Berlin, die ewige Stadt der Spione
Plus Hochverrat-Affäre im Herzen des BND: Gab ein hochkarätiger Mitarbeiter Informationen an die Russen weiter? Auf Spurensuche im Berliner Agenten-Sumpf.
Über dem pompösen, noch zu Stalins Zeiten im Stil des Sozialistischen Klassizismus errichteten Botschaftsgebäude hängt die weiß-blau-rote Fahne der Russischen Föderation schlaff im Januarregen. Vor dem hohen schmiedeeisernen Zaun, auf der Straße Unter den Linden, flanieren bunt beschirmte Touristen. Was hinter der Gittertür neben dem goldfarbenen Doppeladler-Wappen vor sich geht, bleibt ihren Blicken verborgen. Klar ist, dass in dem weitläufigen Gebäudekomplex nicht nur Diplomaten ein und aus gehen. Sondern auch Spione und Agentinnen in mutmaßlich dreistelliger Zahl. Ihnen scheint es gelungen zu sein, Carsten L. als Quelle zu gewinnen und den hochrangigen Offizier des Bundesnachrichtendienstes zum vielleicht größten Landesverräter seit der deutschen Wiedervereinigung zu machen. Der womöglich Staatsgeheimnisse preisgab, die Russland bei seinem brutalen Feldzug gegen die Ukraine strategische Vorteile verschaffen, das Leben ukrainischer Soldaten und Zivilistinnen gefährden. Bekam L. Geld, wurde er mit "Kompromat" erpresst? So nennen die Russen belastendes Material, Fotos oder andere Beweise für Straftaten, etwa auch verbotene sexuelle Handlungen. Vieles ist noch unklar an dem Fall, doch je mehr Details durchsickern, desto stärker erinnert er an einen knallharten Thriller. Sicher ist: Eine Hauptrolle spielt der Schauplatz.
Wenn John le Carré, König des Agentenromans, von der "ewigen Stadt der Spione" schrieb, war Berlin gemeint. Schon zu gewöhnlichen Zeiten ist in der deutschen Hauptstadt nichts undenkbar. Verräter in Vertretungen fremder Länder? Agenten autoritärer Staaten, die geflohene Landsleute ausspionieren und einschüchtern? Mord im Namen Moskaus, am helllichten Tag, mitten in einem beliebten Park? Ein mutmaßlicher Geheimdienstler, der beim Sturz aus einem Fenster besagter russischer Botschaft stirbt? Solche Meldungen lassen regelmäßig aufhorchen, doch sie wundern niemanden mehr. Erst recht nicht intime Kenner der Materie, wie den Geheimdienst-Experten und Autoren Erich Schmidt-Eenboom. Er sagt: "Mit dem Ende des Kalten Krieges ist der Spionage-Sumpf an der Spree mitnichten ausgetrocknet. Sondern immer nur tiefer, schmutziger und gefährlicher geworden." Doch der Fall, der kurz vor Weihnachten bekannt wurde, habe ihn vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine "wirklich schockiert": Ausgerechnet ein "absoluter Hochkaräter" in den Reihen des Bundesnachrichtendienstes (BND) soll Staatsgeheimnisse an Putins Agenten verraten haben.
Dieser Artikel ist hier noch nicht zu Ende, sondern unseren Abonnenten vorbehalten. Ihre Browser-Einstellungen verhindern leider, dass wir an dieser Stelle einen Hinweis auf unser Abo-Angebot ausspielen. Wenn Sie weiterlesen wollen, können Sie hier unser PLUS+ Angebot testen. Wenn Sie bereits PLUS+ Abonnent sind, .
Dieser Artikel ist hier noch nicht zu Ende, sondern unseren Abonnenten vorbehalten. Ihre Browser-Einstellungen verhindern leider, dass wir an dieser Stelle einen Hinweis auf unser Abo-Angebot ausspielen. Wenn Sie weiterlesen wollen, können Sie hier unser PLUS+ Angebot testen.
Die Diskussion ist geschlossen.