Torsten Albig: Mit dem Schlagloch-Soli gegen den Rest der Welt
Selbst die SPD kritisiert ihren Ministerpräsidenten Torsten Albig für den Schlagloch-Soli. Doch der zeigt sich wenig beeindruckt - und argumentiert weiter für seinen Vorschlag.
Nicht einmal die eigene Partei will ihm folgen – aber auch das beeindruckt Torsten Albig nicht. Obwohl er noch keine Verbündeten für seine Forderung nach einer Sonderabgabe von 100 Euro im Jahr für alle Autofahrer gefunden hat, legt der schleswig-holsteinische Ministerpräsident am Dienstag noch einmal nach.
„Wenn wir kneifen“, warnt er, „wird uns die Realität einholen.“ Deutschland stehe vor dem Infarkt seiner Infrastruktur, weil die Große Koalition in dieser Legislaturperiode nur fünf Milliarden Euro zusätzlich in den Erhalt und den Neubau von Straßen und Brücken stecken will. Erforderlich aber sind aus Sicht der Länder gut sieben Milliarden mehr – und zwar jedes Jahr.
Wie man einen Vorschlag so platziert, dass er auch die gewünschte Wirkung entfaltet, weiß Albig noch aus seiner Berliner Zeit, als er den Finanzministern Oskar Lafontaine, Hans Eichel und Peer Steinbrück als Sprecher diente. Geschickt hat der SPD-Mann sein Plädoyer für eine neue „Asphaltsteuer“ deshalb am Osterwochenende öffentlich gemacht, an dem deutlich weniger Nachrichten als sonst miteinander konkurrieren.
Größtmögliche Aufmerksamkeit war ihm damit gewiss, auch wenn viele seiner Parteifreunde sich jetzt fragen, was den 50-Jährigen eigentlich antreibt. „Im Koalitionsvertrag findet sich dazu nichts“, sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel am Rande seiner China-Reise nur lapidar. Der Finanzexperte Joachim Poß hält Albigs Vorschlag für „völlig inakzeptabel“, der Haushaltsexperte Johannes Kahrs spricht gar von „grobem Unfug“.
Kritiker: Albigs Idee würde vor allem Pendler bestrafen
Mit den Autofahrern legt sich, die Grünen ausgenommen, keine Partei gerne an – zumal die schon jetzt Jahr für Jahr zwischen 45 und 50 Milliarden Euro an den Staat abführen. Der mit Abstand dickste Brocken dabei ist mit 35 Milliarden Euro die Mineralölsteuer, dazu kommen mehr als acht Milliarden Euro an Kfz-Steuer und mehr als vier Milliarden Euro aus der Lkw-Maut. Direkt in den Straßenbau aber fließt nur ein kleiner Teil dieser Mittel, der große Rest landet im allgemeinen Haushalt und wird auch für andere Zwecke wie dem Bundeszuschuss an die gesetzliche Rentenversicherung verwendet.
Der neue Verkehrsminister Alexander Dobrindt muss schon froh sein, dass er in Zukunft das Geld, das er in einem Jahr nicht verbauen kann, ins nächste Haushaltsjahr hinüberretten kann – seine Vorgänger durften das nicht. Mit seiner Pkw-Maut für Ausländer und einer ausgeweiteten Lkw-Maut setzt der frühere CSU-General allerdings andere Prioritäten als Albig. Zu dessen Idee äußern will er sich nicht. Dafür wird die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner umso deutlicher: „Ich bin dagegen. Autofahrer zahlen bereits genügend Abgaben.“ Mit Albigs Methode würden vor allem die Pendler bestraft.
Verkehrsminister der Länder haben andere Vorschläge
Dass sich der Sanierungsbedarf auf Deutschlands Straßen inzwischen auf hohe zweistellige Milliardenbeträge addiert, bestreiten allerdings auch Albigs Kritiker nicht. Schlaglöcher, marode Brücken, vernachlässigte Landstraßen und holprige Autobahnabschnitte: Bei ihrer Konferenz im vergangenen Jahr forderten die Verkehrsminister der Länder ähnlich wie Albig jetzt einen 40 Milliarden Euro schweren „Verkehrsfonds“, um das Straßennetz bis zum Jahr 2028 grundlegend modernisieren zu können.
Anders als der Ministerpräsident aus Kiel wollen sie diesen Fonds aber nicht mit einer Art „Soli“ füllen, den jeder Autofahrer in einen Fonds einzahlt, sondern mit Mitteln des Bundes und den Einnahmen aus der Lkw-Maut. Albig dagegen sagt provozierend: „Wer Angst hat, abgewählt zu werden, weil er für reparierte Straßen zusätzlich 100 Euro im Jahr von den Menschen verlangt, der wird irgendwann abgewählt, weil dieselben Menschen über unsere Straßen nicht mehr vernünftig zur Arbeit fahren können.“
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