USA und Russland wollen atomar abrüsten
Washington (dpa) - Durchbruch für die atomare Abrüstung: Kremlchef Dmitri Medwedew und US-Präsident Barack Obama haben am Freitag in einem Telefonat die letzten Hindernisse für ein neues START-Abkommen beseitigt.
"Nach Jahren der Verhandlungen haben die USA und Russland den umfassendsten Abrüstungsvertrag in nahezu zwei Jahrzehnten beschlossen", sagte Obama in Washington. Am 8. April soll das Abkommen in Prag besiegelt werden. Unklar blieb aber zunächst, was der Vertrag für die umstrittenen Pläne zu einer US-Raketenabwehr in Europa bedeutet.
"Atomwaffen stehen für die dunkelsten Tage des Kalten Krieges und die größten Bedrohungen unserer Zeit", sagte Obama vor Journalisten im Weißen Haus. "Heute haben wir einen weiteren Schritt gemacht, um das Erbe des 20. Jahrhunderts hinter uns zu lassen und eine sicherere Zukunft für unsere Kinder zu schaffen." UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte: "Das ist ein Meilenstein der internationalen Bemühungen zur Abrüstung und zu einer Welt ohne Atomwaffen."
Beide Staaten verpflichten sich im Vertrag, die Zahl der nuklearen Sprengköpfe innerhalb der nächsten sieben Jahre von je 2200 auf je 1550 zu reduzieren. Die Zahl der Trägersysteme wird demnach auf jeweils 800 halbiert. Der neue Vertrag ist auf zehn Jahre ausgelegt und ersetzt den von 1991, der allerdings erst 1994 nach der Ratifizierung in Kraft getreten war.
Wie US-Verteidigungsminister Robert Gates mitteilte, werde das geplante US-Raketenabwehrsystem in Europa nicht von dem Vertrag berührt. Er hoffe, dass Moskau davon überzeugt werden könne, sich an den Bemühungen der Errichtung eines europäischen Raketenschilds zu beteiligen, sagte Gates. Amerikas Atomarsenal bleibe ein wichtiger Pfeiler im Verteidigungssystem. "Aber es ist sicher, dass wir diese Ziele (der Verteidigung) mit weniger Atomwaffen erreichen können."
Eine Kremlsprecherin erklärte, der von Russland abgelehnte Raketenschild werde im Vertrag in juristisch bindender Form erwähnt. Das System war bis zum Schluss ein Hauptknackpunkt der Verhandlungen gewesen. Der russische Generalstabschef Nikolai Makarow sagte, die Vereinbarung berücksichtige die Interessen Russlands.
"Ich bin zuversichtlich, dass die Gespräche über eine Reduzierung von Atomwaffen weitergehen werden", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. "Doch diese Gespräche können nur geführt werden im Kontext der globalen strategischen Situation, im Kontext der generellen Abrüstung." Zusätzlich zu Atomwaffen seien konventionelle Waffensysteme entwickelt worden, deren Vernichtungskraft nicht geringer sei als die von nuklearen.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die Einigung. "Dies ist ein guter Tag für die Abrüstung", erklärte Westerwelle in Berlin. Die START-Vereinbarung sei ein Meilenstein, um die nukleare Abrüstung insgesamt voran zu bringen: "Ich erhoffe mir ein kraftvolles Signal nicht nur für die Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags Anfang Mai, sondern auch für internationale Abrüstungsbemühungen in anderen Bereichen." Auch Frankreichs Präsident Präsident Nicolas Sarkozy begrüßte die Abrüstungspläne als "wichtiges Signal".
"Mit diesem Abkommen senden die USA und Russland - die beiden weltgrößten Atommächte - ein klares Signal, dass wir führen wollen", erklärte Präsident Obama nach dem Telefonat mit Medwedew. Das Abkommen beinhalte für ihn zwei seiner größten außenpolitischen Ziele: Die atomare Abrüstung und die Verbesserung der amerikanischen Beziehungen zu Russland. "Wenn die USA und Russland effektiv zusammenarbeiten können, ist das im Interesse beider Staaten und der Sicherheit und dem Gedeihen weltweit", sagte Obama. Er freue sich darauf, den historischen Vertrag fast genau ein Jahr nach seinem letzten Besuch in Prag unterzeichnen zu können. Im Frühjahr 2009 hatte Obama in der tschechischen Hauptstadt seine Vision von einer atomwaffenfreien Welt bekanntgegeben.
"Dies ist ein guter Tag für Amerika und unsere Sicherheit", hob auch die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hervor. "Dieser Vertrag demonstriert, dass wir in unseren Beziehungen zu Russland einen großen Schritt vorangekommen sind." Clinton gab aber zu, dass es weiterhin Differenzen zwischen den beiden befreundeten Staaten gebe.
Auch der Kreml hob die Bedeutung des Abkommens hervor. Es spiegele das Gleichgewicht der Interessen beider Länder, sagte Medwedews Sprecherin Natalia Timakowa. "Die Abstimmung des Dokuments war nicht immer einfach", sagte sie. Doch die konstruktive Einstellung der Unterhändler sowie das persönliche Engagement der beiden Präsidenten hätten die kurzfristige Einigung gestattet.
Sobald die Präsidenten das neue Abkommen unterzeichnet haben, müssen die Parlamente in Moskau und Washington die Verträge ratifizieren. Erst dann werden sie gültig. Die Ratifizierung sei nun die wichtigste Aufgabe, sagte Timakowa. Das Abkommen sei für zehn Jahre gültig.
Der demokratische Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat drängte beide Parteien im Kongress zur Zusammenarbeit, um das Abkommen nach seiner Unterzeichnung schnellstmöglich wirksam zu machen. "Wir können diese Gelegenheit für einen Neubeginn der Beziehungen mit Russland und unsere Rolle als Weltführer der nuklearen Abrüstung nicht verstreichen lassen", erklärte Kerry in Washington. Der konservative Senator Richard Luger sagte Kerry die Kooperation bereits zu.
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