Mit Sirenen und Warn-Apps gegen neue Wetter-Katastrophen
Viele sind zuständig und irgendwie dann doch keiner: Beim Katastrophenschutz lief zuletzt einiges falsch. Nun soll gegengesteuert werden.
Das verheerende Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat Schwachstellen im deutschen Katastrophenschutz offengelegt. Warnmeldungen erreichen die Menschen nicht, Sirenen gibt es häufig nicht mehr, die Länder bekommen die aus ganz Deutschland angerückten Hilfskräfte nicht an die Stellen, wo sie dringend benötigt werden.
Dennoch will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) keine neue Superbehörde schaffen, die im Notfall das Kommando von überforderten Bundesländern und Kommunen übernimmt. „Das war nicht das Problem in diesen Fällen“, sagte Seehofer am Montag nach einer Sondersitzung des Innenausschusses. Er will die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern sowie Städten, Dörfern und Landkreisen nicht ändern. Sein Argument: Eine Grundgesetzänderung würde Jahre dauern. Seehofer will sich auf das fokussieren, was schnell möglich ist.
Sirenen sollen wieder aufgestellt werden, um bei Katastrophen zu warnen
Die Tragik der Sturzfluten mit ihren über 170 Toten wird noch dadurch gesteigert, dass Seehofer bereits die richtigen Schlüsse gezogen hatte, die Wassermassen aber zu früh kamen. Der CSU-Minister hatte ein Förderprogramm im Umfang von 88 Millionen Euro aufgelegt, damit Sirenen wieder aufgestellt werden. Das ihm unterstellte Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe prüft derzeit, wie künftig bei Überschwemmungen, Waldbränden oder Anschlägen die Betroffenen mit Warn-SMS schneller erreicht werden können.
Technisch ist das kein Problem. Andere Länder wenden sich bei Katastrophen über diesen Weg an die Menschen. In Deutschland gab es bisher Widerstand in der Bundesregierung dagegen, weil in einigen Ministerien die Ansicht dominierte, die bestehenden Warn-Apps reichten aus. Seehofer macht nun öffentlich Druck und verspricht, dass das System für Warn-SMS dieses Jahr noch aufgesetzt wird. „Das muss geschehen und das wird geschehen“, erklärte der CSU-Minister.
Landkreise und Kommunen sind für den Katastrophenschutz zuständig
Wenn an der Architektur des deutschen Staatsaufbaus nichts geändert wird, sind aber weiter Länder und Kommunen dafür verantwortlich, dass sachdienliche Hinweise wie „Bitte betreten Sie nicht mehr die Kellerräume“ auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen. Die konkreten Meldungen werden weiter in den Landratsämtern oder den Rathäusern der kreisfreien Städte geschrieben und eingespeist. Denn der Katastrophenschutz ist in Friedenszeiten Sache der Länder und der ihnen nachgeordneten Stellen. Neben dem verfassungsrechtlichen spricht das inhaltliche Argument dafür, dass vor Ort die besseren Entscheidungen getroffen werden als von einem Einsatzstab in einer weit entfernt liegenden Bundesbehörde.
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Dennoch will Seehofer zumindest die Abstimmung verbessern. Auch das soll künftig durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe geleistet werden. Auch an dieser Stelle soll peinlich auf die Kompetenzverteilung geachtet werden. Entscheiden werden mit Ausnahme des Kriegsfalls am Ende immer die Länder und Kommunen.
Wie Amtschef Armin Schuster nach der Ausschusssitzung erklärte, ist es Stand heute nicht einmal vorgesehen, dass seine Fachleute entscheidungsunterstützend beraten. „Es ist ein nicht denkbarer Vorgang“, dass seine Beamtinnen und Beamte die Kollegen vor Ort übergingen. Seine Behörde hat ausgerechnet im schwer von den Wassermassen getroffenen Ahrweiler eine Außenstelle. Getan hat sie offenbar nichts, um dem überlasteten Landrat zu helfen.
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