Nach Aufmarsch russischer Truppen: Lage im Ukraine-Konflikt spitzt sich zu
Die USA veröffentlichen Informationen über einen baldigen Einmarsch Russlands. Am Montag reist Olaf Scholz nach Kiew und Moskau – und warnt vor einer Eskalation.
Der Ton in der Ukraine-Krise hat sich angesichts eines russischen Truppenaufmarschs an der ukrainischen Grenze massiv verschärft. Unmittelbar vor einem Telefonat von US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin veröffentlichte das Weiße Haus eine düstere Prognose. Sicherheitsberater Jake Sullivan warnte, ein russischer Einmarsch in der Ukraine drohe möglicherweise schon „während der Olympischen Spiele“. Er könnte mit Bomben und Raketen-Attacken beginnen, die Zivilisten ohne Rücksicht auf ihre Nationalität töten: „Alle Amerikaner in der Ukraine sollten das Land in den nächsten 24 bis 48 Stunden verlassen.“ Mehrere Länder, darunter Deutschland, zogen nach und forderten ihre Bürger zur Ausreise auf. Einige Fluggesellschaften stellten ihre Flüge nach Kiew ein. Der Kreml nannte die Aussagen aus Washington „provokative Spekulationen“ und „Hysterie“.
Die klaren Worte aus dem Weißen Haus erklären sich, so heißt es in Washington, vor allem mit zwei Erfahrungen: Bei der letzten russischen Aggression im Jahr 2014 hatten die US-Geheimdienste ihre Erkenntnisse nicht offengelegt. Damals konnte Putin die Nato überraschen und die Krim ohne ernsthafte Konsequenzen annektieren. Die andere Erfahrung stammt aus Afghanistan: Da hatte sich Washington auf die heimische Regierung verlassen und die Evakuierung von Amerikanern und Ortskräften zu spät vorbereitet. Das führte im vorigen Sommer zu einem Debakel.
Olaf Scholz will sich für eine friedliche Lösung im Ukraine-Konflikt einsetzen
Nun will Biden durch eine offensive Kommunikation vorbauen: Die Alliierten sollen sich keine Illusionen machen und die US-Bürger in der Ukraine nicht auf eine Rettungsaktion setzen. Vor allem aber sollen durch die Publikation der Geheimdiensterkenntnisse Putins Pläne erschwert oder zumindest seine Desinformationskampagne durchkreuzt werden. Russland solle, so Jake Sullivan, im Falle des Falles „zur Verantwortung gezogen werden“ und „die Welt nicht eine Operation unter falscher Fahne als Kriegsgrund akzeptieren“.
In Deutschland wandte sich der im Amt bestätigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit auffällig klaren Worten an den russischen Präsidenten. „Ich appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine und suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt.“
Am Montag reist auch Bundeskanzler Olaf Scholz nach Kiew und einen Tag später nach Moskau, um sich für eine friedliche Lösung einzusetzen. Vor den Krisengesprächen hat die Bundesregierung ihre große Sorge über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine deutlich gemacht. Das „könne man nur als Bedrohung empfinden“, hieß es am Sonntag aus Regierungskreisen. Vor allem die Reise nach Moskau sei „Teil der mit unseren Partnern, insbesondere Washington und Brüssel, abgestimmten Krisendiplomatie“. Auch Scholz selbst warnte vor einer Eskalation der Lage. Jeder müsse "verstehen, dass es eine sehr, sehr ernste Bedrohung des Friedens in Europa ist, die wir gerade erleben", sagte Scholz am Sonntag.
Wladimir Putin und Olaf Scholz treffen in Moskau aufeinander
In Moskau ist am Dienstag ein längeres Treffen zwischen Scholz und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geplant. Der Besuch von Scholz ist Teil einer langen Reihe von Gesprächen zur diplomatischen Beilegung des Konflikts. Es gebe „eine intensive Abstimmung“, hieß es in Regierungskreisen, man sei mit den USA sowie mit Staats- und Regierungschefs in der EU „in einem kontinuierlichen Austausch“. Der Kanzler werde deutlich machen, dass die russische Seite diesbezüglich von „einem sehr großen Maß an Einigkeit“ ausgehen müssen. Scholz werde auf eine Deeskalation durch Russland dringen, eine Lösung des Konflikts erwartet indes niemand von dem Besuch. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir mit irgendeinem konkreten Ergebnis da rauskommen“, erklärte ein ranghoher Diplomat.
Die Diskussion ist geschlossen.
Deutschland sollte sich weder an Hetzpropaganda beteiligen noch davon leiten zu lassen.
Man kann die derzeitige Lage nicht mit der Einnahme der Krim durch Russland oder mit Afghanistan vergleichen. Im Fall der Krim war wohl der Westen überhaupt nicht vorgewarnt und was hätte er auch tun sollen. Und in Afghanistan kündigte sich der schmachvolle Abgang des Westens bereits mit Beginn der Verhandlungen mit den Taliban an. Dass die Lage um die Ukraine extrem brenzlig ist unbestritten. Nach Ende der Belarus Manöver weiss die Welt mehr. Insb von den USA wird die Krise täglich mehr durch Geheimdienstberichte aufgeheizt, während Makron und Scholz versuchen die Lage nüchtern zu stabilisieren. Keine Seite zeigt bisher Kompromissbereitschaft. Kiew bräuchte nur zulassen, dass die Vertreter der abtrünnigen Donbass Gebiete an den Normandie Meetings teilnehmen als Einstieg in echte Verhandlungen zur Lösung der Teilautonomiefrage als ersten Schritt.