Kaum ein Volk glaubt so an die Regelungskraft des Staates wie die Deutschen. Dabei mischt der sich immer stärker in Lebensbereiche ein, die ihn nichts angehen.
George Bernhard Shaw, der alte Spötter, war kein lupenreiner Demokrat – aber er wusste, woran viele Demokratien kranken. „Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit“, schrieb der 1925 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Dramatiker und Satiriker. „Das ist der Grund, weshalb die meisten Menschen sich vor ihr fürchten.“
Die lähmende Passivität, die sich über Deutschland gelegt hat, ist auch eine Folge dieser Haltung. Wie kaum ein anderes westliches Volk vertrauen die Deutschen auf die Autorität ihres Staates, der von der Dachneigung eines Einfamilienhauses über die Ladenschlusszeiten bis zu den Nebenverdiensten eines Rentners so ziemlich alles geregelt hat, was eine Bürokratie nur regeln kann. Dieser Hang zum Dirigismus trifft auf ein weitgehendes Einverständnis der meisten Bürger, die sich in ihrem derart betreuten Gemeinwesen gut eingerichtet haben, nimmt politisch wie ökonomisch mittlerweile aber besorgniserregende Züge an.
Deutsche Regelungswut: Die Bürokratie erfasst die privatesten Lebensbereiche
Bürokratie erstickt nicht nur Eigeninitiative, sie macht eine Volkswirtschaft auch träge und kostet sie Kreativität. Gleichzeitig hat die schon sprichwörtliche deutsche Regelungswut inzwischen die privatesten Bereiche der Deutschen erreicht – die Kühlschränke, zum Beispiel, oder die Heizungskeller. So will Agrarminister Cem Özdemir die Werbung für bestimmte Käse-, Butter- und Joghurtsorten verbieten, weil sie angeblich ein paar Zehntelprozente zu viel Fett enthalten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck wiederum wünscht sich eine lückenlose Dokumentation der Wärmeversorgung: Welches Haus ist wie gedämmt, welche Heizung ist wo installiert und wie viele Kilowattstunden verbraucht sie? Wie jemand wohnt, lebt, sich ernährt oder bewegt, geht aber keinen Politiker etwas an. Hier hat das Private privat zu bleiben und nicht politisch zu werden.
Bürokratie soll dem Bürger dienen – nicht der Bürger der Bürokratie
Tatsächlich macht der Staat sich immer breiter im Leben seiner Bürger, getarnt mit dem Mantel der Fürsorglichkeit. Erfordert der Klimaschutz nicht sein ständiges Eingreifen? Ist der Kampf gegen die Dickleibigkeit bei Kindern nicht eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe? Anstatt einen Ordnungsrahmen zu setzen, in dem die Menschen sich so frei wie möglich entfalten können, wird der Staat mit einer wachsenden Zahl an Ge- und Verboten immer übergriffiger.
Nach Auskunft des Bundestages galten im Februar 2022, dem letzten Stichtag, in Deutschland 1.773 Bundesgesetze mit 50.738 Paragrafen und 2.795 Bundesrechtsverordnungen mit 42.590 Paragrafen, die Rechtsakte der Bundesländer und der EU noch nicht mitgerechnet. Dabei soll die Bürokratie doch den Bürgern dienen und nicht der Bürger der Bürokratie
Deutsche Gesetze: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick in die Schweiz, die gerade ein Klimagesetz beschlossen hat, das in seinen Zielen den deutschen kaum nachsteht, das aber ohne Verbote und direkte staatliche Eingriffe auskommt. Umweltschonendes Verhalten, etwa durch den Einbau einer Wärmepumpe oder die Umstellung eines Betriebes auf erneuerbare Energien, belohnt der Staat hier mit Prämien und Investitionszuschüssen.
Er vertraut darauf, dass die Schweizer rechnen können und bei steigenden Öl– und Gaspreisen ihr Verhalten schon selbst den neuen Notwendigkeiten anpassen. In Deutschland dagegen liegt jetzt der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr-und Überprüfungsordnung“ im Bundestag. Der Name ist dabei Programm: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
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In Deu ist leider die Fürsorgementalität, dass alle Dinge des Lebens vom Staat geregelt werden sollten, stark ausgeprägt. Das kommt auch der neuen grünen Bewegung gerade recht- alles soll klimaverträglich vom persönlichen Essgewohnheiten, Mobilitätsverhalten und neuerdings wie man zu Hause kocht und heizt mit Überwachung des Stromverbrauchs. Und gesellschaftlich sollte man "Woke" sein und ständig von Bedenken und Mitgefühl für alle erdenklichen Randgruppen beseelt sein; wenn es sein muss auch zum eigenen Nachteil. Und man muss natürlich geschützt werden vor schädlichen Einflüssen wie Nikotin und Alkoholwerbung usw. .Bin trotz Marlboro Werbung und ohne ständige "Guidance " durch staatliche Einrichtungen durchs Leben gekommen und rauche auch heute gelegentlich Marlboro begleitet vom Bernstein Soundtrack zu "The Magnificent Seven" . War sogar Mal selbst bei einem Werbedreh in Wyoming dabei. Empfinde tiefe Abneigung gegen schulmeisterliche Belehrungen und Moralvorgaben.
Na, dann passen'se "Mal" schön auf, daß es Ihnen nicht so ergeht wie dem Marlboro Man...
Wenn man 100 ist oder wird spielt das auch keine Rolle mehr :)
Der Deutsche, zumindest die überwiegende Mehrzahl würde sich ohne eine stramme Führung, die alles bis ins kleinste Detail regelt, ziemlich hilflos vorkommen. Täglich ertönt der Ruf nach dem Staat (vielfach).
Man kann es auch auf die Spitze treiben und fragen, ob die Deutschen ohne diese Regeln und Verbote überhaupt lebensfähig wären? Was wäre, wenn die Deutschen plötzlich feststellen müssen, das dies oder jenes nicht exakt geregelt ist? Freiheit und Selbstverantwortung scheint für die Masse der Deutschen nur noch aus geschichtlichen Erzählungen bekannt zu sein; man macht sich lieber darüber weltbewegende Gedanken, wie man z.B die deutsche Sprache noch mehr verunstalten und vergewaltigen kann.
"Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit". Ja, das ist ein schöner Satz, den viele Deutsche auch für sich in Anspruch nehmen. Allerdings hört die Eigenverantwortung oft da auf, wo es unbequem wird und wo das Eigeninteresse berührt wird. Ich weiß nicht, ob die Schweizer und die Dänen besser rechnen können, aber anscheinend wird da das Gehirn mehr eingesetzt als in Deutschland. Einem Deutschen muss man sagen: "Tu das nicht." Tut er es dennoch, kommt die Frage: "Wie konnte das passieren – was kann der Staat jetzt tun". In Dänemark beispielsweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass es einem freisteht, so oder so zu handeln. Es gibt bei weitem nicht so viele Verbotsschilder wie hier. Aber wenn es schief geht, muss man eben auch die Konsequenzen tragen. Wer sich beispielsweise allzu ungesund ernährt, wird vielleicht eher krank. Okay, aber er hatte seinen Spaß – aber der Däne wird nie den Staat dafür verantwortlich machen, dass er zu viel Mayonnaise in sich reingestopft hat – der Deutsche wird es versuchen, der Amerikaner, unser großer Lehrmeister in vieen Dingen, wird einen Prozess gegen die Mayonnaisefabrik anstrengen. Das Gemeinschaftswohl in vielen Ländern steht über dem individuellen Missgeschick. Ich muss Herrn Wais hier schon recht geben – viel Kreativität geht durch die Regelungswut verloren und Geld wird unnötig verbraten, aber wenn ein Volk eben nur das Eigeninteresse verfolgt – dann steckt die Regierung nicht nur die Rahmenbedingungen, sondern muss auch noch das Feintuning machen, um die Gesellschaft vor dem Individuum und das Individuum vor sich selbst zu schützen.
@ Herr K: Was das mit Rechtsradikalismus zu tun hat, erschließt sich mir allerdings nicht. Denn verantwortungsbewusster Umgang mit Freiheit passt den Rechtsradikalen doch erst recht nicht in den Kram.
Oh, das waren damals noch Zeiten, als das "Private" eher das war, was im heimischen Schlafzimmer passiert. Und jetzt Kühlschränke und Heizungskeller. Anscheinend ist es aber bitter nötig, und was das Thema Werbeverbote angeht, als ich im Teenager-Alter war konnte man an jeder Ecke den Marlboro-Mann sehen und man ging meilenweit für eine Camel-Filter, Loch in der Schuhsohle inklusive. Und die Werbung zielte auch genau auf die jugendliche Zielgruppe, die gerne "groß" sein wollte und dazu gehören wollte. Gut, dass es das nicht mehr gibt.
Ja und der Heizungskeller, geht leider uns alle was an, wenn dort "Dreckschleudern" arbeiten die den Klimawandel befeuern. Gerade eben ein Video aus Braunschweig von heute gesehen, cool, da muss man nicht mehr ins Freibad gehen, das Freibad kommt zu einem vor die Haustüre. Natürlich wäre es schön, wenn die Vernunft oder die Sparsamkeit der Leute ausreichen würde um notwendige Veränderungen überall umzusetzen, aber wie gut das funktioniert haben wir ja in der Corona-Pandemie gesehen in der "Freiheit" zum Synonym für "ist mir doch scheiß egal wenn Du dich ansteckst, solange es mir gut geht" wurde.
Und auch die Dachneigung hat durchaus ihre Berechtigung, immerhin sind wir ja noch hin und wieder auch in der Situation dass es schneit und die Schneelast bzw. wie schnell der Schnee wieder vom Dach schmilzt ist nun mal abhängig von der Dachneigung. Außerdem will man ja ein einheitliches Stadtbild haben und nicht einen Flickenteppich in dem jeder so baut wie es ihm gerade gefällt.
Und was die Vielzahl der Gesetze angeht, das ist nun mal eher unvermeidlich. Die Aufgabe des Staates ist es, Gesetze zu erlassen und selbst wenn ich ein schlechtes Gesetz korrigieren will muss diese Korrektur wiederum durch Verabschieden eines neuen Gesetztes erfolgen. Ich möchte mal das Geschrei hören, wenn es heißt, der Staat hat in diesem Jahr keine neuen Gesetze beschlossen, dann wird jeder sagen, wofür bezahlen wir unsere Abgeordneten eigentlich.
Aber gut, Hauptsache wir haben wieder ein wenig gegen die Grünen ausgeteilt, ist ja Wahlkampf in Bayern...
"Ja und der Heizungskeller, geht leider uns alle was an, wenn dort "Dreckschleudern" arbeiten die den Klimawandel befeuern."
Also beispielsweise:
Familie 1 hat eine 30 Jahre alte Gasheizung verbraucht im Jahr 10.000kw/h und befeuern den Klimawandel.
Familie 2 hat eine neue Gasheizung und
heizt damit den 100qm3 Pool mit und verbraucht 200.000 kw/h im Jahr.
In diesem Beispiel ist laut Ihnen Familie 1 der Klimazerstörer weil sie eine alte Heizung hat?
"Und auch die Dachneigung hat durchaus ihre Berechtigung, immerhin sind wir ja noch hin und wieder auch in der Situation dass es schneit und die Schneelast bzw. wie schnell der Schnee wieder vom Dach schmilzt ist nun mal abhängig von der Dach Neigung"
Deswegen stürzen im Winter auch regelmäßig die Häuser mit Flachdach ein.
Ja - die böse Werbung. Nur die ist „schuld“ an der Verderbtheit der Jugend. Komisch nur, dass es in dem kleinen Deutschland, in dem ich aufgewachsen bin, gar keine Konsum-Werbung gab, und trotzdem noch viel mehr geraucht und gesoffen wurde, als im Marketing-Bund-Land.
Und komischerweise hat der Regen in Braunschweig so gar nichts mit der Heizung, aber viel Versiegelung von Flächen zu tun. Und warum nun wieder, hat es auch vor 300 Jahren schon Starkregenfälle gegeben?
Und natürlich müssen die gesellschaftlichen Blockwarte noch was mit Corona bringen. Da wird klar, warum es keine Aufarbeitung geben wird. Vor allem wenn wir hier vor Gesunden gewarnt wird.
Und was Dachneigung mit Tauendem Schnee zu tun hat, verstehen nun wirklich nur sie. Von einem flachen Dach stürzt der nicht so schnell auf die Straße. Und warum muss in der Stadt, dem Dorf alles gleich aussehen? Ich denke wir wollen vielfältig sein?
„ Außerdem will man ja ein einheitliches Stadtbild haben und nicht einen Flickenteppich in dem jeder so baut wie es ihm gerade gefällt.“ Wer ist hier „man“? Und warum soll nicht jeder bauen wie es ihm gefällt?
Und ganz ehrlich - ich würde gerne mal ausprobieren, was passiert, wenn der Staat mal ein Jahr lang keine neuen Gesetze und Verordnungen verfasst. Es ist völlig irre, das Gesetzte Schreiben um der Gesetze schreiben zur Staatsaufgabe zu erklären. Auch Gesetze mit Verboten semantisch fast gleich zu stellen, ist schon ein spezieller Gedankengang.
Aber schön das sich damit ein offensichtlicher Anhänger der Grünen hier so outet. Man braucht dann gar nicht mehr darauf hinzuweisen, dass die Grünen die Verbotspartei ist. Das machen die schon selber.
Oje jetzt kommt wieder die neoliberale Soße. Die Schweizer hatten einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn als Sie noch in Tiefschlaf waren, Herr Wais.
Aber weh!! Man sagt was man denkt und anderen nicht passt ist man schon ein Rechtsradikaler oder ein Nazi!!