viel selbst verschuldete Unmündigkeit. Was die Leute da alles teilen, ohne nachzudenken.

Warum Preußen für Peter Tauber ein Vorbild ist

Was fasziniert Sie an Preußen besonders?

Tauber: Spannend finde ich an Preußen die Frage: Wer gehört eigentlich dazu? Anders als die anderen deutschen Stämme - die Bayern, die Badener - konnten die Preußen ihre Identität nicht aus der Abstammung herleiten. Den Preußen als solchen hat es nicht gegeben, das waren Schlesier, Brandenburger, Ostpreußen. Und für die musste man eine Loyalität zum Gemeinwesen schaffen. Das gelang, indem eben nicht entscheidend war, was die Menschen glaubten oder welche Dialekte sie sprachen, entscheidend war, ob der Mensch ein Teil der Gesellschaft sein wollte. Genau damit haben wir in der Bundesrepublik ein Problem. Nicht alle Menschen, die hier geboren sind, deren Großeltern aber aus anderen Ländern stammen, fühlen sich als Landsleute.

Woran liegt das?

Tauber: Natürlich muss der Staat festsetzen, welche Regeln hier gelten - etwa die Gleichberechtigung der Geschlechter, ein Bekenntnis gegen den Antisemitismus. Daran muss sich jeder halten, der hier leben will. Zum anderen liegt aber auch eine Bringschuld bei uns selbst: Wie sprechen wir andere Menschen an? Ich habe Freunde mit dunklerer Hautfarbe, die die Frage, woher sie „eigentlich“ kommen, eben nicht als Wertschätzung empfinden. Sie fühlen sich zurückgewiesen, die fühlen sich nämlich als Offenbacher Bub und babbeln hessisch. Genauso verräterisch ist es, wenn wir von Muslimen und Deutschen als Gegensatz sprechen. Wer das macht, darf sich nicht aufregen, wenn türkischstämmige Jugendliche eine türkische statt eine deutsche Fahne herumtragen - wenn wir ihnen absprechen, dass die schwarz-rot-goldene ihre sein könnte.

Peter Tauber spricht sich für eine allgemeine Dienstpflicht aus

Sie schlagen eine allgemeine Dienstpflicht für junge Menschen vor. Warum?

Tauber: Viele Wehr- und Zivildienstleistende von früher werden Ihnen erzählen können, dass sie in dieser Zeit gezwungen waren, sich Situationen zu stellen, die mit ihrem eigenen Leben nichts zu tun hatten. Wie viele junge Menschen haben schon mal einen alten Menschen gepflegt? Oder haben Umgang mit Behinderten? Wie viele junge Menschen sind heute noch gezwungen, auf engem Raum mit Gleichaltrigen aus ganz anderen sozialen Schichten zusammenzuleben? Verantwortung muss man lernen. Wir stehen da an den beiden Polen unserer Gesellschaft vor einer Herausforderung. Da sind diejenigen, die gut ausgebildet und wohlhabend sind. Die würden durch einen Dienst an der Gemeinschaft lernen, dass es diese Gesellschaft ist, die ihnen das erst ermöglicht. Ich glaube nicht, dass das all unseren Eliten bewusst ist. Und dann gibt es diejenigen am anderen Ende, die nie Wertschätzung erfahren haben. Der junge Mann, nennen wir ihn Murat, der im Pflegeheim Dienst tut und von der resoluten Pflegedienstleiterin erst so richtig eingenordet wird, am Abend dann aber auch für seine Leistung gelobt, macht ganz neue Erfahrungen. In diesen zwölf Monaten, die man sie in den Dienst der Gesellschaft stellt, reifen junge Menschen um mehr als nur ein biologisches Jahr.

War es im Nachhinein also ein Fehler, die Wehrpflicht aufzuheben?

Tauber: Als Staatssekretär im Verteidigungsministerium habe ich die Folgen der Abschaffung der Wehrpflicht nachvollzogen. Ich würde aber auch heute noch sagen: Aus Sicht der Bundeswehr war das richtig. Wir verlangen viel von unseren Soldaten, die Ausbildung ist inzwischen so komplex, die Waffensysteme komplizierter, das lässt sich jungen Menschen nicht in zwölf Monaten beibringen. Aber man hat sich damals leider zu wenig Gedanken gemacht, was wir mit der Abschaffung der Wehrpflicht noch verlieren. Wir verlieren das Eintauchen in eine neue Erfahrungswelt.

Peter Tauber: "Ich bleibe ein politischer Mensch"

Sie machen sich viele Gedanken über die Gesellschaft. Wie schwer ist der Abschied von der Politik gefallen, nicht mehr aktiv gestalten zu können?

Tauber: Ich wundere mich manchmal, welche Macht Politikern zugesprochen wird. Den Deutschen ist gar nicht bewusst, wie viele Menschen Angela Merkel im Laufe eines Tages fragen muss, bevor sie etwas entscheidet. Die denken: Das ist die Kanzlerin, die macht, was sie für richtig hält. So funktioniert Politik Gott sei Dank nicht. Wir haben auch als Bürger auf vielen Ebenen die Möglichkeit, Dinge zu verändern. Es können nicht nur die, die wir wählen, eine Gesellschaft prägen und gestalten, wir alle können das. Ich hadere nicht mit meinem Abschied aus der Politik, ich bleibe ein politischer Mensch.

Keine Wehmut?

Tauber: Ich war sehr krank vor drei Jahren, meine Ärzte hatten mir gesagt, dass ich weitere Eingriffe vor mir habe, ich war Anfang des Jahres vier Monate raus, um mich zu erholen. Das konnte ich nicht ignorieren. Aber ich wollte ohnehin noch mal etwas anderes machen. Ich habe die CDU ja quasi durchgespielt: Ich war Generalsekretär, ich war Staatssekretär und über zehn Jahre Abgeordneter. Was soll da noch kommen?

Sie hätten Minister werden können.

Tauber: Know your limits – kenne deine Grenzen. Ich weiß auch gar nicht, ob es für mich persönlich erstrebenswert gewesen wäre, Minister zu werden. Es gibt diesen schönen Satz: Kurz unterm Gipfel ist die Aussicht genauso gut, aber da weht der Wind nicht so hart. Da ist was dran.

Würden Sie im Rückblick etwas anders machen in der Politik? Muss Politik immer ein Knochenjob sein?

Tauber: Wenn man etwas tun will für unser Land, dann darf das ruhig den ganzen Einsatz fordern. Was ich richtig fände: eine Beschränkung der Amtszeit. Es ist ja verlockend, als Abgeordneter davon auszugehen, dass es schon immer weiter geht. Man kann aber auch sagen: Zwölf Jahre Bundestag sind genug, zwei Legislaturperioden in einem Regierungsamt sind genug. Das würde auch dem Klischee des Berufspolitikers entgegenwirken.

Peter Tauber galt als Mitglied im "Team Merkel".
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

Sie waren stets Team Merkel - nun wird Angela Merkel nur noch für wenige Wochen Bundeskanzlerin sein. Wird ihr Weggang die Berliner Politik verändern?

Tauber: Auf jeden Fall. Ich bin zwar der Meinung, dass niemand unersetzlich ist, aber Menschen prägen eben durch ihre Persönlichkeit ein Amt. Wir wollen einen Menschen im Kanzleramt und keinen Roboter. Und da sind wir auch wieder bei der Frage, was uns verbindet. Als Helmut Kohl 1998 nicht mehr Kanzler war, habe ich für einen kurzen Moment gedacht, jetzt ist die Republik kaputt. Ich war in der Jungen Union und habe in jedem Wahlkampf gegen die Sozis und Gerhard Schröder gearbeitet - der musste weg, der Schröder. Trotzdem entsprach es meinem Staatsverständnis, dass er auch mein Bundeskanzler war. Konsens ist wichtig in der Demokratie. Und da Brücken bauen. Deshalb fand ich es auch schade, dass die Jamaika-Koalition nicht geklappt hat. Sie hätte die Parteien gezwungen, etwas Verbindendes zu suchen.

Zur Person: Peter Tauber, 46, CDU, war Generalsekretär und parlamentarischer Staatssekretär. Künftig arbeitet er als Sprecher des Textilunternehmens Engelbert Strauss. Am 28. Juni erscheint sein Buch „Was hält uns zusammen?“

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