Eine Gesellschaft ohne Kompromisse kann auf Dauer nicht funktionieren
Die USA schränken das Recht auf Abtreibung massiv ein. In Deutschland wird über weitere Lockerungen diskutiert. Warum beides ein großer Fehler ist.
Es ist nichts anderes als ein Scherbenhaufen, auf dem nun die Trümmer einer modernen, von vielen bewunderten Gesellschaft liegen. Ein Bruch, der so schnell nicht verheilen wird: Dass konservative Richter und ihre ideologischen Einflüsterer in den USA nach 50 Jahren das Recht auf Abtreibung kippen, wird das Land weiter verändern.
Das Urteil fragt nicht nach dem Warum, es gibt keine Hilfe, es ist radikal, weil es ohne Rücksicht auf die Umstände ist. Selbst nach einer Vergewaltigung werden Frauen in einigen Bundesstaaten künftig gezwungen sein, das Kind auszutragen oder sich Hilfe in anderen Regionen zu suchen. Beides ist eines Landes wie Amerika unwürdig. Und es zeigt, wohin ein mit Verachtung und Hass geführter Kulturkampf führen kann. Denn das Urteil ist nur ein Symbol – seinen Befürwortern geht es längst um mehr als um das Thema Abtreibungen. Es geht um Homosexualität, es geht um Verhütung, es geht um die Rechte von Frauen, es geht um Lebensmodelle, die nicht mehr die gleichen sind wie vor einem halben Jahrhundert. Die Folgen dieser brutalen Auseinandersetzung sind noch gar nicht absehbar und daher umso beängstigender. Die Vereinigten Staaten stecken in einer tiefen Identitätskrise – anderen Ländern sollte dies ein mahnendes Beispiel sein, wohin es führen kann, wenn die Spaltung der Lager so weit vorangetrieben wird, dass ein Kompromiss kaum mehr machbar ist.
Deutschland sollte nicht den amerikanischen Weg gehen
Auch Deutschland sollte genau beobachten, was sich jenseits des Atlantiks abspielt. In der vergangenen Woche wurde das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen aufgehoben. Es war ein wichtiger und richtiger Schritt. Nichts ist absurder als allein der Titel dieser Diskussion: Es geht nicht um Werbung, es geht um sachliche Informationen und Aufklärung. Dass die Politik das erkennt, war überfällig. Und doch schwang auf der Seite derer, die für die Abschaffung des Paragrafen 219a waren, noch etwas anderes mit: Dass es nun darum gehen müsse, die Abtreibungsregeln in Deutschland weiter zu liberalisieren. Wir sollten uns davor hüten! Der Weg, den unser Land in dieser so schwierigen Frage gefunden hat, mag nicht perfekt sein, doch er sorgt für den gesellschaftlichen Frieden, den Amerika verloren hat.
Natürlich kann man Schwangerschaftsabbrüche ablehnen, aber eine Gesellschaft braucht Kompromisse. Nun ist ein Kompromiss in dieser Frage besonders schwierig, weil es zwischen Tod und Leben nun einmal keine Zwischenlösung gibt, auf die man sich einigen könnte. Umso wichtiger ist es, ihn in anderen Fragen zu finden. Der Zeitpunkt ist so einer: Je früher eine Abtreibung stattfindet, umso besser ist es. Mit der Festschreibung, dass ein Schwangerschaftsabbruch generell verboten, aber straffrei ist, macht der Staat zudem deutlich, dass diese Entscheidung immer eine Ausnahme sein muss, dass er das Leben höher gewichtet.
Respekt ist die Grundlage für eine Gesellschaft
Zugleich ist da aber auch noch das Leben der Frauen. Und auch das müssen Kritiker im Blick behalten. Frauen treffen den Entschluss, eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden, nicht leichtfertig. Sie hadern, sie zögern, sie haben Angst – eine Abtreibung ist kein Friseurbesuch, und das ist auch gut so. Doch am Ende müssen sie die Entscheidung treffen. Und die Gesellschaft muss sie innerhalb der Grenzen, die sie gesteckt hat, hinnehmen. So viel Respekt sollten wir voreinander haben. Die Zeit zurückdrehen lässt sich ohnehin nicht. Die Zeit der Unmündigkeit ist vorüber.
Die Diskussion ist geschlossen.
Eine Schwangerschaft fällt nicht ungewollt vom Himmel , sondern erfordert gewisse vorherige Aktivitäten !
Vielleicht sollten die , die so vehemet die völlig enthemmte Legalisierung fordern - mit der Kampfparole "mein Körper gehört mir", genauer hinsehen und überlegen , was sie und mit wem tun !
Mittel und Wege zur Verhütung gibt es in den westlichen Industrienationen heute mehr als genug !
Dann bedarf es auch keines Schwangerschaftsabbruchs !
(Übrigens umfaßt mein Kommentar ausdrücklich nicht Vergewaltigungsopfer. Diese dürften aber wohl kaum die "wichtigen Zielobjekte" der Kampagne nach völlig enthemmter Legalisierung sein , sondern werden dann immer nur wohlfeil vorgeschoben - als Schein-Begründung !)
"Mit der Festschreibung, dass ein Schwangerschaftsabbruch generell verboten, aber straffrei ist, macht der Staat zudem deutlich, dass diese Entscheidung immer eine Ausnahme sein muss, dass er das Leben höher gewichtet."
Und verhindert damit die Möglichkeit eines Klinikums diese Form der Behandlung zur Pflicht für eine Anstellung zu machen. Großartig!
Was spricht dagegen einfach zu schreiben dass der Schwangerschaftsabbruch legal ist mit den Ausnahmen XYZ?